Fremde Wasser
Klicken und heben sofort die Hände.
Dengler geht einen Schritt auf sie zu.
Noch einen.
»Verschwindet! Und lasst euch hier nie mehr sehen.«
Sie reagieren nicht.
Stehen da und halten die Hände erhoben.
Angespannt.
Lauern auf ihre Chance. Der zweite Kerl verlagert sein Gewicht auf den rechten Fuß. Das Sprungbein. Wie in Zeitlupe sieht
Dengler, wie der Kerl aus dem Stand springt. Aus dem Ärmel blitzt eine Klinge. Liegt in der Faust des Mannes.
Nähert sich seinem Gesicht.
Dengler wirft sich nach rechts. Will ausweichen.
Elend langsam kommt ihm seine Bewegung vor. Als wate er in einem Ölbad.
Die Klinge bewegt sich unaufhaltsam auf ihn zu. Er hat auf mein Auge gezielt, denkt er.
In der Seitwärtsbewegung sichert er die Waffe.
Die Messerspitze berührt seinen linken Nasenflügel. Kein Schmerz.
Nur Überraschung.
Dem Messer folgt der Kerl. Dengler hat Zeit genug, ihm mit der Waffe durchs Gesicht zu schneiden. Ihm ist, als höre er das
knirschende, platzende Geräusch, mit dem das Korn der Pistole die Haut des anderen aufreißt.
Von der Schläfe bis zum Kinn.
Er fängt sich. Dann legt er sofort wieder auf den zweiten an. Entsichert.
Der erste liegt am Boden, blutet wie ein Schwein und stöhnt. Hält die Hände gegen das Gesicht gepresst. Der andere steht immer
noch mit erhobenen Händen da. Atmet schwer mit geöffnetem Mund.
»Hände runter.«
Mit einem Schritt ist Dengler bei ihm. Während er die Pistole etwas senkt, sichert er sie wieder. Mit der Linken fasst er
das Ohr des Mannes und reißt es nach hinten. Den Pistolenlauf drückt er in den Mund des Mannes.
Dann entsichert er wieder.
Die Pupillen des Mannes rasen hin und her.
»Lasst euch hier nie wieder sehen!«
Die Pupillen rasen noch schneller.
Rechts, links.
Hin und her.
Rechts, links.
»Hast du mich verstanden?«
Der Mann nickt.
Dengler zieht ihm mit einem Ruck den Lauf aus dem Mund. Das Korn verfängt sich zwischen den Schneidezähnen des Mannes. Dengler
zieht fester. Etwas gibt nach.
Knirscht.
Der Kerl schreit auf.
Dengler geht zwei Schritte zurück. Die Pistole immer noch auf die Männer gerichtet, die sich mit beiden Händen ihre Gesichter
halten.
Blut auf dem Boden.
Dengler macht eine Bewegung mit dem Lauf.
»Verschwindet.«
Sie gehen rückwärts.
Blanker Hass in den Augen.
Als sie um die Ecke bei dem Schmuckgeschäft verschwunden sind, wartet Dengler noch einen Moment. Dann entsicherter die Waffe erneut und steckt sie in den Hosenbund. Er geht schwer atmend ins Basta zurück.
An der Bar bleibt er stehen.
Keucht noch.
Der kahlköpfige Kellner stellt einen Whiskey vor ihn. Auch ein Pflaster hat er parat. Ist halb so schlimm, sagt sein prüfender
Blick. Er reicht Georg ein weißes feuchtes Tuch. Dengler wischt sich das Blut ab.
Behält die Tür im Auge.
Olga steht neben ihm und drückt ihm vorsichtig das Pflaster auf die Oberlippe. Dengler trinkt den Whiskey mit einem Zug aus.
Dann erst geht er an den Tisch zurück. Olga schmiegt sich an ihn.
»Die kommen nicht wieder«, sagt er zu ihr und glaubt es nicht.
Er behält das Fenster im Auge.
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Unruhige Nacht
In der Nacht schlief er unruhig. Ein Traum aus längst vergessen geglaubten Tagen quälte ihn. Er liegt gefesselt auf einer
Pritsche in einer großen weißen Zelle. Wie in einer Irrenanstalt. Eine große schwarze Fledermaus hängt an der Decke und beobachtet
ihn.
Scheuerle tobt durch die Zelle.
»Du hast heute noch nicht gelogen«, schreit er.
Rast wie Rumpelstilzchen. Tanzt wie Rumpelstilzchen. Schreit wie Rumpelstilzchen.
»Du hast heute noch nicht gelogen.«
Dann verzieht sich sein Gesicht zu einer grinsenden, sadistischen Fratze. Er öffnet die Zellentür. Zwei Männer treten ein.
Der eine das Gesicht voller Blut.
Der andere krempelt sich die Ärmel hoch und kommt auf ihn zu.
Dengler erwachte schweißgebadet.
Olga!
Wo ist sie?
Seine Hände tasteten in der Dunkelheit das Leintuch neben sich ab.
Sie ist weg!
Er griff zum Lichtschalter. Kniff die Augen zusammen, als das Licht ihn blendete.
Wo ist sie?
Er stand auf, torkelte ins Bad. Nichts. Suchte seine Hose. Zog das Telefon aus der Hosentasche. Wählte ihre Nummer.
Sie meldete sich schlaftrunken.
Ja, sie sei nach oben gegangen.
Erleichterung.
Dann ging er in den Flur. Spannte die unsichtbareAnglerschnur. Befestigte sie wieder an der Flasche. Stellte die Flasche auf das Metalltablett. Kroch zurück ins Bett.
Irgendwann schlief er ein.
Der Morgen war die Hölle.
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