Fremden Kind
Unsicherheit am Nachmittag im Wald, bei der Ankunft von Cecil, auch da hätte sie nicht zu sagen vermocht, ob sie den beiden nachspionierte oder nicht. Jetzt war es zum Nachspionieren viel zu dunkel. Sie hörte Cecil etwas Witziges über einen Schnauzer sagen, »einen ziemlich hinreißenden Schnauzer«. George säuselte etwas Unverständliches, worauf Cecil antwortete: »Wahrscheinlich trägt er ihn, um älter zu wirken, aber es hat natürlich den gegenteiligen Effekt, er sieht aus wie ein Knabe, der Versteck spielt.« – »Hmm«, sagte George, »ich glaube nur nicht, dass irgendjemand nach ihm sucht.« – »Wer weiß …«, sagte Cecil. Unterdrücktes Lachen und Grummeln, das einige Sekunden anhielt, bis George, nach Luft schnappend, ziemlich laut sagte: »Nein, nein, Hubert ist ein Schürzenjäger, durch und durch.«
Schürzenjäger! Das Wort, geschmeidig und giftig, lag in den schattigen Randzonen von Daphnes Wortschatz. Für einen Moment stellte sie es sich vor, und sie hatte nur ein ver schwommenes Bild von einem Mann vor sich, der mit einer Frau in einem tief ausgeschnittenen Kleid tanzte. Das Rauschhafte ihres Abends verstärkte sich noch in diesem Fantasieraum, in dem sie nur die Frau sah, nicht aber Hubert, der auf dem Tanzparkett eine höchst komische Figur abgab. Plötzlich trat Stille ein, und sie hörte ihren eigenen Pulsschlag und dann George: »Was gibt es, Daphne?«
»Ach, ihr seid das«, antwortete sie und drang weiter vor, unter die Baumzweige, die die Hängematte auf einer Seite abschirmten. »Ich habe meine Bücher hier im feuchten Gras liegen lassen.«
»Ich habe keine gesehen«, sagte George. Daphne hörte das Spannseil der Hängematte am Baum ächzen.
»Natürlich nicht, wie auch, es ist ja finstere Nacht.« Sie lachte höhnisch und tastete sich mit einem Fuß über den so gut wie unsichtbaren Boden vor ihr. »Aber ich weiß, wo sie sind.«
»Na gut«, sagte George.
Sie rückte ein Stück vor und konnte gerade noch erkennen, wie die Hängematte leicht kippte, aber sich gleich wieder ein pendelte. Erneut bückte sie sich, um das Gras abzutasten, und wäre dabei beinahe gestolpert, überrascht und belustigt von ihrer Beschwipstheit. »Ist Cecil nicht bei dir?«, fragte sie verschmitzt.
»Ha …!«, ließ sich Cecil über ihr leise vernehmen und zog an seiner Zigarre. Sie blickte auf und sah die rot glühende Spitze und dahinter, für wenige Sekunden, sein Gesicht im Schatten aufscheinen. Dann erlosch die Zigarrenspitze abrupt, und Finsternis bedeckte Cecils Gesichtszüge, während das scharfe trockene Odeur sich verbreitete.
»Liegt ihr beide zusammen in der Hängematte?!« Sie richtete sich auf mit dem Gefühl, betrogen worden zu sein, in jedem Fall aber übergangen bei diesem neuen Spiel, das sie erfunden hatten. Sie streckte eine Hand nach dem Geflecht aus. Es wäre ein Leichtes und sicher auch lustig, die beiden zu schaukeln oder sogar zu Boden zu stoßen, gleichzeitig spürte sie den Drang, zu ihnen in die Matte zu steigen. Mit ihrer Mutter hatte sie schon mal gemeinsam darin gelegen, als sie kleiner war und ihr noch vorgelesen wurde; jetzt fürchtete sie die brennende Zigarre. »Also, ich muss schon sagen«, empörte sie sich. Die Zigarrenspitze, kaum sichtbar, zauderte wie ein Glühwürmchen in der Luft, ehe sie wieder aufloderte und diesmal Georges Gesicht in ihr diabolisches Licht tauchte. »Ach, ich dachte, die Zigarre gehört Cecil«, sagte sie nur.
George paffte dreimal rasch hintereinander, und Cecil, wie um ihm beizustehen und aus Anerkennung, räusperte sich. »Gehört sie auch«, sagte George in seinem trotzigsten Tonfall. »Ich rauche mit.«
»Ach, so«, sagte Daphne, unschlüssig, welchen Ton sie ihren Worten verleihen sollte. »Wehe, wenn Mutter davon erfährt.«
»Ach, die meisten jungen Männer rauchen.«
»Ach, ja?«, sagte sie und entschied sich für Sarkasmus als die beste Variante. Verlegen und voll Pein beobachtete sie, wie sich beim nächsten Aufglühen der Spitze Cecils Wangen und wachsame Augen durch die sich auflösenden Rauchwölkchen hindurch abzeichneten. Im selben Moment setzte ohne jede Vorwarnung – und durch die offen stehende Tür er schreckend laut – wieder Der fliegende Holländer ein.
»Meine Güte! Das ist jetzt das dritte Mal!«, sagte George.
»Junge, Junge«, sagte Cecil. »Die wollen es wirklich wissen.«
»Das haben wir der Kalbeck zu verdanken«, versuchte George die Sawles von jeglichem obsessiven Verhalten freizusprechen. »Was
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