Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
Vom Netzwerk:
Besonderes. Hab ich recht, Carmel?«
    Die beiden
sahen sich an, überlegten angestrengt. Carmel schnäuzte sich die Nase. Sie
sagte: »Ich fand, Kevin war ein bisschen neben der Spur. Fandet ihr nicht?«
    Shay
schüttelte angewidert den Kopf und drehte sich demonstrativ halb von ihnen
weg, um sich von dem Gespräch zu distanzieren. Jackie sagte: »Ich fand, er
wirkte ganz in Ordnung. Er und Gav haben hier draußen Fußball mit den Kindern
gespielt.«
    »Aber er
hat geraucht. Nach dem Essen. Kevin raucht nie, außer er ist auf hundertachtzig,
sonst nie.«
    Und da
hatten wir's. Ungestörte Zweisamkeit war in Mas Haushalt Mangelware (Kevin
Mackey, was habt ihr zwei denn da zuflüstern, wenn das so interessant ist,
wollen wir's alle gern hören ...). Falls Kevin mit Shay hatte reden
wollen - und genau darauf hatte es der arme Trottel bestimmt angelegt, nachdem
ich ihm eine Abfuhr erteilt hatte; irgendwas Durchtriebeneres wäre ihm nie in
den Sinn gekommen —, hatte er ihm auf eine Zigarette raus auf die Stufen vorm
Haus folgen müssen.
    Kev hatte
es bestimmt total vermasselt, hatte an seiner Zigarette genuckelt und unsicher
herumgestammelt, um das gefährliche Durcheinander aus dem Kopf zu bekommen,
das ihm keine Ruhe mehr ließ. Und in der ganzen verlegenen Situation hatte
Shay reichlich Zeit gehabt, die Fassung wiederzugewinnen, und dann
wahrscheinlich laut aufgelacht: Ach du Schande, Mann, glaubst du
jetzt ernsthaft, ich hab Rosie Daly umgebracht? Da liegst du so was von
daneben. Wenn du wissen willst, wie es wirklich war ... Rascher
Blick nach oben zum Fenster, und die Zigarette wird auf der Treppe ausgedrückt. Aber nicht jetzt, keine Zeit. Wir treffen uns später noch mal, ja?
Komm zurück, nachdem du dich verabschiedet hast. Zu mir in die Wohnung können
wir nicht, weil Ma dann wissen will, worum's geht, und die Pubs sind dann schon
dicht, aber wir könnten uns in Nummer sechzehn treffen. Dauert auch nicht
lange.
    So hätte
ich das gemacht, an Shays Stelle, und es wäre wirklich ein Kinderspiel
gewesen. Kevin war bestimmt nicht begeistert davon, noch einmal in Haus Nummer
sechzehn zu gehen, schon gar nicht im Dunkeln, aber Shay war viel cleverer als
er, und Kevin hatte sich schon immer leicht überrollen lassen. Er wäre nie auf
die Idee gekommen, dass er vor seinem eigenen Bruder Angst haben sollte; nicht
diese Art von Angst. Für jemanden aus unserer Familie war Kev so arglos
gewesen, dass ich bei dem Gedanken schmerzhaft die Zähne zusammenbeißen
musste.
    Jackie
sagte: »Ich schwöre, Francis, es ist nichts vorgefallen. Es war wie heute. Erst
wurde Fußball gespielt, und dann haben wir gegessen und ein bisschen
ferngesehen ... Kevin war wirklich okay. Du darfst dir keine Vorwürfe machen.«
    Ich
fragte: »Hat er irgendwo angerufen? Ist er angerufen worden?«
    Shays
Augen huschten kurz zu mir rüber, verkniffen und prüfend, aber er hielt den
Mund. Carmel sagte: »Er und irgendein Mädchen haben sich dauernd gesimst -
Aisling heißt sie, glaube ich. Ich hab ihm gesagt, er soll sie nicht zappeln
lassen, aber er hat gesagt, ich hätte keine Ahnung, das wäre heutzutage alles
anders ... Er war ziemlich arrogant zu mir, ehrlich. Das meine ich ja mit
>neben der Spur<. Es war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen hab, und
...« Ihre Stimme hatte einen kleinlauten, verletzten Beiklang. Sie würde jeden
Moment wieder losheulen.
    »Sonst
keine Anrufe?«
    Jackie und
Carmel schüttelten den Kopf. Ich sagte: »Hmm.«
    Jackie
fragte: »Wieso, Francis? Was spielt das für eine Rolle?«
    »Kojak hat
eine Spur«, sagte Shay zum lilafarbenen Himmel hinauf. »Wo ist denn dein
Lolli?«
    Ich sagte:
»Lasst es mich mal so formulieren: Ich hab jede Menge unterschiedliche
Erklärungen dafür gehört, was mit Rosie passiert ist und was mit Kevin passiert
ist. Und mir gefällt keine einzige davon.«
    Jackie
sagte: »Wie denn auch?«
    Carmel
stach mit einem Fingernagel Farbblasen am Geländer auf. Sie sagte: »Unfälle
passieren immer wieder. Manchmal kommt einfach ein Unglück zum anderen, ohne
dass man sich das erklären kann. Verstehst du?«
    »Nein,
Melly, das versteh ich nicht. Das klingt für mich genau wie die vielen anderen
Erklärungen, die ich von verschiedenen Leuten gehört hab und die ich schlucken
sollte: Das ist ein großer stinkender Haufen Gülle, der weder für Rosie noch
für Kevin auch nur annähernd gut genug ist. Und ich hab absolut keine Lust, ihn
zu schlucken.«
    Carmel
sagte mit einer Gewissheit, die ihre Stimme

Weitere Kostenlose Bücher