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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Bier trinken gehen, du und ich, ja? Ein
bisschen quatschen. Der Youngster kann derweil hier aufpassen; ist 'ne gute
Übung für ihn.«
    Die
Geräusche hinter ihm veränderten sich, tief unten im Haus: ein langes mahlendes
Schaben, ein Ächzen, Schuhe, die auf hohlen Brettern polterten. Vage weiße
Gestalten bewegten sich, verschmolzen mit den dichten Schichten aus Schatten
und dem Höllenfeuerschein, der aus dem Kellergeschoss heraufkam. Die Jungs vom
Leichenwagen brachten ihren Fang heraus.
    Die Alten
schnappten nach Luft und bekreuzigten sich, genossen jede Sekunde. Die Jungs
vom Leichenwagen kamen an mir und Rocky vorbei, die Köpfe gegen den stärker
werdenden Regen gesenkt, wobei einer von ihnen bereits mit einem Schulterblick
über den Verkehr meckerte. So nah, wie sie waren, hätte ich bloß die Hand
auszustrecken brauchen, um den Leichensack zu berühren. Er war bloß eine
formlose Masse auf der Trage, so flach, dass er hätte leer sein können, so
leicht, dass sie ihn trugen, als wäre er nichts.
    Rocky
wartete, bis sie die Trage hinten in den Van geschoben hatten. »Ich bin in
fünf Minuten wieder da«, sagte er. »Nicht weglaufen.«
     
    Wir gingen
ins Blackbird, ein paar Ecken entfernt, weit
genug und ausschließlich männlich genug, dass die Nachricht sich noch nicht bis
dort rumgesprochen hatte. Das Blackbird war der
allererste Pub, in dem ich je bedient wurde, mit fünfzehn, nach meinem ersten
Tag in einem Ferienjob auf dem Bau, wo ich von morgens bis abends Ziegelsteine
geschleppt hatte. Joe der Barmann fand, dass jemand, der die Arbeit eines
Erwachsenen tat, anschließend auch das Bier eines Erwachsenen verdient hatte.
Joe war durch einen Typen mit einem gleichwertigen Toupet ersetzt worden, und
der Zigarettenqualmschleier war zu einem Dunst aus schalem Fusel und
Körpergerüchen verbessert worden, so dicht, dass man förmlich sehen konnte, wie
er in der Luft wogte. Doch abgesehen davon hatte sich nicht viel verändert:
dieselben rissigen Schwarzweißfotos von unbekannten Sportmannschaften an den
Wänden, dieselben mit Fliegendreck besprenkelten Spiegel hinter der Bar, dieselben
Kunstledersitze, aus denen die Füllung quoll, eine Handvoll alter Knaben auf
ihren persönlichen Barhockern und eine Gruppe Typen in Arbeitsschuhen, die
Hälfte davon Polen und etliche eindeutig minderjährig.
    Ich
pflanzte Rocky, der seinen Beruf nicht verleugnen kann, an einen Tisch in der
Ecke und ging zur Theke. Als ich mit unseren Bieren zurückkam, hatte Rocky sein
Notizbuch hervorgeholt und kritzelte mit einem schicken Designerstift drauflos
- offenbar waren die Jungs vom Morddezernat über billige Kulis erhaben. »Sieh
an«, sagte er, klappte das Notizbuch mit einer Hand zu und nahm sein Glas mit
der anderen entgegen, »aus dieser Gegend kommst du also. Wer hätte das
gedacht?«
    Ich
schenkte ihm ein Grinsen, in dem der Hauch einer Warnung lag. »Du hast wohl
gedacht, ich wäre in einer Villa in Foxrock aufgewachsen, ja?«
    Rocky
lachte. »Eher nicht. Du hast aus deiner, sagen wir, bescheidenen Herkunft nie
einen Hehl gemacht. Aber da du dich, was die Einzelheiten anging, ziemlich
bedeckt gehalten hast, hab ich gedacht, du kämst aus irgendeiner heruntergekommenen
Mietskaserne. Ich hätte es mir nie so — wie soll ich sagen? - malerisch
vorgestellt.«
    »Das ist
eine gute Bezeichnung.«
    »Matthew
Daly und Theresa Daly sagen, du seist seit der Nacht, in der du und Rose das
Weite gesucht habt, nicht mehr in der Gegend gewesen.«
    Ich zuckte
die Achseln. »Meine Toleranz für Lokalkolorit hat Grenzen.«
    Rocky
zeichnete einen Smiley in die Schaumkrone von seinem Bier. »Also. Schön,
wieder zu Hause zu sein, ja? Auch wenn du es dir nicht unbedingt so vorgestellt
hast?«
    »Falls die
Sache irgendwas Gutes hat«, sagte ich, »was ich bezweifele, dann jedenfalls
nicht das.«
    Er sah
mich schmerzlich berührt an, als hätte ich in der Kirche gepupst. »Wenn ich dir
einen Tipp geben darf«, sagte er, »sieh es als was Positives.«
    Ich
stierte ihn an.
    »Im Ernst.
Nimm das Negative, dreh es um und verwandele es in etwas Positives.« Er hielt
einen Bierdeckel hoch, den er dann wendete, um das geistige Konzept des
Umdrehens zu demonstrieren.
    Normalerweise
hätte ich ihm unmissverständlich vermittelt, was ich von diesem völlig
bescheuerten Rat hielt, aber ich wollte etwas von ihm, also hielt ich mich
bedeckt. »Erleuchte mich«, sagte ich.
    Rocky
zerstörte das Smiley-Gesicht mit einem langen Schluck und hob mahnend

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