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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Ich dachte nur, sie hätte vielleicht mit dir und
Imelda gesprochen.«
    »Oh, nein.
Gott, nein. So was hat sie mit keinem Wort erwähnt. Ich denke, sie hätte was
gesagt, aber ... absolut sicher kann man sich da natürlich nicht sein, oder?«
Mandy dachte nach und strich währenddessen einen kleinen blauen Schuluniformrock
auf dem Schoß glatt. »Ich würde sagen, er hat ihr nie ein Haar gekrümmt«, sagte
sie schließlich. »Und das sag ich jetzt nicht nur, weil du es hören willst. Ein
Teil von Mr Dalys Problem war, dass er einfach nicht geschnallt hat, dass Rosie
erwachsen geworden war, weißt du, was ich meine? Als sie an dem Samstag bei mir
war, nachdem er sie abgefangen hatte, als sie so spät nach Hause gekommen war,
wollten wir drei eigentlich in die Apartments, der Club,
weißt du noch? -, und Rosie konnte nicht mit, weil ihr Dad ihr die Schlüssel
weggenommen hat, im Ernst. Als wäre sie ein Kind, keine erwachsene Frau, die
jede Woche ihren Lohn auf den Tisch gelegt hat. Er hat gesagt, er würde die Tür
um Punkt sieben abschließen, und wenn sie bis dahin nicht zu Hause wäre,
könnte sie auf der Straße schlafen - und du weißt selbst, bis elf war in den Apartments tote Hose. Verstehst du, was ich sagen will? Wenn er sich über sie
geärgert hat, hat er sie nicht geschlagen; er hat sie sozusagen in die Ecke
geschickt, wie ich es mit meinen Töchtern mache, wenn sie frech sind.«
    Und mir
nichts, dir nichts war Mr Daly nicht mehr mein Hauptverdächtiger, es war für
mich nicht mehr vordringlich, einen Durchsuchungsbeschluss für seinen Garten zu
bekommen, und in der Kuschelecke von Mandys trautem Heim zu sitzen hatte
seinen Reiz verloren. Wenn Rosie nicht zur Haustür herausgekommen war, dann
nicht unbedingt deshalb, weil sie mir aus dem Weg gehen wollte oder weil Daddy
sie in flagranti erwischt und in einem melodramatischen Moment zu dem
berühmten stumpfen Gegenstand gegriffen hatte. Der Grund konnte einfach der gewesen
sein, dass Daddy ihr keine Wahl gelassen hatte. Haustüren wurden nachts
abgeschlossen, aber Hintertüren hatten innen einen Riegel, damit man, ohne
umständlich nach einem Schlüssel zu suchen, zum Außenklo konnte. Ohne ihre
Schlüssel spielte es keine Rolle, ob Rosie vor mir weg oder in meine Arme
laufen wollte: Sie hatte zur Hintertür rausgemusst, über Mauern und durch die
Gärten. Der Kreis der möglichen Verdächtigen weitete sich über Nummer 3 hinaus
aus.
    Und die
Chance, an dem Koffer Fingerabdrücke zu sichern, verringerte sich. Falls Rosie
gewusst hatte, dass sie über Gartenmauern würde kraxeln müssen, hatte sie den
Koffer bestimmt im Voraus versteckt, um ihn später abzuholen. Und falls sie
vorher von jemandem abgefangen worden war, hatte der womöglich gar nichts von
der Existenz des Koffers gewusst.
    Mandy
beobachtete mich ein wenig beunruhigt, überlegte wohl, ob ich verstanden hatte,
was sie meinte. »Leuchtet ein«, sagte ich. »Obwohl ich mir nicht vorstellen
kann, dass Rosie das so ohne weiteres hingenommen hat. Hatte sie irgendwas vor?
Vielleicht ihrem Dad die Schlüssel wieder abzuluchsen?«
    »Nichts
dergleichen. Deshalb hatten wir ja so ein Gefühl, dass irgendwas im Busch war.
Ich und Imelda haben zu ihr gesagt: >Pfeif auf ihn, komm trotzdem mit, wenn
er dich aussperrt, kannst du hier schlafen.< Aber sie hat nein gesagt, sie
wollte ihn bei Laune halten. Wir haben gesagt: >Sag dir doch einfach, der
kann mich mal< - wie du gesagt hast, das sah ihr gar nicht ähnlich. Und
Rosie hat gesagt: >Ist ja nicht mehr lang.< Da sind wir natürlich
hellhörig geworden. Wir zwei haben sie gleich gelöchert, was sie vorhätte,
aber sie wollte nichts sagen. Sie hat so getan, als hätte sie bloß gemeint, ihr
Dad würde ihr die Schlüssel bestimmt schon bald zurückgeben, aber wir beide
wussten, dass mehr dahintersteckte. Wir wussten nicht genau, was, bloß, dass
irgendwas Großes passieren würde.«
    »Ihr habt
nicht nachgebohrt? Was sie geplant hatte, wann, ob es was mit mir zu tun
hatte?«
    »Aber klar
doch. Wir haben keine Ruhe gegeben — ich habe sie angeknufft und so, und Imelda
hat mit einem Kissen auf sie eingeschlagen, um sie zum Reden zu bringen -, aber
sie blieb eisern, bis wir es aufgegeben und uns weiter ausgehfertig gemacht
haben. Sie war ... Jesses.« Mandy lachte, ein leises, erschrockenes, kleines
Luftschnappen, ein Wispern. Ihre flinken Hände auf der Wäsche waren zur Ruhe
gekommen. »Wir waren gleich da vorn, im Esszimmer — das war früher mein

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