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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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das zu erreichen, war dir
alles andere scheißegal. Deine Familie, ich, alles, was du uns schuldig warst,
alles, was wir uns versprochen hatten: alles scheißegal.«
    Ich sagte:
»Nur damit ich das richtig verstehe: Du regst dich über mich auf, weil ich
niemanden getötet habe?«
    Seine
Lippe zog sich in blankem Ekel nach oben. Diesen Ausdruck hatte ich tausendmal
auf seinem Gesicht gesehen, als wir noch klein waren und ich versuchte, mit ihm
mitzuhalten. »Komm mir nicht so. Ich reg mich über dich auf, weil du denkst,
dass du deshalb besser bist als ich. Aber jetzt hör mal gut zu: Vielleicht
glauben ja deine Bullenfreunde, dass du einer von den Guten bist, vielleicht
kannst du dir das sogar selbst einreden, aber ich weiß es besser. Ich weiß, was
du bist.«
    Ich sagte:
»Alter, ich garantiere dir, du hast nicht den blassesten Schimmer, was ich
bin.«
    »Ach nein?
Ich weiß immerhin so viel: Deshalb bist du zur Polizei gegangen. Wegen dem, was
wir in dem Frühjahr damals fast getan hätten. Und wie du dich dabei gefühlt
hast.«
    »Du
meinst, ich hatte plötzlich das Verlangen, für meine frevelhafte Vergangenheit
Buße zu tun? Diese rührselige Seite an dir ist ja ganz niedlich, aber nein. Da
muss ich dich leider enttäuschen.«
    Shay
lachte laut auf, eine wilde Explosion, durch die seine Zähne zum Vorschein
kamen und er wieder aussah wie der leichtsinnige, zügellose Teenager von
damals. »Buße tun, von wegen. Doch nicht unser Francis, nicht in einer Million
Jahre. Nein: Wer eine Dienstmarke hat, hinter der er sich verstecken kann,
kommt doch mit allem durch. Erzähl schon, Detective, ich würd's für mein Leben
gern wissen. Womit bist du schon alles davongekommen, im Laufe der Jahre?«
    Ich sagte:
»Krieg das endlich in deinen schwerfälligen Schädel: Dein ganzes Hätte, Wenn
und Aber kannst du dir sparen. Ich habe nichts getan. Ich könnte in jedes
Polizeirevier dieses Landes spazieren und alles haarklein gestehen, was wir
damals geplant hatten, und das Einzige, womit ich mir Schwierigkeiten
einhandeln würde, wäre die Tatsache, dass ich der Polizei die Zeit stehle. Wir
sind nicht die Kirche: Bei uns kommst du nicht gleich in die Hölle, nur weil du
böse Gedanken hattest.«
    »Nein? Sag
mir, dass dieser Monat, in dem wir alles geplant haben, dich nicht verändert
hat. Sag mir, dass du dich hinterher nicht irgendwie anders gefühlt hast. Na
los.«
    Dad sagte
oft - Sekunden, bevor er dann losschlug -, dass Shay nie wüsste, wann Schluss
sei. Ich sagte, und meine Stimme hätte ihn warnen sollen: »Herr im Himmel, du
versuchst doch nicht etwa gerade, mir die Schuld dafür zu geben, dass du Rosie
umgebracht hast.«
    Wieder
dieses Lippenzucken, irgendwo zwischen nervösem Tick und Zähnefletschen. »Ich
sage nur eins: Ich lasse mich nicht in meinen eigenen vier Wänden von dir so
selbstgerecht abfertigen, wo du kein bisschen anders bist als ich.«
    »Doch,
Alter, ich bin anders. Wir hatten ein paar interessante Gespräche, du und ich,
aber wenn es um die tatsächlichen Fakten geht, dann ist nun mal Fakt, dass ich
Dad nie ein Haar gekrümmt habe, und dann ist ebenfalls Fakt, dass du zwei
Menschen ermordet hast. Vielleicht bin ich ja verrückt, aber ich sehe da einen
gewissen Unterschied.«
    Seine
Kinnbacken mahlten wieder. »Ich habe Kevin nichts getan. Nichts.«
    Mit
anderen Worten, die Zeit der Vertraulichkeiten war vorüber. Nach einem Moment
sagte ich: »Vielleicht verlier ich ja allmählich den Verstand, aber ich krieg
langsam das Gefühl, du erwartest von mir, dass ich einfach freundlich lächelnd
nicke und weggehe. Tu mir bitte einen Riesengefallen: Sag mir, dass ich mich
irre.«
    Das
hasserfüllte Glitzern lag wieder in Shays Augen, blank und seelenlos wie
Wetterleuchten. »Schau dich mal um, Detective. Fällt dir nichts auf? Du bist
wieder genau da, wo du angefangen hast. Deine Familie braucht dich wieder, du
bist uns immer noch was schuldig, und diesmal wirst du bezahlen. Aber du hast
Glück. Falls du keine Lust hast, hierzubleiben und deine Pflicht zu tun,
brauchst du nur eins zu machen, nämlich einfach zu gehen.«
    Ich sagte:
»Wenn du auch nur eine Sekunde lang glaubst, ich lasse dich ungeschoren
davonkommen, dann bist du noch verrückter, als ich dachte.«
    Die sich
bewegenden Schatten verwandelten sein Gesicht in eine animalisch verzerrte
Fratze. »Tatsächlich? Dann beweis es doch, du Schwein. Kevin ist nicht mehr da.
Er kann nicht mehr aussagen, dass ich in jener Nacht unterwegs war. Deine

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