French, Tana
strikt
dagegen war? Bist du wirklich so sauer auf mich? Na los, Liv. Ich kann die
Wahrheit vertragen. Reden wir Tacheles. Hat es dir Spaß gemacht, mich zum
Deppen zu machen? Hast du dich gut amüsiert? Hast du Holly in diese Bagage von
irren Vollidioten gelassen, bloß um mir eins auszuwischen?«
Sie
richtete sich mit einem Ruck wieder auf. »Untersteh dich. Ich würde nie
irgendetwas tun, was Holly schaden könnte, und das weißt du. Niemals.«
»Warum
dann, Liv? Warum? Wieso in Gottes Namen hast du das für eine gute Idee
gehalten?«
Olivia
atmete rasch durch die Nase ein und bekam sich wieder in den Griff. Sie hatte
Übung darin. Sie sagte kühl: »Sie sind auch ihre Familie, Frank. Sie hat mir
Löcher in den Bauch gefragt. Warum sie nicht zwei Großmütter hat wie alle ihre
Freundinnen, ob du und Jackie noch mehr Geschwister habt, warum sie die nicht
sehen dürfte —«
»Schwachsinn.
Ich glaube, sie hat mich ein einziges
Mal nach meiner Familie gefragt, in ihrem ganzen Leben.«
»Ja, und
deine Reaktion hat ihr gezeigt, dass sie lieber nicht noch mal fragt.
Stattdessen hat sie mich gefragt, Frank. Sie hat Jackie gefragt. Sie wollte es
wissen.«
»Na und,
soll sie doch fragen. Sie ist neun Jahre alt. Sie wünscht sich auch ein
Löwenjunges und würde sich am liebsten ausschließlich von Pizza und roten
Smarties ernähren. Willst du ihr da auch nachgeben? Wir sind ihre Eltern, Liv.
Wir sind dazu da, ihr zu geben, was gut für sie ist, nicht alles, was sie gerne
hätte.«
»Frank, sei leise. Wieso in aller Welt sollte deine Familie schlecht für sie sein? Du
hast mir immer nur gesagt, dass du keinen Kontakt mehr zu ihr haben wolltest.
Du hast sie mir gegenüber doch nicht als eine Bande von Axtmördern hingestellt.
Jackie ist reizend, sie ist immer nur lieb zu Holly gewesen, und sie hat
gesagt, alle anderen wären ausgesprochen nette Menschen —«
»Und du
hast ihr das einfach geglaubt? Jackie lebt in ihrer eigenen heilen Welt. Sie
glaubt, Ted Bundy hätte bloß mal eine nette Frau kennenlernen müssen. Seit wann
entscheidet sie über unsere Erziehungsfragen?«
Liv setzte
an, etwas zu sagen, aber ich redete mit noch größerer Vehemenz auf sie ein,
bis sie es aufgab und den Mund hielt. »Mir wird richtig schlecht, Liv,
körperlich schlecht. Ich hab immer gedacht, ich könnte mich wenigstens in
dieser einen Sache voll und ganz auf dich verlassen. Meine Familie war nie gut
genug für dich. Wieso ist sie plötzlich gut genug für Holly?«
Endlich
verlor Olivia die Beherrschung. »Wann hab ich das je gesagt,
Frank? Wann?«
Ich
starrte sie an. Sie war weiß vor Wut, hatte die Hände gegen die Tür hinter sich
gepresst, atmete schwer. »Wenn du deine Familie nicht für gut genug hältst,
wenn du dich ihretwegen schämst, dann ist das dein Problem, nicht meins. Wälz
das nicht auf mich ab. Ich habe das nie gesagt. Ich hab es nicht mal gedacht. Niemals.«
Sie fuhr
herum und riss die Tür auf. Sie schloss sie hinter sich mit einem Klicken, das,
wenn Holly nicht gewesen wäre, als Knall ausgefallen wäre, der das Haus hätte
erbeben lassen.
Ich saß
eine Weile da, glotzte auf die Tür wie ein Blödmann und hatte das Gefühl, als
würden meine Gehirnzellen einander rammen wie Autoscooter. Dann nahm ich die
Weinflasche, holte ein zweites Glas und ging hinter Olivia her.
Sie saß im
Wintergarten auf dem Korbsofa, die Beine unter sich gezogen und die Hände tief
in den Ärmeln versteckt. Sie sah nicht auf, aber als ich ihr ein Glas hinhielt,
zog sie eine Hand raus und nahm es. Ich goss uns beiden so viel Wein ein, dass
ein kleines Tier darin ertrunken wäre, und setzte mich neben sie.
Es regnete
noch immer, geduldige, unermüdliche Tropfen prasselten auf die Scheiben, und
ein kalter Luftzug drang durch irgendeine Ritze und breitete sich wie Rauch im
Raum aus - ich ertappte mich dabei, dass ich mir nach all der Zeit vornahm, die
Ritze ausfindig zu machen und abzudichten. Olivia trank einen Schluck Wein, und
ich betrachtete ihr Spiegelbild in der Scheibe, umschattete Augen, die sich
auf irgendetwas konzentrierten, das nur sie sehen konnte. Nach einer Weile
fragte ich: »Warum hast du nie was gesagt?«
Sie wandte
nicht den Kopf. »In Bezug auf was?«
»In Bezug
auf alles. Aber zunächst mal, warum hast du mir nie gesagt, dass du kein
Problem mit meiner Familie hast?«
Sie zuckte
die Achseln. »Du warst nie besonders scharf darauf, über sie zu reden. Und ich
hätte nicht gedacht, dass ich das überhaupt sagen
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