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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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nicht auf allen Zylindern. Lass
dich davon nicht fertigmachen.«
    »Ach, ich
weiß, er ist bloß durcheinander, aber ...« Carmel seufzte. »Weißt du was?
Manchmal denk ich, er hat recht.«
    »Und?
Durchgeknallt sein hat bei uns Familientradition, Liebes. Er wird es zu
schätzen wissen, wenn er älter ist.«
    Ich wollte
sie zum Lächeln bringen, aber sie rieb sich die Nase und warf Darren einen
beunruhigten Blick zu. »Glaubst du, ich bin ein schlechter Mensch, Francis?«
    Ich lachte
laut auf. »Du? Meine Güte, Melly, nein. Ich hab das zwar schon länger nicht
mehr überprüft, aber wenn du nicht angefangen hast, in deiner hübschen
Doppelhaushälfte ein Bordell zu betreiben, würde ich sagen, mit dir ist alles
in Ordnung. Ich hab im Laufe der Jahre ein paar schlechte Menschen
kennengelernt, und glaub mir: Du passt nicht ins Schema.«
    »Es hört
sich bestimmt furchtbar an«, sagte Carmel. Sie schaute mit zusammengekniffenen
Augen auf das Glas in ihrer Hand, als wäre sie nicht sicher, wie es
dahingekommen war. »Ich sollte das gar nicht sagen, wirklich nicht. Aber du
bist mein Bruder, nicht? Und dafür hat man doch Geschwister, oder?«
    »Ja,
natürlich. Was hast du angestellt? Muss ich dich verhaften?«
    »Ach
Quatsch, ich hab gar nichts angestellt. Es geht nur darum, was ich gedacht hab.
Lach mich bloß nicht aus, ja?«
    »Würde mir
nicht im Traum einfallen. Ehrenwort.«
    Carmel
warf mir einen prüfenden Blick zu, für den Fall, dass ich sie verarschte, doch
dann seufzte sie und nippte vorsichtig an ihrem Drink - er roch künstlich, nach
Pfirsicharoma. »Ich war neidisch auf ihn«, sagte sie. »Auf Kevin. Immer.«
    Damit
hatte ich nicht gerechnet. Ich wartete.
    »Ich bin
auch auf Jackie neidisch. Früher war ich's sogar auf dich.«
    Ich sagte:
»Ich hatte den Eindruck, dass du ziemlich glücklich bist, zurzeit. Lieg ich da
falsch?«
    »Nein,
Gott, nein. Ich bin glücklich, wirklich. Ich hab ein tolles Leben.«
    »Auf was
bist du dann neidisch?«
    »Das mein
ich nicht. Ich ... Erinnerst du dich an Lenny Walker, Francis? Mit dem bin ich
mal gegangen, als ich noch ganz jung war, vor Trevor?«
    »Schwach.
Der mit dem sagenhaften Kratergesicht?«
    »Sag das
nicht. Der arme Junge hatte Akne. Die ist dann später weggegangen. Das mit
seiner Haut hat mich ohnehin nicht gestört. Ich war bloß froh, meinen ersten
Freund zu haben. Ich hätte ihn furchtbar gern mit nach Hause gebracht und mit
ihm angegeben, vor euch allen, aber, na ja, du weißt ja selbst.«
    Ich sagte:
»Ja, ich weiß.« Keiner von uns hatte je jemanden mit nach Hause gebracht, nicht
mal, wenn die Gelegenheit günstig war, weil Dad angeblich Arbeit hatte. Wir
waren nicht so blöd, uns auf irgendwas zu verlassen.
    Carmel
schaute sich um, rasch, um sich zu vergewissern, dass auch niemand lauschte.
»Aber dann«, sagte sie, »einmal abends, als ich und Lenny uns geküsst und
geschmust haben, auf der Smith's Road, kommt ausgerechnet Dad aus dem Pub und
erwischt uns. Er ist total ausgerastet. Er hat Lenny eine geschauert und
gesagt, er soll ja die Finger von mir lassen, und dann hat er mich am Arm
gepackt und mir rechts und links ein paar um die Ohren gehauen. Und er hat mich
beschimpft - die Ausdrücke will ich gar nicht wiederholen ... Er hat mich den
ganzen Weg nach Hause geschleift. Dann hat er gesagt, wenn ich mich noch mal
wie eine dreckige Schlampe benehme, steckt er mich in ein Heim für gefallene
Mädchen. Ich schwöre bei Gott, Francis, wir haben uns bloß geküsst, ich und
Lenny. Ich hätte doch nie im Leben mehr gemacht, nicht mal gewusst, wie.«
    Nach all
den Jahren verwandelte die Erinnerung ihr Gesicht noch immer in ein
leuchtendes, fleckiges Rot. »Jedenfalls, das mit uns zweien war zu Ende. Wenn
wir uns danach über den Weg gelaufen sind, hat Lenny mich nicht mal angesehen,
so peinlich war ihm das. Und ich hab das sogar verstanden.«
    Dads
Einstellung zu Shays und meinen Freundinnen war um einiges wohlwollender gewesen,
wenn auch nicht hilfreicher. Damals als Rosie und ich offen zusammen gingen,
ehe Matt Daly dahinterkam und sie zur Schnecke machte: Ach nee,
die kleine Daly? Alle Achtung, Sohnemann. Ein süßes Ding. Ein zu
fester Schlag auf den Rücken und ein feistes Grinsen angesichts meiner
verbissenen Miene. Und was für Titten, meine Fresse.
Sag mal, hat sie dich da schon mal rangelassen? Ich sagte:
»Das ist beschissen, Melly. Echt. Total beschissen.«
    Carmel
holte tief Luft und wedelte mit einer Hand vor ihrem Gesicht, bis das

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