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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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blau, von einem weißglühenden Hass erleuchtet, der mich fast
umgehauen hätte. »Du riskierst eine ziemliche Lippe, du kleiner Wichser, weißt
du das? Eine verdammt große Lippe. Spiel dich nicht so auf. Ausgerechnet du.«
    Langsam
rotteten sich die Schatten in den Ecken zu undurchdringlichen dunklen Klumpen
zusammen. Shay sagte: »Hast du gedacht, ich würde es vergessen, nur weil es dir
in den Kram passt?«
    Ich sagte:
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Doch,
weißt du. Mich einen Mörder zu nennen -«
    »Ich geb
dir mal einen kleinen Tipp. Wenn du nicht gern Mörder genannt wirst, solltest
du niemanden umbringen.«
    »— wo du
genauso gut weißt wie ich, dass du keinen Deut besser bist. Der tolle Typ, der
hier mit seiner Dienstmarke und seinem Bullengetue und seinen Bullenfreunden
auftaucht - du kannst ja allen was vormachen, dir selbst was vormachen,
meinetwegen, aber mir machst du nichts vor. Du bist
genau wie ich. Haargenau wie ich.«
    »Nein, bin
ich nicht. Und ich erklär dir auch, wieso: Ich habe noch nie jemanden ermordet.
Ist das für dich zu kompliziert?«
    »Weil du
so ein guter Junge bist, ja, ein richtiger Heiliger? Was für ein Schwachsinn,
ich könnte glatt kotzen. Das hat nichts mit Moral zu tun, mit Gutmensch-Sein.
Du hast bloß aus einem einzigen Grund noch niemanden umgebracht: weil dein
Schwanz dein Gehirn ausgeschaltet hat. Wenn du nicht dermaßen scharf auf deine
Tussi gewesen wärst, dann wärst du jetzt ein Mörder.«
    Stille,
nur die Schatten brodelten und wogten in den Ecken, und vom Fernseher drang
hirnloses Gefasel herauf. Um Shays Mund war ein leises, schreckliches Grinsen,
wie ein Krampf. Dieses eine Mal fiel mir absolut keine Erwiderung ein.
    Ich war
achtzehn, er war neunzehn. Es war ein Freitagabend, und ich verpulverte mein
bisschen Arbeitslosengeld im Blackbird, wo ich
eigentlich gar nicht sein wollte. Ich wäre viel lieber mit Rosie tanzen
gegangen, aber da hatte Matt Daly seiner Tochter schon verboten, auch nur in
die Nähe von Jimmy Mackeys Sohn zu kommen. Also liebte ich Rosie still und
heimlich, was mir von Woche zu Woche schwerer fiel, und fühlte mich wie ein
Tier im Käfig, immerzu auf der Suche nach irgendeiner Möglichkeit, irgendwas,
egal was, zu ändern. Wenn ich es an manchen Abenden gar nicht mehr aushielt,
ließ ich mich so volllaufen, wie ich es mir leisten konnte, und provozierte
dann Schlägereien mit irgendwelchen Typen, die stärker waren als ich.
    Alles lief
nach Plan, ich war gerade an die Theke gegangen, um mir mein sechstes oder
siebtes Bier zu holen, und zog einen Barhocker ran, auf den ich mich stützen
wollte, während ich darauf wartete, bestellen zu können - der Barmann war am
anderen Ende in ein tiefschürfendes Gespräch über Autorennen verwickelt -, als
eine Hand auftauchte und mir den Barhocker wegriss.
    Na los, sagte Shay
und schwang ein Bein über den Hocker. Geh nach Hause.
    Leck mich.
Ich war gestern Abend da.
    Na und?
Dann eben heute noch mal. Ich bin letztes Wochenende zweimal da gewesen. Du
bist dran.
    Er kommt jeden Moment nach Hause. Geh. Zwing mich doch.
    Was nur
dazu geführt hätte, dass wir beide rausgeflogen wären. Shay beäugte mich kurz,
um zu sehen, ob es mir ernst war. Dann warf er mir einen angewiderten Blick zu,
rutschte vom Hocker und nahm noch einen tiefen Schluck von seinem Bier. Tonlos,
wutschnaubend, zu niemand Bestimmtem: Wenn wir beide auch nur ein
bisschen Mumm hätten, würden wir uns diesen Scheiß nicht mehr gefallen lassen
...
    Ich sagte: Wir würden ihn loswerden.
    Shay
erstarrte in der Bewegung, seinen Kragen hochzuklappen, und starrte mich an. Du meinst,
ihn rausschmeißen?
    Nein. Ma
würde ihn doch sofort wieder reinlassen. Heiligkeit der Ehe und der ganze
Scheiß.
    Was denn
dann?
    Wie ich
gesagt hab. Ihn loswerden.
    Nach einem
Moment: Du meinst das ernst.
    Das war
mir selbst nicht richtig klar gewesen, nicht, ehe ich den Ausdruck auf seinem
Gesicht sah. Ja, klar.
    Um uns
herum toste der Pub, bis zur Decke angefüllt mit Lärm und warmen Gerüchen und
Männerlachen, Doch der winzigkleine Kreis zwischen uns beiden war still wie
Eis. Ich war schlagartig stocknüchtern.
    Du hast
schon darüber nachgedacht.
    Du etwa
nicht?
    Shay zog
den Hocker ran und setzte sich wieder, ohne mich aus den Augen zu lassen. Wie?
    Ich
blinzelte nicht: Ein Wimpernzucken, und er hätte das Ganze als Kindergeschwätz
abgetan, wäre gegangen und hätte unsere Chance mitgenommen. An wie
vielen Abenden die Woche kommt er hackevoll

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