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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Trüppchen die
Straße hinuntertrabte. Holly, so fest bei Donna eingehakt, dass sie aussahen
wie siamesische Zwillinge, schaute nicht hoch, um mir zuzuwinken.
    Die traute
Familienidylle gestaltete sich nicht ganz so, wie Gav geplant hatte: Wir
hängten uns alle stumm vor die Glotze, bis Ma sich von ihrem
Baumschmuck-Blitzkrieg erholt hatte und Carmel in die Küche schleppte, um
irgendwas mit Gebäck und Frischhaltefolie anzustellen. Ich sagte leise zu
Jackie, ehe auch sie gekrallt werden konnte: »Lass uns eine rauchen.«
    Sie sah
mich unsicher an, wie ein Kind, das weiß, dass es sich eine Tracht Prügel
einfangen wird, sobald es mit seiner Ma allein ist. Ich sagte: »Nimm's wie eine
Frau, Baby. Je eher du es hinter dich bringst ...«
    Draußen
war es kalt und klar und still, und der Himmel über den Dächern verdunkelte
sich gerade von wässrigem Blau-Weiß zu Fliederfarben. Jackie stapfte runter zu
ihrem Stammplatz auf der untersten Stufe, ein Gewirr von langen Beinen und lila
Lacklederstiefeln, und streckte eine Hand aus. »Gib mir erst eine Zigarette,
ehe du mich fertigmachst. Gav hat unsere mitgenommen.«
    »Dann lass
mal hören«, sagte ich freundlich, sobald ich ihre Zigarette und meine angezündet
hatte. »Du und Olivia, was zum Teufel habt ihr euch bloß dabei gedacht?«
    Jackies
Kinn war streitlustig vorgeschoben, und eine verstörende Sekunde lang sah sie
Holly verblüffend ähnlich. »Ich fand, es wäre schön, wenn Holly uns alle
kennenlernen würde. Ich würde sagen, Olivia hat das auch so gesehen. Und wir
hatten doch auch recht, oder? Hast du gesehen, wie gut sie sich mit Donna
versteht?«
    »Ja, hab
ich. Die beiden sind niedlich zusammen. Ich hab auch gesehen, wie untröstlich
sie wegen Kevin war. Sie hat vor lauter Schluchzen kaum noch Luft bekommen. Das
war weniger niedlich.«
    Jackie sah
zu, wie sich die Rauchkringel von ihrer Zigarette über die Stufen ausbreiteten.
Sie sagte: »Wir sind alle völlig fertig. Ashley auch, und sie ist erst sechs. So
ist das Leben nun mal. Du hattest doch Sorge, Holly würde nicht genug vom
realen Leben mitkriegen, oder? Ich würde sagen, realer wird's nicht.«
    Was
wahrscheinlich stimmte, aber ob jemand recht hat, tut nichts zur Sache, wenn es
um Holly geht. Ich sagte: »Jackie, falls meine Tochter hier und da eine
Extraprise Realität braucht, dann ziehe ich es im Allgemeinen vor, selbst
darüber zu entscheiden. Oder zumindest informiert zu werden, wenn jemand
anderes das für mich erledigt. Hört sich das für dich unsinnig an?«
    Jackie
erwiderte: »Ich hätt's dir sagen sollen. Das ist unentschuldbar.«
    »Warum
hast du's dann nicht?«
    »Ich
wollte es ja immer, ehrlich, aber ... Zuerst hab ich gedacht, wozu dich
aufregen, wenn doch vielleicht gar nichts draus wird. Ich hab gedacht, ich
bring Holly nur ein einziges Mal her, und wir sagen es dir hinterher -«
    »Und ich
würde einsehen, was für eine wundervolle Idee das doch war, und prompt hier
angerannt kommen mit einem großen Blumenstrauß für Ma in der einen Hand und
einem für dich in der anderen, und wir würden alle ein großes Fest feiern und
glücklich und zufrieden bis an unser seliges Ende leben. Hattest du dir das so
gedacht?«
    Sie zuckte
die Achseln. Ihre Schultern zogen sich allmählich immer höher bis rauf zu den
Ohren.
    »Weil das
bei Gott schon bescheuert genug gewesen wäre, aber immer noch eine ganze Ecke
besser als so. Warum hast du deine Meinung geändert? Warum hast du mir, und ich
muss wirklich erst den Unterkiefer wieder hochklappen, ehe ich das aussprechen
kann, ein ganzes Jahr lang kein Wort
gesagt?«
    Jackie sah
mich noch immer nicht an. Sie rutschte auf der Stufe hin und her, als hätte sie
Schmerzen. »Jetzt lach mich bloß nicht aus.«
    »Glaub
mir, Jackie. Ich bin nicht in Alberlaune.«
    Sie sagte:
»Ich hatte Angst. Okay? Deshalb hab ich nichts gesagt.«
    Ich
brauchte einen Moment, bis ich mir sicher war, dass sie mich nicht verarschte.
»Ach, hör doch auf. Was hast du denn gedacht, was ich machen würde? Dich
windelweich prügeln?«
    »Ich hab
nicht gesagt —«
    »Was denn
dann? Du kannst nicht so eine Bombe platzen lassen und dich anschließend
zieren. Wann hab ich dir je im Leben irgendeinen Grund dafür geliefert, vor mir
Angst zu haben?«
    »Sieh dich
doch jetzt mal an! Was du für ein Gesicht ziehst, und reden tust du, als
würdest du mich richtig hassen - ich komm einfach nicht damit klar, wenn Leute
rumschimpfen und schreien und ausrasten. Das war schon immer so.

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