Fremder in einer fremden Welt
Douglas faßte einen Entschluß. »Der Mars«, unterbrach sie. »Allie, ich möchte ein drittes Horoskop.«
»Gut. Wessen?«
»Hm. Allie, kann ich Ihnen vertrauen?«
Madame Vesant blickte verletzt drein. »Agnes, wenn Sie mir nicht vertrauen, wäre es besser, Sie würden mich nicht konsultieren. Wissenschaftliche Vorlesungen können Ihnen andere halten. Ich bin nicht die einzige, die das alte Wissen erforscht. Professor von Krausemeyer hat einen guten Namen, auch wenn er dazu neigt.«
Ihre Stimme verlor sich.
»Bitte, bitte! Selbstverständlich vertraue ich Ihnen. Ich würde nie jemand anders eine Berechnung für mich durchführen lassen. Jetzt passen Sie auf! Auf Ihrer Seite kann niemand mithören?«
»Natürlich nicht, meine Liebe.«
»Ich möchte ein Horoskop für Valentin Michael Smith.«
»Valentin Mich. Der Mann vom Mars?«
»Ja, ja. Allie, er ist entführt worden. Wir müssen ihn finden.«
*
Zwei Stunden später schob Madame Alexandra Vesant ihren Schreibtischstuhl zurück und seufzte. Sie hatte ihre Sekretärin alle Termine absagen lassen. Mit Diagrammen und Zahlen bedeckte Blätter und ein eselsohriges nautisches Jahrbuch waren ein Beweis ihrer Bemühungen. Alexandra Vesant unterschied sich von anderen Astrologen darin, daß sie tatsächlich versuchte, die >Einflüsse< der Himmelskörper zu berechnen. Sie benutzte dabei ein broschiertes Buch mit dem Titel Geheimwissenschaft der kritischen Astrologie und Schlüssel zu Salomons Stein. Es hatte ihrem verstorbenen Ehemann gehört, Professor Simon Magus, der Mentalist, Bühnenhypnotiseur und Illusionist und zudem Erforscher des Verborgenen gewesen war.
Sie vertraute dem Buch, wie sie ihm vertraut hatte. Niemand konnte ein Horoskop so erstellen wie Simon, wenn er nüchtern war - in der Hälfte aller Fälle hatte er das Buch nicht gebraucht. Eine solche Geschicklichkeit würde sie nie erwerben. Sie benutzte immer sowohl das Jahrbuch als auch das Nachschlagewerk. Ihre Berechnungen waren manchmal verschwommen. Becky Vesey (wie sie früher geheißen hatte) war keine Meisterin im Umgang mit Multiplikationstabellen und neigte dazu, Siebenen mit Neunen zu verwechseln.
Trotzdem waren ihre Horoskope außerordentlich zufriedenstellend. Mrs. Douglas war nicht ihre einzige distinguierte Kundin.
Sie war ein bißchen nervös geworden, als Mrs. Douglas ein Horoskop für den Mann vom Mars verlangte. Ihr war zumute gewesen wie früher, wenn irgendein Idiot aus dem Zuschauerraum ihr die Augenbinde zuband, kurz bevor ihr der Professor Fragen stellen wollte. Aber sie hatte schon als Mädchen entdeckt, daß sie eine Begabung für die richtige Antwort hatte. Sie hatte ihre Panik unterdrückt und mit der Show weitergemacht.
Also hatte sie Agnes gebeten, ihr genaue Angaben über Stunde, Tag und Ort der Geburt des Mannes vom Mars zu machen, und war so gut wie überzeugt gewesen, daß diese Daten nicht bekannt waren.
Aber nach kurzer Frist waren ihr präzise Informationen aus dem Log der Envoy geliefert worden. Jetzt war sie nicht mehr nervös gewesen, sie hatte die Information ruhig entgegengenommen und versprochen, mit den Horoskopen zurückzurufen.
Zwei Stunden qualvoller Berechnungen später hatte sie zwar die Analysen für Mr. und Mrs. Douglas fertiggestellt, jedoch nichts über Smith vorzuweisen. Das Problem war einfach - und unlösbar. Smith war nicht auf der Erde geboren.
Ihre astrologische Bibel sah einen solchen Fall nicht vor. Der anonyme Autor war vor der ersten Rakete zum Mond gestorben. Sie hatte unter der Annahme, die Prinzipien seien unverändert und sie müssen eben für die örtliche Verbesserung Korrekturen vornehmen, einen Ausweg aus dem Dilemma gesucht. Aber sie verlor sich in einem Irrgarten von ihr unvertrauten Beziehungen und war sich nicht einmal sicher, ob die Tierkreiszeichen vom Mars aus die gleichen waren. und was fing man ohne Tierkreiszeichen an?
Ebenso leicht hätte sie eine Kubikwurzel ziehen können, eine Hürde, deren Unübersteigbarkeit sie zum Verlassen der Schule gezwungen hatte.
Sie holte ein Stärkungsmittel hervor, das sie für schwierige Situationen bereithielt, nahm schnell eine Dosis, goß sich eine weitere ein und überlegte, was Simon in diesem Fall getan haben würde. Schon hörte sie seine feste Stimme: »Selbstvertrauen, Kind! Habe Vertrauen zu dir selbst, und die Bauern werden Vertrauen zu dir haben. Das schuldest zu ihnen.«
Ihr wurde gleich besser, und sie machte sich daran, die Horoskope für die Douglases
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