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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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hatte. »War gut, mit dir zu reden, Frank.
Ich sollte jetzt besser zurück in die Tretmühle, aber du kannst mich jederzeit
anrufen, wenn du mal wieder quatschen willst, okay?«
    »Mach ich.
Aber ich glaub, ich brauch vor allen Dingen erst mal Zeit für mich allein, um
das alles zu verarbeiten. Ist nicht einfach.«
    Rocky
legte eine tiefsinnige Nicken-und-Augenbrauen-Nummer hin, die er sich
vermutlich von seinem Therapeuten abgeguckt hatte. Ich sagte: »Soll ich dich
zurück zum Dezernat fahren?«
    »Nein,
danke. Ein kleiner Spaziergang wird mir guttun, muss auf die schlanke Linie
achten.« Er klopfte sich auf den Bauch. »Mach's gut, Frank. Bis bald.«
    Die
Seitenstraße war so schmal, dass er die Tür nur ein kleines Stück öffnen
konnte und sich dann rauswinden musste, was seinem Abgang ein wenig die Dynamik
nahm, doch er gewann sie zurück, sobald er wieder seinen Morddezernatgang
einlegte. Ich sah ihm nach, wie er zwischen den müde dahinhastenden Fußgängern
verschwand, ein Mann mit einer Aktentasche und einer Bestimmung, und dachte an
den Tag vor ein paar Jahren zurück, als wir uns zufällig begegnet waren und
feststellten, dass wir beide dem Club der Geschiedenen beigetreten waren.
Unsere Sauftour dauerte vierzehn Stunden und endete in einem UFO-mäßig
eingerichteten Pub in Bray, wo Rocky und ich zwei gehirnamputierten Grazien
einreden wollten, dass wir russische Millionäre wären, die vorhätten, die
Dubliner Burg zu kaufen, nur dass wir immer wieder die Beherrschung verloren
und hilflos wie kleine Jungs in unsere Biergläser kicherten. Mir kam in den
Sinn, dass ich Rocky Kennedy doch zwanzig Jahre lang irgendwie gemocht hatte
und ihn tatsächlich vermissen würde.
     
    Die
meisten Leute unterschätzen mich, und das ist mir ausgesprochen recht, aber
Imelda hatte mich dennoch ein wenig überrascht. Sie kam mir nicht vor wie
jemand, der die weniger kuschelige Seite der menschlichen Natur so leicht
übersah. Ich an ihrer Stelle hätte zumindest dafür gesorgt, dass ein großer,
übelaussehender Bekannter mit irgendeiner Form von Waffe ein paar Tage bei mir
verbringt, aber am Donnerstagmorgen schien bei den Tierneys alles wieder seinen
gewohnten Gang zu nehmen. Genevieve schlurfte an einem KitKat lutschend
Richtung Schule, Imelda ging zur New Street und kam mit zwei Plastiktüten
zurück, Isabelle stakste irgendwohin, wo offenbar nach hinten gebundene Haare
und eine schicke weiße Bluse erwartet wurden. Von einem bewaffneten oder anderweitig
imposanten Bodyguard war weit und breit nichts zu sehen. Und diesmal entdeckte
mich niemand auf meinem Beobachtungsposten.
    Gegen
Mittag klingelten zwei blutjunge Mädchen mit zwei Babys an der Haustür, Shania
kam nach unten, und sie zogen gemeinsam los, um shoppen zu gehen oder zu klauen
oder was auch immer. Sobald ich sicher war, dass sie nicht gleich zurückkam,
weil sie ihre Zigaretten vergessen hatte, knackte ich das Haustürschloss und
ging hoch zu Imeldas Wohnung.
    Sie hatte
irgendeine Talkshow lautgedreht, Leute brüllten einander an, und das Publikum
schrie nach Blut. Die Tür war mit Schlössern übersät, aber ein prüfender Blick
durch die Ritze verriet mir, dass nur eines abgeschlossen war. Ich hatte es
nach knapp zehn Sekunden auf. Der Fernseher überdeckte das Quietschen, als ich
die Tür öffnete.
    Imelda saß
auf dem Sofa und packte Weihnachtsgeschenke ein, was liebenswerter gewirkt
hätte, wäre da nicht die Talkshow gewesen und der Umstand, dass die meisten
Geschenke nachgemachte Burberry-Teile waren. Ich hatte die Tür wieder
geschlossen und näherte mich ihr, als irgendetwas — mein Schatten, eine
Bodendiele - sie herumfahren ließ. Sie holte Luft, um zu schreien, doch ehe sie
loslegen konnte, hatte ich schon eine Hand auf ihrem Mund und drückte mit
meinem freien Unterarm ihre beiden Handgelenke fest auf ihren Schoß. Ich machte
es mir auf der Sofalehne bequem und sagte dicht an ihrem Ohr: »Imelda, Imelda,
Imelda. Und dabei hast du mir geschworen, dass du keine Verräterin bist. Ich
bin schwer enttäuscht.«
    Sie
versuchte, mir einen Ellbogen in den Bauch zu rammen. Als ich fester Zugriff,
wollte sie mir in die Hand beißen. Ich drückte noch fester zu, zog ihren Kopf
zurück, bis ihr Hals nach hinten gebogen war und ich durch ihre Lippe hindurch
den Druck der Zähne spüren konnte. Ich sagte: »Ich möchte, dass du dir zwei
Dinge klarmachst, ehe ich meine Hand wegnehme. Erstens, ich bin dir näher als
irgendjemand sonst. Zweitens, was würde

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