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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Erinnerung, wie sie ihm nicht
gekommen war, als er SaSa getragen hatte – an ihren kleinen
nackten Leib nämlich, der sich unter ihm bäumte.
Während er sich an SaSa erinnerte und Ayrid berührte, fand
er sich mit einemmal hellwach und erregt. Er war völlig
durcheinander.
    »Dahar«, sagte Ayrid freudig. Sie drehte ihm das Gesicht
zu und küßte ihn.
    Ihre Lippen waren warm. Ayrids Lippen, SaSas Augen… das
Wilde, Feindselige darin… Er wälzte sich auf Ayrid und
preßte seinen Mund auf ihre Lippen. Zu fest, fester als
nötig, und auch das hatte mit dem zu tun, was er in SaSas Augen
gesehen hatte, aber auch mit den zermürbenden Stunden im
Unterrichtsraum, mit seinem Versagen, seiner Unzulänglichkeit.
Der weiche Leib unter ihm wehrte sich nicht. Dahar verstärkte
die Umklammerung. Ihr Leib war nicht so muskulös wie der einer
Kriegerin; sie hatte dünne Rippen, zierlich unter den seinen, so
zierlich, daß er sie mühelos zerbrechen konnte, wenn er
sich nicht im Zaum hielt…
    Ayrid drehte ihren Kopf zur Seite und rang nach Luft.
»Dahar…«
    Mit Bestürzung gewahrte er, daß er vergessen hatte,
welche Frau unter ihm lag, nicht mehr gewußt hatte, was er tat.
Er ließ sofort von ihr ab. »Ayrid… verzeih
mir!«
    Seine Hand tastete nach dem abgedeckten Kreis an der Wand,
drückte hinein. Ayrid setzte sich auf, blinzelte in der
jähen Lichtflut. Ihr Gesicht war gerötet, aber sie war
nicht verängstigt.
    »Was war los?«
    »Ich wollte dir weh tun. Ich wollte… ich wollte dir aber
nicht weh tun, Ayrid!«
    »Nein«, sagte Ayrid sanft. Und dann:
»Doch…«
    Sie sahen einander an, sehr verstört plötzlich. Nach
einer Weile sagte Ayrid bedächtig: »Ich weiß noch,
wie Grax zum erstenmal das kleine Vergrößerungsgerät
mitgebracht hat, vor vielen Zyklen. Da hast du dir mit dem Messer
eine Zellprobe aus dem Mund geholt. Das Messer war ziemlich scharf,
und du hast es dir in den Mund gesteckt…«
    Übermüdung, Mißerfolg, die Feindseligkeit in SaSas
Augen – das alles stieß in Dahars Kopf zusammen. Er packte
Ayrids linkes Handgelenk und drehte es mit einem Ruck herum, so
daß die Handfläche nach oben zeigte. Über Hand- und
Daumenballen zog sich ein wirres Netz aus Narben, helle, feine
Wülste wie dünne Würmer.
    »Die Splitter, die du dir in die Hand gerieben hast, stammen
von dem Glasschmuck, der Doppelhelix, die schuld ist, daß man
dich aus Delysia verbannt hat – hab ich recht, Ayrid? Ist das
so?«
    »Ja…«
    »Die Doppelhelix. Und warum?«
    »Weil ich Embri verloren hatte. Weil ich… einfach alles
verloren hatte. Delysia, Embri, den Glashof.«
    »Du hast dir also absichtlich Schmerzen
zugefügt.«
    »Ja. Der Schmerz hat alles irgendwie erträglicher
gemacht… Sieh mich nicht so an. Ich hab mir eben Schmerzen
zugefügt! Na und?« sagte Ayrid mit zuviel Keckheit. Unter
der Keckheit nagte die Angst. Sie ahnten beide, was auf sie zukam; es
stand unausgesprochen zwischen ihnen, seit sie das erste Mal
miteinander geschlafen hatten.
    Dahar sagte: »Du hast Haut und Nerven deiner Hand verletzt.
Du hast dir selbst Gewalt angetan.«
    »Damals. Seitdem nicht mehr. Nicht in R’Frow.«
    »Nein. Nicht in R’Frow. In R’Frow schläfst du
mit der Gewalt, erst mit Kelovar und dann mit mir.«
    Ayrid versuchte, seine Finger von ihrem Handgelenk zu zerren. Er
packte fester zu, so fest, daß es weh tun mußte, sein
Gesicht wie versteinert. Wieder versuchte sie seinen Griff
aufzubiegen. Sie schaffte es nicht. Ihr Atem entwich in kleinen
Stößen, ihr Kopf war über das Gelenk gebeugt.
    Mit einer Stimme, die fremd klang, sagte er: »In Delysia,
hattest du da nur Soldaten als Liebhaber? Nur Soldaten,
Ayrid?«
    Sie gab keine Antwort.
    »Keine Glasmacher oder Töpfer oder… nur
’Kämpfer? Immer nur Kämpfer? Und beim Sex, hast du es
da gerne… antworte, Süßes.«
    »Nenn mich nicht so!«
    »Nur Soldaten«, wiederholte Dahar. »Und da
verspricht ein jelitischer Krieger noch ein bißchen mehr
Kitzel…«
    Ayrid warf den Kopf zurück. »Ach. Und das denkst du,
Dahar? Du bist… du warst ein Krieger, aber du warst auch ein
Heiler, und als ich dich beim Unterricht beobachtet habe… Ich
weiß nicht! Was genau willst du eigentlich wissen? Warum ich
den Schmerz über den Verlust meines Kindes in körperlichen
Schmerz verwandelt habe? Hätte ich ihn besser in blinden
Haß verwandeln sollen, wie Kelovar? Oder hätte ich ihm
meinen Verstand opfern sollen, wie SaSa?«
    Wieder wurde die Erinnerung an SaSa lebendig, wie sie sich

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