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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Zimmer.
Ich hatte als Einzige von uns ein eigenes Zimmer. Da haben wir uns immer getroffen.
Imelda und ich haben uns die Haare gemacht, toupiert auf Teufel komm raus -
Gott, wie wir aussahen, und dann noch dieser türkise Lidschatten, erinnerst du
dich? Wir haben gedacht, wir wären die Bangles und Cyndi Lauper und Bananarama
zusammengenommen.«
    »Ihr wart
schön«, sagte ich und meinte es ehrlich. »Ihr alle drei. Die hübschesten
Mädchen, die ich je gesehen habe.«
    Sie sah
mich an und rümpfte die Nase - »Du alter Schmeichler« -, aber mit den Augen
war sie noch immer woanders. »Wir haben Rosie aufgezogen, sie gefragt, ob sie
ins Kloster gehen will, gesagt, eine Nonnentracht würde ihr gut stehen und ob
sie etwa auf Father McGrath stünde ... Rosie hat auf meinem Bett gelegen, die
Decke angestarrt und an einem Fingernagel gekaut - du weißt ja, wie sie das
immer gemacht hat? Nur an dem einen Fingernagel?«
    Der Nagel
des rechten Zeigefingers, an dem kaute sie, wenn sie angestrengt nachdachte. In
den letzten paar Monaten, als wir unsere Pläne schmiedeten, hatte sie ihn ein
paarmal blutig gekaut. »Ich erinnere mich«, sagte ich.
    »Ich hab
sie beobachtet, im Spiegel von meiner Frisierkommode. Das war Rosie, die ich
von klein auf kannte, und mit einem Mal sah sie aus wie ein neuer Mensch. Als
wäre sie älter als wir, als wäre sie schon halb weg, irgendwo anders. Ich hatte
das Gefühl, als sollten wir ihr irgendwas geben - eine Abschiedskarte oder
vielleicht eine Christopherusplakette. Irgendwas für eine sichere Reise.«
    Ich
fragte: »Hast du das irgendwem erzählt?«
    »Du
spinnst wohl«, sagt Mandy, schnell und mit spitzer Stimme. »Ich hätte sie doch
nie im Leben verpfiffen. Das solltest du eigentlich wissen.«
    Sie setzte
sich gerader hin, blickte gereizt. »Weiß ich doch, Liebes«, sagte ich und
lächelte sie an. »Ich wollte bloß auf Nummer sicher gehen, Macht der
Gewohnheit. Nimm's mir nicht krumm.«
    »Ich hab
mit Imelda geredet, klar. Wir haben uns beide gedacht, dass ihr durchbrennen
wolltet. Wir fanden das total romantisch — Teenies, du weißt ja ... Aber ich
habe mit niemandem sonst drüber gesprochen, auch nicht danach. Wir waren auf
eurer Seite, Francis. Wir wollten, dass ihr glücklich seid.«
    Für einen
Sekundenbruchteil war mir, als brauchte ich mich nur umzudrehen, um sie dort im
Nebenzimmer zu sehen: drei Mädchen, unruhig auf dem schmalen Grat, wo alles
unmittelbar bevorsteht, schillernd vor Türkis und Begeisterung und
Möglichkeiten. »Danke, Mandy«, sagte ich. »Ich weiß das wirklich zu schätzen.«
    »Ich habe
keine Ahnung, warum sie es sich anders überlegt hat. Sonst würde ich es dir
sagen. Ihr zwei wart wie füreinander geschaffen. Ich hab echt gedacht ...«
Ihre Stimme erstarb.
    »Ja«,
sagte ich. »Ich auch.«
    Mandy
sagte leise: »Gott, Francis ...« In den Händen hielt sie noch immer denselben
kleinen Uniformrock, reglos, und ihre Stimme war durchzogen von einer ruhigen,
unüberwindlichen Trauer. »Gott, ist das schrecklich lange her, was?«
    Draußen
auf der Straße war es still, von oben im Haus erklang nur das Singsanggemurmel
eines der kleinen Mädchen, das dem anderen etwas erklärte, und eine Windböe
trieb Nieselregen gegen die Fenster. »Stimmt«, sagte ich. »Ich weiß nicht, wo
die Zeit geblieben ist.«
    Ich
erzählte es ihr nicht. Das sollte meine Ma übernehmen, die das in vollen Zügen
genießen würde. Wir umarmten uns zum Abschied an der Tür, und ich gab Mandy
einen Kuss auf die Wange und versprach, bald mal wieder vorbeizuschauen. Sie
roch nach süßen gefahrlosen Dingen, die ich seit Jahren nicht gerochen hatte,
Pfirsichseife und Vanillepudding und billiges Parfüm.
     
    5
     
    kevin lehnte am geländer vor unserer Haustür und sah aus
wie früher, als wir Kinder waren, wenn er nicht mitspielen durfte, weil er zu
klein war, bloß dass er jetzt ein Handy hatte und im Blitztempo eine SMS
schrieb. »Freundin?«, sagte ich und nickte Richtung Handy.
    Er zuckte
die Achseln. »Irgendwie schon, ja. Nichts Ernstes. Ich will mich noch nicht
fest binden.«
    »Das
heißt, du hast so einiges am Laufen. Kev, du Schwerenöter.«
    Er
grinste. »Na und? Die wissen alle, was Sache ist. Die wollen doch auch nichts
Festes; wir haben bloß Spaß. Daran ist doch nichts auszusetzen.«
    »Nicht das
Geringste«, pflichtete ich bei, »aber ich dachte, du wolltest Ma in Schach
halten, statt deine aktuelle Spaßbringerin vollzusäuseln. Was ist daraus
geworden?«
    »Ich

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