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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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kinnlose Empörung
hineinsteigerte, um dann mit seinem Audi in den Sonnenuntergang zu fahren. Ich
wollte haufenweise Fastfood bestellen und übers Wochenende und bis weit in die
kommende Woche hinein dortbleiben. Eine irrwitzige Sekunde lang hätte ich es
fast versucht.
    Holly
brauchte eine Weile, bis sie das Gespräch auf die jüngsten Ereignisse brachte.
Beim Abendessen erzählte sie mir von dem Hiphop-Kurs mit ausführlichen
Demonstrationen und reichlich atemlosen Kommentaren. Danach setzte sie sich mit
wesentlich weniger Widerstand als sonst an ihre Hausaufgaben und machte es
sich hinterher dicht neben mir auf dem Sofa bequem, um sich eine Folge Hannah
Montana anzusehen. Sie lutschte an einer Haarsträhne, was sie schon eine ganze
Weile nicht mehr gemacht hatte, und ich konnte spüren, dass sie nachdachte.
    Ich
drängte sie nicht. Erst als sie gemütlich im Bett lag, mein Arm um sie, ihre
warme Milch getrunken und ihre Gutenachtgeschichte gelesen war, sagte sie:
»Daddy.«
    »Was geht
dir durch den Kopf?«
    »Willst du
heiraten?«
    Wo kam das
denn her? »Nein, Schätzchen. Ausgeschlossen. Mit deiner Mummy verheiratet
gewesen zu sein genügt mir. Wie kommst du denn darauf?«
    »Hast du
eine Freundin?«
    Ma, ganz
bestimmt; wahrscheinlich irgendwas über Scheidung und keine erneute kirchliche
Hochzeit. »Nein. Das hab ich dir doch schon letzte Woche gesagt, weißt du nicht
mehr?«
    Holly
dachte darüber nach. »Diese Rosie, die gestorben ist«, sagte sie. »Die du schon
gekannt hast, bevor ich geboren wurde.«
    »Was ist
mit ihr?«
    »War sie
deine Freundin?«
    »Ja, das
war sie. Da hatte ich deine Mummy noch nicht kennengelernt.«
    »Wolltest
du sie heiraten?«
    »Das
hatten wir vor, ja.«
    Blinzeln.
Ihre Augenbrauen, fein wie Pinselstriche, waren dicht zusammengezogen; sie
konzentrierte sich noch immer fest. »Warum hast du's nicht getan?«
    »Weil
Rosie vorher gestorben ist.«
    »Aber du
hast gesagt, dass du bis jetzt gar nicht wusstest, dass sie gestorben ist.«
    »Das
stimmt. Ich hab gedacht, sie hätte mich sitzenlassen.«
    »Wieso
wusstest du es nicht?«
    Ich sagte:
»Eines Tages ist sie einfach verschwunden. Sie hat einen Brief hinterlassen, in
dem stand, dass sie nach England wollte, und ich hab ihn gefunden und gedacht,
das hieße, dass sie mich sitzengelassen hatte. Aber jetzt stellt sich raus,
dass ich mich geirrt habe.«
    Holly
sagte: »Daddy.«
    »Ja.«
    »Hat
jemand sie getötet?«
    Sie trug
ihren rosaweißgeblümten Schlafanzug, den ich vorher für sie gebügelt hatte -
Holly liebt frisch gebügelte Sachen -, und sie hatte Clara auf ihre
angewinkelten Knie gesetzt. Im weichen goldenen Lichtschein der
Nachttischlampe sah sie vollkommen und zeitlos aus, wie ein kleines mit Aquarellfarben
gemaltes Mädchen in einem Bilderbuch. Sie machte mir Angst. Ich hätte einen Arm
dafür gegeben zu wissen, dass ich dieses Gespräch richtig führte oder auch nur
nicht fürchterlich falsch.
    Ich sagte:
»Es sieht so aus, als könnte es so gewesen sein. Es war vor langer, langer
Zeit, deshalb kann man sich da nicht ganz sicher sein.«
    Holly
blickte Clara in die Augen und dachte darüber nach. Wieder wanderte die
Haarsträhne in ihren Mund. »Wenn ich verschwinden würde«, sagte sie. »Würdest
du dann denken, dass ich weggelaufen bin?«
    Olivia
hatte etwas von einem Albtraum erwähnt. Ich sagte:
    »Es wäre
völlig egal, was ich denke. Ich könnte sogar denken, dass du auf ein Raumschiff
gehüpft und zu einem anderen Planeten gereist bist, ich würde trotzdem nach dir
suchen und nicht aufhören, bis ich dich gefunden habe.«
    Holly
stieß einen tiefen Seufzer aus, und ich spürte, dass ihre Schulter fester gegen
meine drückte. Einen kurzen Moment lang glaubte ich, es wäre mir zufällig
gelungen, etwas wieder besserzumachen. Dann sagte sie: »Wenn du diese Rosie
geheiratet hättest. Wäre ich dann nie geboren worden?«
    Ich zog
die Strähne aus ihrem Mund und strich sie glatt. Ihr Haar roch nach
Babyshampoo. »Ich weiß nicht, wie das so läuft, Häschen. Das ist alles ziemlich
rätselhaft. Ich weiß nur, dass du du bist, und ich persönlich glaube, dass du
irgendeinen Weg ins Leben gefunden hättest, ganz unabhängig davon, was ich
tue.«
    Holly
rutschte weiter nach unten im Bett. Sie sagte in ihrer streitbereiten Stimme:
»Sonntagnachmittag will ich zu Nana.«
    Und ich
könnte mit Shay über das feine Teeservice hinweg ein munteres Schwätzchen
halten. »Tja«, sagte ich behutsam. »Wir können ja mal drüber

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