French, Tana
Atem. »Mir ist grad was
eingefallen, damit ich's nicht wieder vergesse, kann ich weiße Stiefel haben?
Solche, die Fell an den Kanten haben und zwei Reißverschlüsse und die ganz
weich sind und bis hier gehen?«
»Du hast
doch Schuhe. Als ich das letzte Mal gezählt hab, hattest du dreitausendelf Paar
Schuhe.«
»Neeeee,
doch nicht so welche! Besondere!«
Ich sagte:
»Kommt drauf an. Wieso?« Wenn Holly etwas möchte, das weder notwendig ist noch
für eine größere Feier, lasse ich mir ihre Gründe erklären. Sie soll den
Unterschied lernen zwischen brauchen, wollen und irgendwie
toll finden. Es gefällt mir, dass sie trotzdem meistens mich fragt
statt Liv.
»Celia
Bailey hat so welche.«
»Wer ist
Celia noch mal? Geht sie mit dir zum Ballett?« Holly blickte mich entgeistert
an. »Celia Bailey. Die ist berühmt.«
»Schön für
sie. Wofür?«
Der Blick wurde noch fassungsloser. »Sie ist ein Promi.«
»Davon bin ich überzeugt. Ist sie Schauspielerin?«
»Nein.«
»Sängerin?«
»Nein!«
Ich wurde offensichtlich mit jeder Sekunde bescheuerter. Jackie verfolgte das
Gespräch mit einem kleinen Grinsen in den Mundwinkeln.
»Astronautin?
Stabhochspringerin? Heldin der französischen Resistance?«
»Daddy, hör auf! Sie ist im Fernsehen!«
»Das sind
Astronautinnen auch, und Sängerinnen und Leute, die mit ihren Achseln
Tiergeräusche machen können. Was macht diese Lady?«
Holly
hatte die Hände auf den Hüften und konnte ihre Entrüstung kaum zügeln. »Celia
Bailey ist ein Model«, klärte Jackie mich auf, wohl um uns beide zu erlösen.
»Du kennst sie, bestimmt. Blondine, war vor ein paar Jahren mit einem Typen
zusammen, der 'ne Reihe von Clubs hat. Er ist fremdgegangen, sie hat seine
E-Mails an die andere Tussi gefunden und sie an den Star verkauft.
Jetzt ist sie berühmt.«
Ich sagte:
»Ach so. Die.« Jackie hatte recht, ich kannte sie
in der Tat: eine lokale Knallcharge, deren größte Lebensleistung darin bestand,
ein reiches Jüngelchen zu vögeln und regelmäßig im Nachmittagsfernsehen mit
herzzerreißender Aufrichtigkeit und stecknadelgroßen Pupillen zu erklären, wie
sie den Kampf gegen das Kokain gewonnen hatte. So was geht heutzutage in
Irland als Superstar durch. »Holly, Schätzchen, sie ist kein Promi. Sie ist
eine hohle Nuss in einem zu engen Kleid. Was hat sie denn je Vernünftiges
zustande gebracht?«
Achselzucken.
»Was kann
sie gut?«
Übertriebenes,
stinksaures Achselzucken. »Wofür zum Teufel
ist sie dann gut? Wieso willst du sein wie sie?«
Augenverdrehen.
»Sie ist hübsch.«
»Großer
Gott«, sagte ich ehrlich entsetzt. »Nicht ein Fitzelchen an der Frau hat
dieselbe Farbe, die es ursprünglich hatte, geschweige denn dieselbe Form. Sie
sieht nicht mal mehr aus wie ein Mensch.«
Holly kam
förmlich Rauch aus den Ohren vor lauter Empörung und Frust. »Sie ist ein
Model! Hat Tante Jackie doch gesagt.«
»Noch
nicht mal das ist sie. Die Frau war auf einem blöden Plakat für irgendeinen
Joghurtdrink. Das ist was anderes.«
»Sie ist
ein Star!«
»Nein, ist
sie nicht. Katharine Hepburn war ein Star. Bruce Springsteen ist ein Star.
Diese Celia-Tussi ist eine dicke, fette Null. Nur weil sie so lange rumerzählt
hat, sie wäre ein Star, bis ihr ein paar Kleinstadtschwachköpfe geglaubt haben,
ist das noch lange nicht wahr. Und du solltest nicht zu diesen Schwachköpfen
gehören.«
Holly war
rot angelaufen und hatte trotzig das Kinn vorgestreckt, doch sie hielt ihr
Temperament im Zaum. »Mir doch egal. Ich will einfach bloß weiße Stiefel. Kann ich?«
Ich
wusste, dass ich mich weitaus mehr aufregte, als es die Situation rechtfertigte,
aber ich konnte mich nicht bremsen. »Nein. Bewundere doch zur Abwechslung mal
eine Frau, die berühmt ist, weil sie auch wirklich was kann - stell dir vor, so
was gibt's -, und ich schwöre dir, ich kauf dir alles, was sie im
Kleiderschrank hat. Aber nur über meine Leiche verschwende ich Zeit und Geld
dafür, dass du dich in die geklonte Version von einer gehirnamputierten
nichtsnutzigen Schlampe verwandeln kannst, die es schon für eine Glanzleistung
hält, ihre Hochzeitsfotos an irgendwelche Zeitschriften zu verkaufen.«
»Ich hasse
dich!«, schrie Holly. »Du bist blöd, und du verstehst überhaupt nichts, und
ich hasse dich!« Sie versetzte der Bank neben meinem Bein einen kräftigen
Tritt, und dann stürmte sie zurück zu den Schaukeln, zu wütend, um zu merken,
ob ihr der Fuß weh tat. Ein Kind hatte sich auf ihre Schaukel
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