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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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während Holly und ich im Phoenix Park
ihren Drachen steigen ließen und während ich ihr bei den Hausaufgaben half und
während wir uns zu viele Makkaroni mit zu viel Käse kochten, nahmen die Dinge
in meinem Kopf Gestalt an. Und als wir am frühen Sonntagnachmittag in mein Auto
stiegen und auf die andere Seite des Flusses fuhren, wusste ich, was ich tun
würde.
    Faithful
Place sah so blitzblank und unschuldig aus wie einem Traum entstiegen,
randvoll von einem hellen zitronengelben Licht erfüllt, das über das rissige
Kopfsteinpflaster floss. Hollys Hand schloss sich fester um meine. »Was ist
los, Häschen?«, fragte ich. »Hast du's dir anders überlegt?«
    Sie
schüttelte den Kopf. Ich sagte: »Kannst du aber, wenn du willst. Ein Wort von
dir, und wir drehen um und holen uns eine schöne DVD mit lauter
Märchenprinzessinnen und einen Eimer voll Popcorn, so groß wie dein Kopf.«
    Kein
Kichern. Sie sah nicht mal zu mir hoch. Stattdessen hievte sie ihren Rucksack
fester auf die Schultern und zog an meiner Hand, und wir traten vom Bordstein
in dieses seltsame blassgoldene Licht.
    Ma
überschlug sich förmlich, um diesen Nachmittag richtig hinzubekommen. Sie
hatte sich in einen Rausch gebacken - jede freie Fläche war mit Bergen von
Ingwerkuchen und Marmeladentörtchen bedeckt -, die Truppen in aller Frühe
antreten lassen und Shay und Trevor und Gavin losgeschickt, einen
Weihnachtsbaum zu kaufen, der für das Wohnzimmer mindestens einen Meter zu
breit war. Als Holly und ich ankamen, dudelte Bing Crosby aus dem Radio,
Carmels Kinder waren allerliebst um den Baum herum verteilt und schmückten ihn,
jeder hatte eine dampfende Tasse Kakao vor sich, und sogar Dad war mit einer
Decke über den Knien aufs Sofa platziert worden, wo er patriarchalisch und
ziemlich nüchtern aussah. Mir war, als spazierte ich mitten in eine Reklame
aus den fünfziger Jahren hinein. Die ganze groteske Scharade war offensichtlich
zum Scheitern verurteilt - alle sahen unglücklich aus, und Darren hatte
bereits diesen glasigen Blick, der mir verriet, dass er kurz vor der Explosion
stand -, aber ich verstand, was Ma versuchte. Es wäre mir fast zu Herzen
gegangen, wenn sie nicht rasch mal eben in ihren Normalmodus geschaltet hätte,
indem sie mich darüber informierte, dass ich furchtbare Runzeln um die Augen
bekäme und über kurz oder lang ein Kuttelngesicht haben würde.
    Am meisten
von allen im Raum bannte Shay meinen Blick. Er sah aus, als hätte er erhöhte
Temperatur: unruhig und rot im Gesicht, mit neuen Vertiefungen unter den
Wangenknochen und einem gefährlichen Glitzern in den Augen. Doch besonders
auffällig fand ich das, was er tat. Er saß breitbeinig in einem Sessel, wippte
heftig mit einem Knie und führte mit Trevor ein angeregtes Gespräch über Golf.
Menschen ändern sich, aber soweit ich wusste, war Shays Hass auf Golf nur unwesentlich
geringer als sein Hass auf Trevor. Der einzige Grund, dass er sich freiwillig
auf beides einlassen würde, war Verzweiflung. Shay - und das stufte ich als
nützliche Information ein - war in schlechter Verfassung.
    Wir
arbeiteten uns erbittert durch Mas kompletten Weihnachtsschmuckvorrat — stell
dich nie zwischen eine Mammy und ihre Christbaumanhänger. Es gelang mir, Holly
im Schutze von »Santa Baby« unbemerkt zu fragen: »Fühlst du dich wohl?«
    Sie sagte
tapfer: »Ganz toll«, und tauchte wieder in dem Rudel Cousinen unter, ehe ich
weitere Fragen stellen konnte. Das Kind eignete sich schnell die Sitten der
Eingeborenen an. Im Geist fing ich schon mal an, die Nachbesprechung vorzubereiten.
    Sobald Ma
sich vergewissert hatte, dass der Kitschlevel in den kritischen Bereich
vorgestoßen war, sagten Gavin und Trevor, sie wollten mit den Kindern nach
Smithfield auf den Weihnachtsmarkt. »Ein bisschen Ingwerkuchen ablaufen«, erklärte
Gavin und tätschelte sich den Bauch.
    »Mit
meinem Ingwerkuchen ist alles in Ordnung«, blaffte Ma. »Dass du fett geworden
bist, Gavin Keogh, hat nichts mit meiner Küche zu tun.« Gav nuschelte irgendwas
vor sich hin und warf Jackie einen gequälten Blick zu. Er versuchte auf seine
tollpatschige Art, taktvoll zu sein: wollte unserer Familie Gelegenheit geben,
ein bisschen ungestört zusammen zu sein, in dieser schwierigen Zeit. Carmel
packte die Kinder in Mäntel und Schals und Wollmützen - Holly geriet zwischen
Donna und Ashley in die Reihe hinein, als wäre sie eines von Carmels eigenen -,
und weg waren sie. Ich sah vom Wohnzimmerfenster aus zu, wie das

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