French, Tana
»Sag mal,
Francis, ist alles in Ordnung mit dir?«
»Ja,
sobald der Kater nachlässt. Hast du Aspirin dabei?«
Sie kramte
in ihrer Handtasche. »Leider nein. Ein bisschen Kopfschmerzen tun dir ganz gut:
Dann bist du beim nächsten Mal zurückhaltender mit dem Alkohol. Aber das meinte
ich nicht. Ich meinte ... du weißt schon. Ist alles in Ordnung mit dir, nach
gestern? Nach gestern Abend?«
»Ich
genieße das Leben im Park mit zwei hübschen Ladys. Wie könnte ich da nicht
glücklich sein?«
»Du
hattest recht: Shay hat sich wie ein Arschloch aufgeführt. Er hätte das über
Rosie nicht sagen dürfen.«
»Kann ihr
jetzt nicht mehr viel schaden.«
»Ich
glaube nicht, dass er bei ihr je eine Chance hatte. Nie im Leben. Er wollte
dich bloß ärgern.«
»Was du
nicht sagst, Sherlock. Du kannst einen Mann nicht von dem abhalten, was er nun
mal gern tut.«
»Er ist
sonst nicht so. Ich will nicht behaupten, dass er inzwischen ein Heiliger ist,
aber er ist wesentlich entspannter als früher. Er ... er weiß einfach nicht,
wie er damit umgehen soll, dass du wieder da bist, verstehst du, was ich
meine?«
Ich sagte:
»Mach dir deshalb keine Gedanken, Kleines. Im Ernst. Tu mir einen Gefallen:
Lass gut sein, genieß die Sonne und sieh dir an, wie toll mein Kind ist. Okay?«
Jackie
lachte. »Okay«, sagte sie. »Das machen wir.«
Holly
leistete prompt ihren Beitrag, indem sie so bezaubernd war, wie ich es mir nur
wünschen konnte: Strähnen hatten sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst, die
Sonne ließ sie rot auflodern, und sie sang halblaut fröhlich vor sich hin. Der
gekonnte Schwung ihres Rückens und die Mühelosigkeit, mit der sie die Beine
beugte und streckte, bahnten sich nach und nach einen Weg durch meine Muskeln,
lockerten sie angenehm wie ein erstklassiger Joint. »Sie hat ihre Hausaufgaben
schon gemacht«, sagte ich nach einer Weile. »Hast du Lust, nach dem Essen noch
mit ins Kino zu gehen?«
»Gern, ich
sag nur eben zu Hause Bescheid.«
Meine vier
Geschwister durchlebten nach wie vor den wöchentlichen Albtraum: Sonntagabend
mit Mammy und Daddy, Roastbeef und Fürst-Pückler-Eis, Friede, Freude, Eierkuchen,
bis irgendwer den Verstand verliert. »Komm doch einfach zu spät. Lebe wild und
gefährlich.«
»Ich hab
Gav versprochen, mich erst noch mit ihm in der Stadt auf ein Bier zu treffen, bevor
er mit den Jungs loszieht. Wenn ich nicht ein bisschen Zeit mit ihm verbringe,
denkt er, ich hätte einen Liebhaber. Ich bin nur bei Liv vorbei, um zu sehen,
ob mit dir alles in Ordnung ist.«
»Sag ihm,
er soll mitkommen.«
»In einen
Kinderfilm?«
»Genau
sein Niveau.«
»Ach, sei
still, du«, sagte Jackie gutmütig. »Du weißt Gavin nicht zu schätzen.«
»Jedenfalls
nicht so wie du. Aber er würde auch bestimmt nicht wollen, dass ich ihn so
schätze, wie du ihn schätzt.«
»Du bist
ekelhaft, weißt du das? Was ist eigentlich mit deiner Hand passiert?«
»Ich hab
eine kreischende Jungfrau vor satanistischen Motorradrockern gerettet.«
»Nein, sag
mal ehrlich. Du bist doch nicht gestürzt, oder? Nachdem du gestern allein
weitergegangen bist? Du warst ganz schön — also, ich will nicht sagen,
sternhagelvoll, aber —«
In diesem
Moment klingelte mein Handy, das, auf dem mich meine Jungs und Mädels im
Einsatz anrufen. »Behalte Holly im Auge«, sagte ich, während ich es aus der
Tasche fischte: Kein Name, und die Nummer sagte mir nichts. »Ich muss rangehen.
Hallo?«
Ich stand
von der Bank auf, als Kevin verlegen sagte: »Ähm, Frank?«
Ich sagte:
»Tut mir leid, Kevin. Ist gerade ungünstig.« Ich legte auf, steckte das Handy
ein und setzte mich wieder hin. Jackie fragte: »War das Kevin?«
»Ja.«
»Bist wohl
nicht in Stimmung, mit ihm zu sprechen, was?«
»Richtig.
Bin ich nicht.«
Sie
betrachtete mich mit einem großäugigen, mitfühlenden Blick. »Es wird wieder
besser werden, Francis. Ganz sicher.« Ich ging nicht darauf ein.
»Ich hab
eine Idee«, sagte Jackie, einer plötzlichen Eingebung folgend. »Komm mit mir
zu Ma und Dad, nachdem du Holly zurückgebracht hast. Bis dahin ist Shay
bestimmt wieder nüchtern, er wird sich bei dir entschuldigen wollen, und
Carmel bringt die Kinder mit -«
Ich sagte:
»Kommt nicht in Frage.«
»Ach,
Francis. Wieso denn nicht?«
»Daddydaddydaddy!«
Holly hatte schon immer ein wunderbares Timing: Sie sprang von der Schaukel
und kam im Pferdchengalopp zu uns gelaufen, indem sie die Knie hoch in die Luft
riss. Sie hatte rosige Wangen und war außer
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