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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Dach wird kein gutes Essen verschwendet.
Iss auf, dann kannst du mich noch mal fragen.«
    »Ma, dafür
hab ich keine Zeit. Die Dalys sind da.« Ich zog die Schublade auf, wo früher
die Müllbeutel lagen: voll mit irgendwelchen gefalteten, spitzenverzierten
Dingern.
    »Mach
sofort die Schublade zu! Du wohnst hier schließlich nicht mehr -«
    Kevin,
cleverer Junge, der er war, hielt den Kopf schön unten. »Wie kommst du darauf,
dass die Dalys deine hässliche Visage sehen wollen?«, fragte Dad. »Die denken
wahrscheinlich, du bist an allem schuld.«
    »— kommst
hier reinspaziert wie Graf Koks —«
    »Wahrscheinlich«,
pflichtete ich bei, während ich weitere Schubladen aufriss, »aber ich werde
ihnen trotzdem den Koffer zeigen, und ich will nicht, dass er nass wird. Wo
zum Teufel -« Ich fand lediglich Unmengen von Möbelpolitur.
    »Nicht in
dem Ton! Hältst dich wohl für zu fein für ein anständiges
Frühstück von mir -«
    Dad sagte:
»Warte, bis ich mir die Schuhe angezogen hab, dann komm ich mit. Ich möchte
Matt Dalys Gesicht sehen.«
    Und Olivia
wollte, dass Holly das hier kennenlernte. »Nein, danke«, sagte ich.
    »Was isst
du denn sonst zum Frühstück? Kaviar?«
    »Frank«,
sagte Kevin, der es nicht länger aushielt. »Unter der Spüle.«
    Ich öffnete
den Schrank, und, Gott sei Dank, da war er, der Heilige Gral: eine Rolle
Müllbeutel. Ich riss einen ab und hastete Richtung Wohnzimmer. Auf dem Weg
dorthin fragte ich Kevin: »Hast du Lust mitzukommen?« Dad hatte recht, die
Dalys waren ganz bestimmt keine Fans von mir, aber gegen Kevin hatte keiner
was, zumindest früher nicht.
    Kevin
schob seinen Stuhl zurück. »Und ob, Mann«, sagte er.
    Im
Wohnzimmer stülpte ich den Müllbeutel, so vorsichtig ich konnte, über den
Koffer. »Du liebe Zeit«, sagte ich. Ma zeterte noch immer (»Kevin Vincent
Mackey! Du bewegst deinen Hintern auf der Stelle wieder hierher und -«). »Das
ist ja 'n noch schlimmeres Irrenhaus als früher.«
    Kevin
zuckte die Achseln und zog sich seine Jacke an. »Die kriegen sich wieder ein,
sobald wir zur Tür raus sind.«
    »Hab ich
gesagt, ihr dürft vom Tisch aufstehen? Francis! Kevin! Hört ihr mir überhaupt
zu?«
    »Halt
endlich den Rand«, sagte Dad zu Ma. »Ich will in Ruhe frühstücken.«
    Er wurde
nicht laut, noch nicht jedenfalls, doch als ich seinen Tonfall hörte, biss ich
unwillkürlich die Zähne zusammen, und ich sah, wie sich Kevins Augen eine
Sekunde lang schlossen. »Komm, beeilen wir uns«, sagte ich. »Ich will Nora noch
erwischen, ehe sie wieder nach Hause fährt.«
    Ich trug
den Koffer behutsam mit beiden Armen nach unten, hielt ihn gerade, um das
Beweismaterial zu schonen. Kevin hielt für mich die Türen auf. Die Straße war
leer. Die Dalys waren in Nummer 3 verschwunden. Der Wind fegte die Straße
herunter und drückte mir gegen die Brust, wie eine riesige Hand, die mich am
Weitergehen hindern wollte.
     
    Soweit ich
zurückdenken kann, konnten meine Eltern und die Dalys sich gegenseitig auf den
Tod nicht ausstehen. Die Gründe dafür waren unklar und so vielfältig, dass
jeder Außenstehende, der versucht hätte, sie nachzuvollziehen, einen
Schlaganfall bekommen hätte. Damals, als Rosie und ich frisch zusammen waren,
hörte ich mich vorsichtig um, wollte dahinterkommen, wieso unsere Freundschaft
Mr Daly dermaßen auf die Palme brachte, doch ich bin mir einigermaßen sicher,
dass ich nur die Spitze des Eisbergs zu sehen bekam. Zum Teil rührten die
Animositäten daher, dass die Daly-Männer bei Guinness arbeiteten, wodurch sie
was Besseres waren als wir Übrigen: sicherer Job, gute Sozialleistungen,
Aufstiegschancen. Rosies Dad besuchte Abendkurse, redete davon, sich vom
Fließband weg hochzuarbeiten. Von Jackie wusste ich, dass er inzwischen
irgendeine Aufseherposition ergattert hatte und dass die Dalys Nummer 3 von
ihrem Vermieter gekauft hatten. Meine Eltern konnten Leute mit Allüren nicht
leiden; die Dalys konnten arbeitslose, alkoholsüchtige Nichtsnutze nicht
leiden. Laut meiner Ma war auch ein gewisser Neid im Spiel - sie hatte uns
fünf ohne Probleme in die Welt gesetzt, während Theresa Daly nur die zwei
Mädchen, aber keinen Sohn für ihren Mann zustande gebracht hatte -, doch wenn
man zu lange bei dem Thema blieb, fing sie irgendwann an, über Mrs Dalys
Fehlgeburten zu reden.
    Ma und Mrs
Daly sprachen immerhin noch miteinander, überwiegend. Frauen giften sich lieber
aus nächster Nähe an, wo sich mit wenig Aufwand eine größere Wirkung

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