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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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überprüfen konnte.
    Ich sah
mich im Zimmer um und dachte, Einer von denen. Das hier
hätte er sich auf keinen Fall entgehen lassen. Es wäre viel zu auffällig
gewesen, und mein Mann war sehr, sehr gut darin, die Nerven zu behalten und mit
seiner Umgebung zu verschmelzen. Irgendeiner in diesem Raum, der unser Bier
trank und sich in rührseligen Erinnerungen erging und mit Sallie mitsang.
    Kevs
Kumpel lachten sich noch immer kaputt; zwei von ihnen kriegten kaum noch Luft.
»... wir hätten uns echt fast bepisst vor Lachen. Und dann fällt uns ein, dass
wir einfach auf den ersten Bus gesprungen sind, der gerade hielt, und dass wir
nicht den leisesten Schimmer haben, wo der hinfährt ...«
    »And
whenever there's a bit ofa scrimmage, sure I was the toughest of all...« Selbst Ma,
auf dem Sofa schützend eingerahmt von Tante Concepta und ihrer
Albtraumfreundin Assumpta, sang jetzt mit. Sie war rotäugig und betupfte sich
immer wieder die Nase, aber sie hob ihr Glas und reckte kämpferisch ihr
Mehrfachkinn vor. In Kniehöhe rannte eine Schar Kinder herum, alle in ihren
guten Sachen, Schokokekse in der Hand und ständig auf der Hut davor, dass
irgendwer beschließen könnte, sie gehörten allmählich ins Bett. Jeden
Augenblick würden sie sich unter dem Tisch verstecken.
    »Wir also
raus aus dem Bus, und wir sind anscheinend irgendwo in Rathmines, aber die
Party ist in Crumlin, unmöglich, da noch hinzukommen.
Und Kevin sagt: >Leute, es ist Freitagabend, hier wimmelt es von Studenten,
da wird doch wohl irgendwo 'ne Party abgehen .. .<«
    Der Raum
heizte sich auf, roch jetzt voll, lebendig und vertraut: heißer Whiskey,
Qualm, Parfüm für besondere Anlässe und Schweiß. Sallie zog ihren Rock ein
Stück höher und machte einen kleinen Tanzschritt auf der Kaminplatte, zwischen
den Strophen. Sie hatte es noch gut drauf. »When he's
hada few jars he goes frantic...« Die jungen Männer kamen zur Pointe
- »... und am Ende des Abends schleppt Kev das schärfste Gerät im ganzen Laden
ab!« - und bogen sich, lachten schallend und stießen mit ihren Dosen auf
Kevins legendäre Aufreißerquote an.
    Jeder, der
undercover arbeitet, weiß, dass es ein gewaltiger Fehler ist, sich dazugehörig
zu fühlen, aber diese Feier war schon lange, bevor ich diese Lektion lernte,
ein fester Bestandteil von mir gewesen. Ich stimmte in den Gesang mit ein - »Goes frantic
...« — und als Sallie in meine Richtung schaute, zwinkerte ich
ihr anerkennend zu und hob meine Bierdose ein wenig an.
    Sie
blinzelte. Dann glitten ihre Augen von mir weg, und sie sang weiter, einen
halben Takt schneller: »But he's fall and he's dark and
romantic, and I love him in spite of it all...«
    Soweit ich
wusste, hatte ich mich immer gut mit allen Hearnes verstanden. Ehe ich ihre
Reaktion einschätzen konnte, stand Carmel plötzlich neben mir. »Weißt du was?«,
sagte sie. »Ich finde das toll, richtig toll. Wenn ich sterbe, möchte ich auch
so eine Abschiedsfeier.«
    Sie hatte
ein Glas Wein mit Fruchtsaft oder irgendwas ähnlich Abartiges in der Hand, und
in ihrem Gesicht lag die Mischung aus verträumt und entschlossen, die sich nur
bei der richtigen Menge Alkohol einstellt. »All diese Leute«, sagte sie und
gestikulierte mit ihrem Glas, »all diese Leute haben unseren Kev gemocht. Und
ich sag dir was: Ich kann es ihnen nicht verdenken. Er war ein Schatz, unser
Kevin. Ein kleiner Schatz.«
    Ich sagte:
»Er war immer ein lieber Junge.«
    »Und es
ist ein total netter Kerl aus ihm geworden, Francis. Ich wünschte, du hättest
ihn richtig kennenlernen können. Meine Kinder waren verrückt nach ihm.«
    Sie warf
mir einen raschen Blick zu, und eine Sekunde lang dachte ich, sie würde noch
etwas sagen, doch sie bremste sich. Ich sagte: »Das wundert mich nicht.«
    »Darren
ist mal weggelaufen — nur das eine Mal, als er vierzehn war -, und, ehrlich,
ich hab mir überhaupt keine Sorgen gemacht. Ich wusste gleich, dass er zu Kevin
wollte. Er ist am Boden zerstört, unser Darren. Er sagt, Kevin wäre als
Einziger von uns allen nicht durchgeknallt gewesen, und jetzt wüsste er gar
nicht mehr, was er in dieser Familie soll.«
    Darren
lungerte die ganze Zeit in irgendeiner Ecke des Raumes herum, zupfte an den
Ärmeln seines weiten schwarzen Pullovers und versuchte ein cooles
Emo-Depri-Gesicht. Er wirkte so traurig, dass er sogar vergessen zu haben
schien, es als peinlich zu empfinden, hier zu sein. Ich sagte: »Er ist achtzehn
und ziemlich wirr im Kopf. Er läuft zurzeit

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