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Fremder in einer fremden Welt

Fremder in einer fremden Welt

Titel: Fremder in einer fremden Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Heinlein
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Frage, ob der Anblick der weiblichen Brust >obszön< sei. Aber hauptsachlich debattieren sie darüber, wie wir dahin gebracht werden können, daß wir diesen Gesetzen gehorchen. Dabei ignorieren sie, daß die meisten Tragödien, die sie rings um sich beobachten können, ihre Wurzeln in den Gesetzen selbst haben statt in der Unfähigkeit, sich nach ihnen zu richten.
    Nun kommt der Mann vom Mars, betrachtet diesen sakrosankten Codex von einem neuen Gesichtspunkt aus - und verwirft ihn. Ich kenne die Einzelheiten von Mikes Codex nicht, aber ganz offensichtlich verletzt er die Gesetze jedes größeren Staates und würde die >rechtdenkenden< Angehörigen jeder größeren Glaubensgemeinschaft in helle Entrüstung versetzen - und die meisten Agnostiker und Atheisten ebenfalls. Trotzdem wird dieser arme Junge.«
    »Jubal, er ist kein armer Junge, er ist ein erwachsener Mensch.«
    »Ist er ein >Mensch    Der Codex sagt >Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib.< Das Ergebnis? Keuschheit wider Willen, Ehebruch, Eifersucht, Bitterkeit, Gewalttaten und manchmal Mord, zerstörte Heime und seelisch verkrüppelte Kinder - und flüchtige kleine Abenteuer, die für die Frau und den Mann erniedrigend sind. Wird diesem Gebot jemals gehorcht? Wenn ein Mann auf seine eigene Bibel schwüre, er werde seines Nächsten Weib nicht begehren, weil der Codex es verbiete, würde ich ihn entweder der Selbsttäuschung oder einer unterentwickelten Sexualität bezichtigen. Jeder Mann, der imstande ist, ein Kind zu zeugen, hat viele Frauen begehrt, ob er das in die Tat umsetzt oder nicht.
    Nun kommt Mike und sagt: >Du hast es nicht nötig, mein Weib zu begehren. Liebe sie! Es gibt keine Grenze für ihre Liebe, wir haben alles zu gewinnen - und nichts zu verlieren als Angst und Schuld und Haß und Eifersucht.< Der Vorschlag ist so naiv, daß er unglaublich scheint. Soviel ich weiß, waren allein die Eskimos vor ihrer Zivilisierung so naiv - und sie lebten so isoliert, daß sie fast selbst >Marsmenschen< waren. Aber wir haben sie mit unseren >Tugenden< beglückt. Jetzt haben sie Keuschheit und Ehebruch wie wir übrigen - natürlich nur diejenigen, die den Übergang überlebt haben. Haben sie irgend etwas dadurch gewonnen? Was denkst du, Ben?«
    »Ich hätte keine Lust, ein Eskimo zu sein.«
    »Ich auch nicht. Von verdorbenem Fisch bekomme ich Gallenkoliken.«
    »Ich hatte Wasser und Seife im Sinn. Wahrscheinlich bin ich verweichlicht.«
    »Das bin ich auch, Ben. Ich bin in einem Haus geboren, das auch nicht mehr Installationen hatte als ein Iglu; ich ziehe die Gegenwart vor. Ich nehme an, daß Nasen, die durch Walfischspeck abgehärtet wurden, sich nicht an dem Geruch ungewaschener Körper stören. Nichtsdestoweniger werden die Eskimos, trotz ihrer merkwürdigen Küche und ihres armseligen Besitzes, stets als das glücklichste Volk der Erde beschrieben.
    Alles Unglück, das sie erlitten, rührte nicht von Eifersucht her; sie hatten nicht einmal ein Wort dafür. Sie liehen sich gegenseitig die Ehefrauen der Annehmlichkeit und des Vergnügens wegen aus - es machte sie nicht unglücklich.
    Man ist versucht zu fragen: Wer ist hier eigentlich der Verrückte? Mike und die Eskimos? Oder der Rest von uns? Wir können das nicht anhand der Tatsache ausmachen, daß wir einen zu schwachen Magen haben - unser kanalisierter Geschmack ist irrelevant. Sieh dir diese düstere Welt an, und dann sage mir: Haben Mikes Jünger auf dich glücklicher oder unglücklicher gewirkt als andere Menschen?«
    »Ich habe nicht mit ihnen allen gesprochen, Jubal. Aber - ja, sie waren glücklich. Glücklich bis zur Ausgelassenheit. Irgendwo ist da ein Haken.«
    »Vielleicht warst du der Haken.«
    »Wie das?«
    »Es ist ein Jammer, daß dein Geschmack in so jungen Jahren kanalisiert worden ist. An nur drei Tagen von dem, was dir angeboten wurde, hättest du, wenn du einmal in meinem Alter bist, einen Schatz von Erinnerungen erworben. Und du, du junger Idiot, hast dich von der Eifersucht verjagen lassen! Ich wäre in deinem Alter zum Eskimo geworden! Ich wäre dankbar dafür gewesen, einfach so alles machen zu dürfen, was ich wollte, anstatt dafür in die

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