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Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Schlucks ein.
    Bevor er die Wohnung verließ, steckte er einige der BKA-Visitenkarten auf den Namen Gerhard Krämer in die Jackentasche. Als
     er im Flur stand und die Bürotür abschließen wollte, blieb er einen Augenblick stehen. Sollte er bei Olga vorbeischauen? Doch
     dann sperrte er ab und ging.
    Auf dem Weg zum Bahnhof versuchte er, nicht an sie zu denken.
    Er nahm den Zug kurz vor acht.
    Ob ihr etwas zugestoßen ist?
    In Mannheim musste er umsteigen. Der Zug nach Berlin wartete auf dem Bahnsteig gegenüber.
    Vielleicht ist das ihre Art, Schluss zu machen.
    Er setzte sich in den Speisewagen. Kaum saß er, waren seine Gedanken wieder bei ihr. Er grübelte und wusste doch, dass es
     sinnlos war.
    Er bestellte ein Boulevard-Frühstück. Und Kaffee.
    Ist es aus?
    Dengler hatte Hunger. Er schmierte sich ein Brot, belegte es mit Salami und konnte doch kaum einen Bissen schlucken. Er sah
     auf die Uhr. Noch vier Stunden bis Berlin.
    Seine Gedanken jagten sich im Kreis. Nichts wusste er, außer dass er am Ende war. Irgendwann lehnte er sich zurück und schlief
     ein.

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    Berlin, Charité
    Am Ostbahnhof nahm Dengler ein Taxi, das ihn zur Charité brachte. Er hatte Glück, der Taxifahrer war zwar Berliner, aber er
     schwieg. Sie fuhren vorbei an Touristenpulks in Anoraks und mit aufgespannten Schirmen, an Passanten, die eilig die Straße
     überquerten. Kein Wunder: grauer Himmel mit monströs aufgetürmten Wolkenbergen, leichter Regen, keine Sonne und keine Hoffnung.
     Zwei Krähen kämpften vergebens gegen den Wind an. Nach einer Weile gaben sie auf und drehten ab. Er versuchte, nicht an Olga
     zu denken. Nur einmal, auf der Höhe des Lehrter Bahnhofs, griff er zum Handy und wählte ihre Nummer. Beim ersten Klang ihrer
     Stimme auf dem Anrufbeantworter legt er auf.
    Das Krankenhaus war ein riesiger Klotz direkt hinter dem Neuen Tor. Eine Auffahrt war an die der Straße zugewandten Seite
     geklebt, sie wurde durch ein Dach vor dem Regen geschützt, das wie ein riesiges, auf Stelzen stehendes Surfbrett aussah.
    Er gab dem schweigsamen Berliner Taxifahrer ein ordentliches Trinkgeld, das dieser mit einem Kopfnicken einsteckte. Dann betrat
     er die Rettungsstelle durch eine Tür, die sich mit einem Zischen von selbst öffnete. Der Raum dahinter war zu hell beleuchtet,
     zehn, zwölf Personen saßen auf hellen Holzstühlen, die um ebenso helle Holztische gruppiert waren. Jemand hatte eine Bildzeitung
     zurückgelassen, die nun zerfleddert auf einem der Tische lag. Zwei Automaten waren in die Wand eingelassen, einer für Süßigkeiten
     und Chips, der andere für Kaffee. Es waren die gleichen braunen, geriffelten Plastikbecher mit weißem Rand, die er aus dem
     BKA kannte und deren Inhalt er stets gefürchtet hatte.
    Warum gibt es in einem Krankenhaus Junkfood und dünnen Kaffee?
    Zwei Bürokabinen mit großen Fenstern schlossen sich an den Besucherraum an. Am Fenster ein Plakat. Motiv: ein blanker Aschenbecher
     mit einer Blüte darin, darüber in weißen Lettern: Rauchfrei 2006. In einem der beiden Räume saß eine junge Frau. Dengler trat
     ein und fragte nach Dr. Kerstin Müller.
    »Mein Name ist Hauptkommissar Krämer. Ich bin mit Frau Dr. Müller verabredet.«
    Ein Arzt schlurfte herein, trug einen blauen Schlabberanzug, Mundschutz um den Hals.
    »Woll'n wa' en Zigarettchen rauchen?«, fragte er die Frau, sah dann Dengler, entschuldigte sich und trat den Rückzug an.
    »Gleich«, rief die junge Frau ihm hinterher.
    Sie telefonierte und sagte ihm dann, dass Dr. Müller sofort käme. Dengler wartete draußen an dem Tisch mit der verwaisten
     Bildzeitung.
    Dr. Kerstin Müller war um die dreißig. Auch sie trug einen blauen Schlabberanzug und einen Mundschutz, der um ihren Hals hing.
     Sie schloss die Tür des zweiten Raumes auf und bat Dengler hinein.
    Zwei PCs im Raum. Zwei Schreibtische. Ein kleiner Tisch. Drei Stühle. Sie setzten sich.
    Kerstin Müller sah aus, als hätte sie einen harten Arbeitstag hinter sich. Die Augen stumpf, die Haut fahl, tiefe Falten in
     der Stirn und um den Mund. Nach zehn Stunden Schlaf wäre sie wohl eine schöne Frau, dachte Dengler.
    »Ich will es kurz machen«, sagte er und schob ihr eine der falschen Visitenkarten über den Tisch. Sie nahm die Karte und überflog
     sie, legte sie zurück auf den Tisch und sah Dengler an.
    »Woran ist Frau Schöllkopf gestorben?«, fragte er.
    Sie sah ihn verwundert an.
    »Myokardinfarkt oder Herzinfarkt.«
    »Hatten Sie Dienst, als sie hier

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