Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
Vom Netzwerk:
Holly
ist aus besserem Holz geschnitzt als du, die wird ihre Familie nicht
verpfeifen; und selbst wenn du sie dazu zwingst, du glaubst ihr ja vielleicht
jedes Wort, aber andere Leute sehen das eventuell anders. Verpiss dich zu
deinen Bullenfreunden und lass dir von denen einen blasen, bis du dich wieder
besser fühlst. Du hast nichts in der Hand.«
    Ich sagte:
»Ich weiß gar nicht, wie du daraufkommst, dass ich irgendwas beweisen will.«
Dann rammte ich Shay den Tisch in den Bauch. Er ächzte und kippte mitsamt dem
Tisch nach hinten, so dass Gläser und Aschenbecher und Whiskeyflasche zu Boden
polterten. Ich trat meinen Stuhl beiseite und hechtete auf Shay. Und erst in
dem Moment wurde mir klar, dass ich in die Wohnung gekommen war, um ihn zu
töten.
    Eine
Sekunde später, als er die Flasche gepackt hatte und sie gegen meinen Kopf
schwang, wurde mir klar, dass auch er mich töten wollte. Ich duckte mich zur
Seite, spürte, wie mir die Schläfe aufplatzte, doch obwohl ich plötzlich Sterne
sah, bekam ich seine Haare zu fassen und knallte seinen Kopf auf den Boden, bis
er den Tisch einsetzte, um mich von sich runterzustoßen. Ich flog nach hinten
und landete hart auf dem Rücken. Er sprang auf mich drauf, und wir wälzten uns
hin und her, versuchten mit allem, was wir hatten, die Deckung des anderen zu
durchbrechen. Er war ebenso stark wie ich und genauso wütend, und keiner von
uns konnte den anderen loslassen. Wir waren eng aneinandergepresst, wie
Liebende, Wange an Wange. Die Nähe und die anderen gleich unter uns und
neunzehn Jahre Übung dämpften uns fast bis zur Lautlosigkeit: Die einzigen
Geräusche waren schweres Atmen und die dumpfen Schläge auf Fleisch, wenn einer
einen Treffer landete. Ich roch Palmolive-Seife, direkt aus unserer Kindheit,
und den dampfend heißen Geruch animalischer Wut.
    Er
versuchte, mir ein Knie in den Unterleib zu rammen und sich dann abzustoßen, um
auf die Beine zu kommen, aber er traf daneben, und ich war schneller. Ich
konnte seinen Arm nach hinten drehen, warf ihn auf den Rücken und versetzte ihm
einen Kinnhaken. Als er wieder klar sehen konnte, hatte ich schon ein Knie auf
seiner Brust, meine Pistole gezogen und den Lauf auf seine Stirn gedrückt,
genau zwischen die Augen.
    Shay wurde
starr wie Eis. Ich sagte: »Der Verdächtige wurde darüber in Kenntnis gesetzt,
dass er wegen dringenden Mordverdachts vorläufig festgenommen ist, und über
seine Rechte aufgeklärt. Er reagierte, indem er mir sagte, Zitat: Verpiss dich,
Zitat Ende. Ich erklärte, dass der Vorgang problemloser ablaufen würde, wenn er
sich kooperativ verhielte, und forderte ihn auf, mir seine Handgelenke
hinzuhalten, um ihm Handschellen anlegen zu können. Daraufhin wurde der Verdächtige
wütend und griff mich an, wobei er mich an der Nase traf, siehe beiliegendes
Foto. Ich versuchte, mich aus der Situation zurückzuziehen, doch der
Verdächtige versperrte mir den Ausgang. Ich zog meine Dienstwaffe und forderte
ihn auf, beiseite zu treten. Der Verdächtige weigerte sich.«
    »Dein
eigener Bruder«, sagte Shay leise. Er hatte sich auf die Zunge gebissen, und
Blut blubberte ihm beim Sprechen auf die Lippen. »Du mieses kleines Arschloch.«
    »Musst du
gerade sagen.« Mich durchfuhr eine so jähe und gewaltige Wut, dass
ich fast vom Boden abhob. Um ein Haar hätte ich abgedrückt, was ich erst
merkte, als ich sah, wie ihm die Angst in die Augen schoss. Sie schmeckte wie
Champagner. »Der Verdächtige beschimpfte mich weiter und erklärte wiederholt,
Zitat: Ich bring dich um, Zitat Ende, sowie, Zitat: Ich geh in kein
Scheißgefängnis, da sterbe ich eher, Zitat Ende. Ich versuchte, ihn zu
beruhigen, indem ich ihm versicherte, die Situation könne friedlich gelöst
werden, und ich forderte ihn erneut auf, mit mir aufs Revier zu kommen, um die
Sachlage in einer sicheren Umgebung zu erörtern. Er befand sich in einem
Zustand extremer Erregung und schien gar nicht zu registrieren, was ich sagte.
Zu diesem Zeitpunkt befürchtete ich bereits, dass der Verdächtige unter dem
Einfluss eines Rauschmittels stand, möglicherweise Kokain, oder dass er unter
Bewusstseinstrübung litt, da sein Verhalten irrational war und er äußerst
unberechenbar wirkte -«
    Er
knirschte mit den Zähnen. »Jetzt stellst du mich auch noch als Irren hin. So
soll ich also in Erinnerung bleiben.«
    »Mir sind
alle Mittel recht. Ich unternahm etliche vergebliche Versuche, den
Verdächtigen dazu zu bewegen, sich hinzusetzen, um die Situation

Weitere Kostenlose Bücher