French, Tana
»wünschte ich wirklich, du könntest dir selbst
zuhören. Du klingst wie ein Teenager, ist dir das klar? Wie ein sich selbst
bemitleidender Teenager, der zu viel Morrissey hört.«
Es war ein
Schlusssatz, sie hatte die Hand schon auf der Türklinke, und ich wollte nicht,
dass sie rausging. Ich wollte, dass sie in der warmen Küche blieb und sich
weiter mit mir stritt. Ich sagte: »Ich spreche nur aus Erfahrung. Vielleicht
gibt es ja irgendwo Leute, die nie etwas Destruktiveres tun, als sich
gegenseitig heißen Kakao mit Sahne zu machen, aber denen bin ich persönlich
nie begegnet. Falls du solche Menschen kennst, bitte, korrigiere mich. Ich bin
da ganz aufgeschlossen. Nenn mir eine Beziehung, eine einzige, die keinen
Schaden angerichtet hat.«
Mag ja
sein, dass ich Olivia ansonsten nie dazu bringen kann, das zu tun, was ich
möchte, aber ich konnte sie schon immer wunderbar in Streitgespräche
verwickeln. Sie ließ die Klinke los, lehnte sich gegen die Wand und
verschränkte die Arme. »Na gut«, sagte sie. »Meinetwegen. Diese Rose Daly.
Verrat mir doch bitte mal, wie sie dich verletzt hat. Nicht der Mensch, der sie
getötet hat. Sie selbst. Rose.«
Und die
andere Wahrheit über Liv und mich ist, dass ich am Ende doch immer den Kürzeren
ziehe. Ich sagte: »Ich denke, ich hab diese Woche mehr als genug über Rose Daly
geredet, falls du nichts dagegen hast.«
Liv sagte:
»Sie hat dich nicht verlassen, Frank. Niemals. Früher oder später wirst du dich
damit auseinandersetzen müssen.«
»Lass mich
raten. Jackie und ihr Plappermaul.«
»Ich hab
Jackie nicht gebraucht, um zu wissen, dass irgendeine Frau dich verletzt hat
oder dass du das zumindest geglaubt hast. Das wusste ich praktisch schon seit
unserer ersten Begegnung.«
»Liv, ich
enttäusche dich wirklich nur äußerst ungern, aber deine telepathischen
Fähigkeiten sind heute nicht die besten. Vielleicht klappt's ja nächstes Mal
besser.«
»Und ich
hab auch keine telepathischen Fähigkeiten gebraucht. Frag egal welche Frau,
mit der du je eine Beziehung hattest: Ich garantiere dir, sie wusste, dass sie
zweite Wahl war. Ein vorübergehender Ersatz, bis die eine, die du wirklich wolltest,
zurückkäme.«
Sie wollte
noch etwas sagen, verkniff es sich aber. Ihre Augen blickten ängstlich,
beinahe bestürzt, als hätte sie gerade erst gemerkt, wie weit sie sich
vorgewagt hatte.
Ich sagte:
»Na los, red es dir von der Seele. Du hast damit angefangen, nun bring es auch
zu Ende.«
Nach einem
Moment machte Liv eine kleine Bewegung, wie ein Achselzucken. »Na schön. Das
war einer der Gründe, warum ich dich gebeten habe auszuziehen.«
Ich lachte
laut auf. »Ach so. Ja. Alles klar. Dann waren also unsere ganzen verdammten
endlosen Streitereien wegen meiner Arbeit und weil ich nie zu Hause war bloß
ein Ablenkungsmanöver? Um mich im Ungewissen zu lassen?«
»Das hab
ich nicht gesagt. Und du weißt ganz genau, dass ich irgendwann die Nase
gestrichen voll davon hatte, nie genau wissen zu können, ob du mit >Bin um
acht wieder da< denselben Abend oder nächsten Dienstag meintest, oder wenn
ich dich gefragt habe, wie dein Tag war, bloß ein knappes >anstrengend<
zu hören zu bekommen, oder -«
»Ich weiß
bloß eins: Ich hätte mir im Scheidungsvertrag schriftlich bestätigen lassen
sollen, dass ich diese Unterhaltung nie wieder führen muss. Und überhaupt, was
Rose Daly damit zu tun haben soll -«
Olivia
hielt ihre Stimme ruhig, aber ihr Unterton war so kraftvoll, dass er mich fast
vom Hocker gehauen hätte. »Sie hatte sehr viel damit zu tun. Ich hab immer
gewusst, der ganze Rest hatte mit der Tatsache zu tun, dass ich nicht diese
andere Frau war, wer auch immer sie war. Wenn sie dich um
drei Uhr morgens angerufen hätte, um nachzufragen, warum du nicht zu Hause
bist, dann wärst du an das verdammte Telefon gegangen. Oder du wärst
wahrscheinlich längst zu Hause gewesen.«
»Wenn
Rosie mich um drei Uhr morgens angerufen hätte, dann hätte ich mit meiner
Hotline ins Jenseits Millionen verdient und wäre nach Barbados gezogen.«
»Du weißt
genau, was ich meine. Du hättest sie nie, niemals so behandelt, wie du mich
behandelt hast. Frank, manchmal hatte ich das Gefühl, dass du mich bewusst aus
deinem Leben ausschließen wolltest, um mich für irgendwas zu bestrafen, was sie
getan hatte, oder einfach nur, weil ich nicht sie war. Dass du versucht hast,
mich dazu zu bringen, dich zu verlassen, damit niemand ihren Platz eingenommen
hätte, wenn sie
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