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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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und kann ihn
nicht besonders leiden, beziehungsweise sie kann mich nicht besonders leiden,
wenn ich mit ihm zusammen bin. Sie fragte höflich: »Bist du froh darüber?«
    »Nein. Ich
weiß nicht. Zuerst hab ich gedacht, ja, schön, es hätte auch viel schlimmer
kommen können. Ich weiß, Liv, Rocky ist eine Nervensäge, aber er gibt nicht auf,
und so jemanden brauchen wir hier. Die ganze Rosie-Sache war ein eiskalter
Fall. Neun von zehn Leuten im Morddezernat hätten ihn schleunigst ins Archiv
verbannt, damit sie mit irgendwas weitermachen können, wo sie wenigstens eine
minimale Chance haben. Rocky hatte das nicht vor. Und das fand ich gut.«
    »Aber
jetzt ...?«
    »Jetzt ...
Der Typ ist der reinste Pitbull, Liv. Er ist nicht annähernd so clever, wie er
glaubt, und sobald er in irgendwas die Zähne geschlagen hat, lässt er nicht
mehr los, selbst wenn er auf dem völlig falschen Dampfer ist. Und jetzt ...«
    Ich war
stehen geblieben. Ich lehnte mich gegen die Spüle und strich mir mit den Händen
übers Gesicht, holte mit offenem Mund tief Luft durch die Finger. Die
Energiesparlampen sprangen allmählich an, und die Küche wurde kalt weiß, flirrend
und gefährlich. »Sie werden sagen, Kevin hat Rosie umgebracht, Liv. Das hab
ich Rocky am Gesicht angesehen. Er hat es nicht ausgesprochen, aber er denkt
es. Sie werden sagen, Kev hat Rosie ermordet und sich dann selbst umgebracht,
als er dachte, wir wären ihm dicht auf den Fersen.«
    Olivia
hatte die Fingerspitzen an den Mund gehoben. »Mein Gott. Wieso? Haben sie ...
Wie kommen sie darauf... Warum?«
    »Rosie hat
einen Brief hinterlassen - einen halben Brief. Die andere Hälfte ist bei Kevins
Leiche gefunden worden. Wenn ihn jemand aus dem Fenster gestoßen hat, hätte er
ihm den Brief in die Tasche stecken können, aber so denkt Rocky nicht. Er
denkt, er hat eine naheliegende Erklärung und löst damit zwei Fälle mit einem
Streich, Akte geschlossen, kein Grund für Zeugenbefragungen oder
Gerichtsbeschlüsse oder einen Prozess oder sonst was von dem ganzen
komplizierten Kram.
    Wieso sich
das Leben unnötig schwermachen?« Ich stieß mich von der Spüle ab und ging
wieder hin und her. »Er ist vom Morddezernat. Die vom Morddezernat sind
dämliche Trottel. Die sehen nur Spuren, die ihnen schnurgerade vor die Nase
gelegt werden. Und wenn du von ihnen verlangst, auch nur einen Zentimeter von
dieser Spur nach rechts oder links zu schauen, nur ein einziges verdammtes Mal
in ihrem Leben, stehen sie auf dem Schlauch. Einen halben Tag in der Undercoverabteilung,
und sie wären alle tot.«
    Olivia zog
eine lange Locke aschgoldenes Haar glatt und sah zu, wie sie sich spannte. Sie
sagte: »Ich könnte mir denken, dass die unkomplizierte Erklärung meistens auch
die richtige ist.«

»Ja. Klar.
Toll. Ist sie bestimmt. Aber diesmal, Liv, diesmal ist sie absolut falsch.
Diesmal ist die unkomplizierte Erklärung eine verdammte Farce.«
    Einen
Moment lang sagte Olivia nichts, und ich fragte mich, ob sie begriffen hatte,
wer die unkomplizierte Erklärung gewesen sein musste, bis Kev seinen Kopfsprung
machte. Dann sagte sie sehr bedächtig: »Du hattest Kevin lange nicht gesehen.
Kannst du dir absolut sicher sein —«
    »Ja. Ja.
Ja. Ich bin mir absolut sicher. Ich hab die letzten paar Tage mit ihm
verbracht. Er war derselbe Mensch wie damals, als wir Kinder waren. Schickere
Frisur, ein paar Zentimeter größer und breiter, aber er war derselbe Mensch.
Bei so was kann man sich nicht vertun. Ich weiß alles Wichtige, was es über ihn
zu wissen gab, und er war kein Mörder und kein Selbstmörder.«
    »Hast du
versucht, das Rocky klarzumachen?«
    »Natürlich
hab ich das. Ich hätte genauso gut mit der Wand reden können. Es war nicht das,
was er hören wollte, also hat er es nicht gehört.«
    »Und wenn
du mal mit seinem Vorgesetzten sprichst? Würde der dir zuhören?«
    »Nein. Um
Gottes willen, nein. Das wäre das Schlimmste, was ich machen könnte. Rocky hat
mich schon gewarnt, ihm bloß nicht ins Gehege zu kommen, und er wird mich genau
beobachten, damit ich mich auch dran halte. Wenn ich was über seinen Kopf
hinweg mache, vor allem wenn ich mich in irgendeiner Weise einmische, die ihm
seine kostbare Aufklärungsquote versauen könnte, schaltet er erst recht auf
stur. Also was soll ich tun, Liv? Was? Was soll ich machen?«
    Olivia
betrachtete mich, nachdenkliche graue Augen mit verborgenen Winkeln. Sie sagte
sanft: »Vielleicht wäre es am besten, wenn du dich aus der Sache

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