Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
Vom Netzwerk:
nachdenken und
schauen, ob wir das in unsere anderen Pläne einbauen können. Gibt's einen
besonderen Grund?«
    »Donna
darf jeden Sonntag hin, wenn ihr Dad Golf spielt. Sie sagt, Nana kocht leckeres
Essen, und hinterher gibt's Apfeltorte mit Eis, und manchmal macht Tante
Jackie den Mädchen die Haare ganz schick, und manchmal gucken alle eine DVD -
Donna und Darren und Ashley und Louise dürfen immer abwechselnd eine aussuchen,
aber Tante Carmel hat gesagt, wenn ich mal dabei wäre, dürfte ich als Erste
eine aussuchen. Ich bin nie dabei gewesen, weil du ja nicht gewusst hast, dass
ich schon mal bei Nana war, aber jetzt weißt du's, und ich will hin.«
    Ich fragte
mich, ob Ma und Dad für die Sonntagnachmittage vielleicht einen Vertrag
abgeschlossen hatten oder ob sie ihm einfach ein paar Glückspillen ins Essen
bröselte und ihn anschließend im Schlafzimmer einschloss, mit hochprozentigem
Trost aus dem Dielenboden. »Mal sehen, was sich so ergibt.«
    »Einmal
ist Onkel Shay mit allen zum Fahrradladen gegangen und hat sie Fahrräder
ausprobieren lassen. Und manchmal bringt Onkel Kevin seine Wii mit, und er hat
zusätzliche Fernbedienungen, und dann schimpft Nana, weil sie zu wild rumspringen,
und sie sagt, wenn sie nicht aufpassen, stürzt noch das Haus ein.«
    Ich neigte
den Kopf, um Holly genauer anzusehen. Sie hielt Clara ein bisschen zu fest an
sich gedrückt, aber ihr Gesicht verriet mir nichts. »Schätzchen«, sagte ich.
»Du weißt doch, dass Onkel Kevin diesen Sonntag nicht da sein wird?«
    Hollys
Kopf beugte sich tiefer über Clara. »Ja. Weil er gestorben ist.«
    »Das
stimmt, Liebes.«
    Ein
rascher Seitenblick zu mir rüber. »Manchmal vergess ich das. Sarah hat mir
heute einen Witz erzählt, und den wollte ich ihm erzählen, aber dann ist es mir
wieder eingefallen.«
    »Ich weiß.
Passiert mir auch manchmal. Das liegt daran, dass der Kopf sich erst an Sachen
gewöhnen muss. Nach einer Weile hört das auf.«
    Sie
nickte, kämmte mit den Fingern durch Claras Mähne. Ich sagte: »Und du weißt,
dass dieses Wochenende alle, die bei Nana zu Besuch sind, ziemlich
durcheinander sein werden, nicht? Es wird nicht lustig sein, so wie die Male,
von denen Donna dir erzählt hat.«
    »Das weiß ich. Ich will
hin, weil ich einfach da sein
will.«
    »Okay,
Häschen. Wir werden sehen, was sich machen lässt.« Schweigen. Holly flocht
einen Zopf in Claras Mähne und inspizierte ihn sorgfältig. Dann: »Daddy.«
    »Ja.«
    »Wenn ich
an Onkel Kevin denke. Manchmal weine ich dann nicht.«
    »Das ist
okay, Kleines. Nicht weiter schlimm. Ich weine auch nicht.«
    »Aber wenn
ich ihn doch gern gehabt hab, müsste ich dann nicht weinen?«
    Ich sagte:
»Ich glaube, es gibt keine Regeln dafür, wie man sich verhalten soll, wenn
jemand stirbt, den man gern hatte, Schätzchen. Ich glaube, das ergibt sich
irgendwie von allein. Manchmal musst du weinen, und manchmal nicht, manchmal
bist du sogar wütend auf ihn, weil er einfach gestorben ist. Du darfst nur
nicht vergessen, dass das alles okay ist. Genau wie alles andere, was sich so
in deinem Kopf tut.«
    »In American
Idol weinen sie immer, wenn sie von irgendwem reden, der
gestorben ist.«
    »Klar,
aber solche Shows sind mit Vorsicht zu genießen, Kleines. Das ist Fernsehen.«
    Holly
schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr Haar auf die Wangen schlug. »Daddy, nein, das ist
kein Film, das sind echte Leute. Die erzählen dir ihre Geschichte, wie zum
Beispiel, dass sie eine liebe Oma hatten, die an sie geglaubt hat, und dann ist
sie gestorben, und dabei weinen sie immer. Manchmal weint sogar Paula Abdul.«
    »Kann ich
mir vorstellen. Aber das heißt nicht, dass du auch weinen solltest. Jeder
Mensch ist anders. Und ich verrat dir jetzt mal ein Geheimnis: Sehr oft tun
diese Leute nur so, damit sie viele Stimmen kriegen.«
    Holly schien
noch immer nicht überzeugt. Ich dachte an meine erste Begegnung mit dem Tod:
Ich war sieben, irgendein entfernter Großonkel oben auf der New Street hatte
einen Herzinfarkt gehabt, und Ma schleppte uns alle zur Totenfeier. Die lief
ungefähr so ab wie bei Kevin: Tränen, Lachen, Geschichten, turmhohe
Sandwichberge, Alkohol und Gesang und Tanz die ganze Nacht hindurch - irgendwer
hatte ein Akkordeon mitgebracht, ein anderer beherrschte das komplette
Repertoire von Mario Lanza. Als Einführung in die Kunst der Trauerarbeit war
das alles um ein Vielfaches heilsamer gewesen als irgendwas mit Paula Abdul.
Auf einmal fragte ich mich, ob ich Holly nicht

Weitere Kostenlose Bücher