Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Wasser

Fremde Wasser

Titel: Fremde Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
Vom Netzwerk:
eingeliefert wurde?«
    Sie nickte.
    »Sie kam sofort auf die Intensivstation. Ich versuchte sie zurückzuholen. Sie wurde cardio-pulmonal reanimiert und mit 200
     Joule defebrilliert. Aber es war zu spät.«
    »Wurde der Leichnam obduziert?«
    »Nun, hier war ja sofort Polizei im Haus. Wir haben den Leichnam untersucht.«
    »Und?«
    »Ein klassischer Fall. Hinterwandinfarkt. Wenn die Frau früher den Weg zum Arzt gefunden hätte, würde sie vielleicht noch
     leben.«
    »Können Sie mir erklären, wie es zu einem Infarkt kommt? Ich bin medizinischer Laie und habe nur sehr unklare Vorstellungen
     davon.«
    Sie sah ihn an, und Dengler hatte das Gefühl, dass sie ein Gähnen zu unterdrücken suchte.
    »Durch den Verschluss der Herzkranzgefäße, die die Durchblutung des Herzens sicherstellen, kommt es zum Absterben des von
     ihnen versorgten Gebietes im Herzmuskel.«
    Sie prüfte mit einem Blick, ob Dengler ihr folgen konnte, und fuhr dann fort: »Stellen Sie sich das Ganze wie eine Gartenbewässerungsanlage
     mit mehreren Schläuchen vor. Wenn ein Schlauch verschlossen wird, zum Beispiel durch ein Steinchen, dann kann kein oder nur
     noch wenig Wasser fließen. Ein Teil des Gartens wird nicht mehr bewässert. Die Pflanzen verdorren. Im Herz stirbt dann das
     nicht mehr versorgte Gewebe ab. Bei Verschluss des Ramus interventricularis anterior der linken Herzkranzarterie kommt es
     zum Infarkt im Bereich der Vorder-Seitenwand der linken Herzkammer. Sind lediglich Äste dieses Herzkranzgefäßes betroffen,
     kommt es zum Befall nur eines kleinen Teils der Vorderwand und der Herzscheidewand oder der Vorderwandspitze bzw. im Bereich
     der Seitenfläche der linken Herzkammer. Ist der Ramus interventrikularis posterior der linken Herzkranzarterie betroffen,
     kommt es zum Infarktim Bereich des Herzens, der dem Zwerchfell aufliegt. Ist die rechte Herzkranzarterie verschlossen, kommt es zum Hinterwandinfarkt.
     Bei Verschluss des Ramus circumflexus der linken Herzkranzarterie ...«
    »Wer hat den Totenschein ausgestellt?«
    »Ich«, sagte sie müde und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
    Dengler nahm ihr das Feuerzeug aus der Hand und gab ihr Feuer.
    »Fremdeinwirkung. Können Sie Fremdeinwirkung ausschließen?«
    Sie sah ihn spöttisch an.
    »Sie starb eines natürlichen Todes. Herzinfarkt ist natürlich. 800 Menschen in Deutschland erwischt es pro Tag.«
    »Ist es völlig ausgeschlossen, dass jemand ... jemand nachgeholfen hat?«
    »Nichts ist im Leben undenkbar, aber ...«, sie dachte einen Augenblick nach, »mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
     ist es auszuschließen, wie man so sagt.«
    »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, bitte rufen Sie mich an. Rufen Sie mich auf meinem Handy an.«
    Er griff nach der falschen Visitenkarte, strich die aufgedruckten Telefonnummern durch und schrieb stattdessen seine Handynummer
     auf. Dann schob er die Karte zurück.
    Dengler blieb noch einen Augenblick sitzen. Er wollte, dass sie in Ruhe die Zigarette zu Ende rauchen konnte. Auch wenn es
     sie womöglich einem Herzinfarkt näher brachte.

[ Menü ]
    Hamburger Wasser
    Als der Hamburger Senat die Wasserwerke seiner Stadt auf die Liste der zu verkaufenden Betriebe setzt, mietet Crommschröder
     für die ganze Kriegertruppe das Borchardt, um dort den Sieg zu feiern. Sogar Kieslow schaut kurz herein und bequemt sich zu einer kurzen Ansprache. Die Bedeutung dieses
     Beschlusses könne man nicht hoch genug einschätzen, für die Wassersparte, aber auch für den Konzern insgesamt, sagt er. Die
     beharrliche Überzeugungsarbeit der VED habe sich ausgezahlt, und man hoffe, bald die Hamburger Wasserwerke in die Wassersparte
     des Konzerns einzugliedern. Sie haben ja schon alles perfekt vorbereitet, ruft er aus, breitet die Arme aus, als wäre er Jesus,
     und die Krieger applaudieren stehend und johlend. Die Party wird ein wunderbares Besäufnis. Doch Kieslow will bald aufbrechen.
    Crommschröder begleitet seinen Chef zum Wagen. »Sie haben da eine wunderbare Truppe«, sagt Kieslow, bevor er im Fond seines
     Wagens verschwindet, »wirklich exzellente Burschen.«
    Seit zwei Jahren arbeitet ein Team von acht treuen Gefolgsleuten an den Plänen zur Übernahme der Hamburger Wasserwerke, Task Force Elbe heißt die Truppe. Hamburg wird der größte, der funkelndste Brillant in Crommschröders Krone werden. Diese Übernahme wird den
     Konzern reich machen, und niemand wird ihm mehr die Nachfolge Kieslows verweigern können.

Weitere Kostenlose Bücher