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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Die haben ein Au-pair-Mädchen. Hast du so was schon mal gehört? Ein
junges Ding aus Russland oder so. Den Namen von der werd ich wohl mein Lebtag
nicht aussprechen können. Das Kind ist erst ein Jahr alt, Gott steh ihm bei,
und es kriegt seine Mammy oder seinen Daddy die ganze Woche nicht zu sehen. Da
frag ich mich doch, wieso sie sich überhaupt eins angeschafft haben.«
    Ich gab an
den richtigen Stellen schockierte Laute von mir. »Was ist aus den Halleys
geworden und Mrs Mulligan?«
    »Die
Halleys sind nach Tallaght gezogen, als der Vermieter das Haus verkauft hat.
Ich hab euch fünf hier in dieser Wohnung großgezogen, und ich hab dafür kein
Au-pair-Mädchen gebraucht. Ich wette, die Frau hat sich 'ne Epiduralspritze geben
lassen, als sie das Kind gekriegt hat.« Ma haute ein weiteres Ei in die
Pfanne.
    Dad
blickte von seinen Würstchen hoch. »Was glaubst du eigentlich, was für ein Jahr
wir haben?«, fragte er mich. »Mrs Mulligan ist vor fünfzehn Jahren gestorben.
Die Alte war neunundachtzig.«
    Das lenkte
Ma von den Epiduralyuppies ab; Ma liebt Todesfälle. »Ja, und rate mal, wer
noch gestorben ist.« Kevin verdrehte die Augen.
    »Wer
denn?«, fragte ich ergeben.
    »Mr Nolan.
War sein ganzes Leben lang nicht einen Tag krank und fällt mitten in der Messe
tot um, auf dem Weg zurück von der Kommunion. Schwerer Herzanfall. Ist das zu
fassen?«
    Gut
gemacht, Mr Nolan: Das war meine Gelegenheit. »Wie schrecklich«, sagte ich.
»Gott hab ihn selig. Ich war früher ganz gut mit Julie Nolan befreundet. Was
ist aus der geworden?«
    »Nach Sligo
gezogen«, sagte Ma mit düsterer Genugtuung, als läge das Städtchen in Sibirien.
Sie kratzte märtyrerhaft eine bescheidene Frühstücksportion auf ihren Teller
und setzte sich zu uns an den Tisch. Sie bewegte sich schlurfend, als hätte sie
Hüftprobleme. »Als die Fabrik dahin verlegt wurde. Sie ist zur Beerdigung
hergekommen; ihr Gesicht ist runzlig wie ein Elefantenhintern, von zu viel
Sonnenbank. Wo gehst du denn jetzt zur Messe, Francis?«
    Dad
schnaubte. »Mal hier, mal da«, sagte ich. »Was ist mit Mandy Cullen, wohnt die
noch hier? Die kleine Dunkle, die ein Auge auf Shay geworfen hatte?«
    »Hatten
doch alle ein Auge auf Shay geworfen«, sagte Kevin grinsend. »Als ich in das
Alter kam, hab ich bei all den Mädchen geübt, die bei Shay nicht landen
konnten.«
    Dad sagte:
»Kleine Hurenböcke, alle, wie ihr da seid.« Ich glaube, das war nett gemeint
von ihm.
    »Und was
hat er davon gehabt? Seht ihn euch doch an«, sagte Ma. »Mandy hat einen netten
Mann von der New Street geheiratet und heißt jetzt Mandy Brophy. Die haben zwei
Kinder und ein Auto. Sie könnte jetzt unsere Schwiegertochter sein, wenn Shay
sich nur mal ein bisschen mehr ins Zeug gelegt hätte. Und du, junger Mann« -
sie richtete ihre Gabel auf Kevin -, »du wirst genauso enden wie er, wenn du
nicht aufpasst.«
    Kevin
konzentrierte sich auf seinen Teller. »Mir geht's gut.«
    »Früher
oder später musst du Vernunft annehmen. Du kannst nicht ewig glücklich sein.
Wie alt bist du jetzt?«
    Aus dieser
speziellen Standpauke ausgeschlossen zu sein war ein wenig beunruhigend, nicht
dass ich mich vernachlässigt fühlte, aber ich fragte mich erneut, wie viel
Verlass auf Jackies Mundwerk war. Ich fragte: »Lebt Mandy noch hier? Ich sollte
mal hallo sagen, wo ich schon da bin.«
    »Noch
immer in Nummer neun«, erwiderte Ma prompt. »Mr und Mrs Cullen haben das
Erdgeschoss, Mandy und ihre Familie die beiden oberen Etagen. So kann sie sich
um ihre Mammy und ihren Daddy kümmern. Ist ein tolles Mädchen, die Mandy.
Bringt ihre Mammy jeden Mittwoch zu ihrem Arzttermin, wegen ihrer Knochen, und zu
ihrem Freitagstermin wegen —«
    Zunächst
nahm ich bloß einen leisen Riss im stetigen Rhythmus des Regens wahr, irgendwo
die Straße rauf. Ich hörte Ma nicht mehr zu. Platschende Schritte näherten
sich, von mehr als zwei Beinen; Stimmen. Ich legte Messer und Gabel hin und
trat eilig ans Fenster (»Francis Mackey, was in Gottes Namen ist denn in dich
gefahren?«), und nach all den Jahren ging Nora Daly noch immer genau wie ihre
Schwester.
    Ich sagte:
»Ich brauche einen Müllbeutel.«
    »Ich habe
extra für dich gekocht«, blaffte Ma und deutete mit ihrem Messer auf meinen
Teller. »Du setzt dich gefälligst wieder hin und isst auf.«
    »Ich ess
es später. Wo habt ihr die Müllbeutel?«
    Ma hatte
ihr Vielfachkinn gesenkt, bereit zum Kampf. »Ich hab keine Ahnung, wie du
inzwischen lebst, aber unter meinem

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