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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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entgangen ist: Imelda sagt, Kevin wäre
damals heftig in Rose verknallt gewesen. Du musst zugeben, das passt zu dem,
was du mir erzählt hast: Sie war der Liebling der ganzen Nachbarschaft, alle
Jungs haben für sie geschwärmt.«
    »Na ja,
sicher. Stimmt. Aber Kevin? Er war doch erst fünfzehn.«
    »Das ist
das Alter, in dem die Hormone durchdrehen. Das Alter, in dem er sich in Clubs
mogeln konnte, in denen er nichts verloren hatte. Einmal war Imelda im Bruxelles, und Kevin hat sie angesprochen und sie auf einen Drink eingeladen.
Sie sind ins Gespräch gekommen, und er hat sie gebeten - sie angefleht -, bei
Rose ein gutes Wort für ihn einzulegen. Darüber hat Imelda sich totgelacht,
aber Kevin hat richtig gekränkt aus der Wäsche geschaut, und als sie sich
wieder eingekriegt hatte, hat sie ihm gesagt, es hätte nichts mit ihm zu tun,
aber Rose wäre schon vergeben. Weiter wollte sie eigentlich nicht gehen, aber
Kevin hat nicht lockergelassen und immer wieder gefragt, wer der Typ wäre, und
er hat ihr einen Drink nach dem anderen spendiert ...«
    Rocky
schaffte es, die ganze Zeit ernst dreinzublicken, aber er amüsierte sich
prächtig. Knapp unter der Oberfläche war er noch immer dieser nach Deo
stinkende Teenager, der die Faust in die Luft reckte. »Letzten Endes hat sie
alles ausgeplaudert. Sie dachte sich nichts dabei. Sie fand, er war ein
netter, lieber Junge, und außerdem meinte sie, er würde den Rückzug antreten,
wenn er wüsste, dass es um seinen eigenen Bruder ging, richtig? Falsch. Er
drehte völlig durch: tobte, trat gegen die Wand, warf mit Gläsern ... Die
Rausschmeißer mussten ihn vor die Tür setzen.«
    Was
wirklich absolut nicht seine Art war — wenn Kev wütend wurde, zog er höchstens
beleidigt ab -, aber ansonsten passte alles wunderbar zusammen. Imelda
imponierte mir von Minute zu Minute mehr. Sie kannte sich mit Tauschgeschäften
aus: Noch ehe sie Rocky anrief, hatte sie gewusst, dass sie ihm was bieten
musste, falls er für sie den bösen Mann von der Straße holen sollte.
Wahrscheinlich hatte sie ein paar alte Bekannte angerufen, um rauszufinden,
was das wohl sein könnte. Offensichtlich hatten die Jungs vom Morddezernat bei
ihren Haus-zu-Haus-Befragungen durchblicken lassen, dass sie sich für
irgendwelche Verbindungen zwischen Kevin und Rosie interessierten, und den
Rest konnten sich die Leute leicht zusammenreimen. Ich sollte vermutlich froh
sein, dass Imelda so klug gewesen war, sich erst umzuhören, anstatt sofort aus
der Haut zu fahren und mich in die Schusslinie zu schubsen.
    »Gott«,
sagte ich. Ich legte die Arme aufs Lenkrad und ließ mich nach vorne hängen,
starrte durch die Windschutzscheibe auf den Verkehr, der sich an der Mündung
der Einbahnstraße vorbeischob. »Großer Gott. Und ich hatte von nichts eine Ahnung.
Wann war das?«
    Rocky
sagte: »Wenige Wochen vor Rosies Tod. Imelda hat ein ziemlich schlechtes
Gewissen wegen der Geschichte, weil sie jetzt weiß, was daraus entstanden ist.
Deshalb hat sie sich auch gemeldet. Ich kriege eine offizielle Aussage von ihr,
sobald wir hier fertig sind.«
    Und ob er
die von ihr kriegen würde. »Tja«, sagte ich. »Das ist allerdings
beweiskräftig.«
    »Es tut
mir leid, Frank.«
    »Ich weiß.
Danke.«
    »Mir ist
klar, dass du dir was anderes erhofft hast -«
    »Das kann
man wohl sagen.«
    »— aber,
wie du selbst gesagt hast, jede Art von Gewissheit hilft. Selbst wenn du das im
Augenblick nicht so wahrnimmst. Zumindest kannst du jetzt irgendwie innerlich
damit abschließen. Und nach einer Weile wirst du in der Lage sein, das Ganze
allmählich in deine Weltsicht zu integrieren.«
    »Rocky«,
sagte ich. »Ich muss dich was fragen. Gehst du zum Psychologen?«
    Er
schaffte es, gleichzeitig verlegen und selbstgerecht und angriffslustig zu
blicken. »Ja. Wieso? Soll ich dir einen empfehlen?«
    »Nein,
danke. Hat mich nur interessiert.«
    »Der Mann
ist ziemlich gut. Er hat mir zu einer Menge interessanter Erkenntnisse
verholfen. Zum Beispiel, wie ich meine äußere Realität in Einklang mit meiner
inneren Realität bringe.«
    »Klingt
sehr motivierend.«
    »Ist es
auch. Ich glaube, er könnte viel für dich tun.«
    »Ich bin
da ziemlich altmodisch. Ich denke immer noch, meine innere Realität sollte in
Einklang mit meiner äußeren geraten. Aber vielleicht komme ich irgendwann auf
dein Angebot zurück.«
    »Ja, mach
das.« Rocky verpasste meinem Armaturenbrett einen männlichen Klaps, als wäre es
ein Pferd, das seine Lektion gelernt

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