French, Tana
sondern auch, weil du auf diese Art ziemlich viele
Schwachstellen um dich versammelst. Wie gesagt, ich hatte schon immer ein gutes
Auge für Schwachstellen.
Stephen
beendete sein Telefonat und steckte das Handy ein, ich warf meine Kippe weg,
trat aus dem Park hervor und stellte mich ihm in den Weg. »Stephen.«
»Ja?«
»Frank
Mackey«, sagte ich und streckte ihm eine Hand hin. »Undercoverabteilung.«
Ich sah,
wie seine Augen größer wurden, nur ein bisschen, entweder vor Ehrfurcht oder
Angst oder irgendwas dazwischen. Im Laufe der Jahre habe ich eine ganze Reihe
von interessanten Legenden gepflanzt und gewässert, die meine Person betreffen
und von denen manche wahr sind, manche nicht, aber alle nützlich, daher bin ich
solche Reaktionen gewohnt. Stephen unternahm zumindest einen ganz anständigen
Versuch, sich nichts anmerken zu lassen, was ich ihm hoch anrechnete.
»Stephen Moran, Sonderfahndung«, sagte er, während er mir einen Tick zu fest
die Hand schüttelte und einen Tick zu lange Augenkontakt hielt. Der Junge gab
sich alle Mühe, mich zu beeindrucken. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Sir.«
»Nennen Sie
mich Frank. Bei uns Undercoverleuten ist >Sir< ein Fremdwort. Ich
beobachte Sie schon eine ganze Weile, Stephen. Uns kommen immer wieder sehr
positive Dinge über Sie zu Ohren.«
Er
schaffte es, sowohl die Gesichtsröte als auch die Neugier zu zügeln. »Das hört
man gern.« Der Junge gefiel mir allmählich.
Ich sagte:
»Gehen wir ein paar Schritte«, und steuerte zurück in den Park - jeden Moment
würden noch mehr Sonderfahnder und noch mehr Jungs vom Morddezernat aus dem
Gebäude kommen. »Sagen Sie, Stephen. Sie sind vor drei Monaten zum Detective
befördert worden, hab ich recht?«
Er bewegte
sich wie ein Teenager, hatte diesen ausladenden, federnden Gang, wenn der
Körper förmlich strotzt vor zu viel Energie. »Das stimmt.«
»Gut
gemacht. Korrigieren Sie mich, wenn ich da falschliege, aber Sie sind in
meinen Augen nicht der Typ, der damit zufrieden wäre, bis ans Ende seiner
Laufbahn bei der Sonderfahndung zu bleiben, jedes Mal zu springen, wenn in
irgendeinem Dezernat ein Detective mit den Fingern schnippt, wie diese Woche.
Dafür haben Sie viel zu viel Potential. Sie wollen doch irgendwann mal selbst
Ermittlungen leiten. Seh ich das richtig?«
»Das habe
ich vor.«
»Und
welches Dezernat schwebt Ihnen da vor?«
Diesmal
schaffte es ein kleines bisschen Röte durch die Selbstbeherrschung hindurch.
»Morddezernat oder Undercover.«
»Sie haben
einen guten Geschmack«, sagte ich grinsend. »Dann wird ja jetzt, wo Sie an
einem Mordfall mitarbeiten, ein Traum für Sie wahr, ja? Macht's Spaß?«
Stephen
sagte verhalten: »Ich lerne viel.«
Ich lachte
laut auf. »Sie lernen null. Rocky Kennedy müsste sich schon gewaltig geändert
haben, wenn er Sie nicht wie seinen ganz privaten dressierten Schimpansen
behandelt. Was lässt er Sie machen, Kaffee kochen? Seine Klamotten von der
Reinigung abholen? Seine Socken stopfen?«
Einer von
Stephens Mundwinkeln zuckte widerwillig. »Zeugenaussagen tippen.«
»Oh,
reizend. Wie viele Anschläge schaffen Sie die Minute?«
»Es macht
mir nichts aus. Ich meine, ich bin der Unerfahrenste, wissen Sie? Alle anderen
haben schon ein paar Jahre hinter sich. Und einer muss ja schließlich -«
Er war
tapfer bemüht, sich richtig zu verhalten. »Stephen«, sagte ich. »Ganz ruhig.
Das hier ist kein Test. Sie Sekretärsarbeiten machen zu lassen ist
Verschwendung. Sie wissen das, ich weiß das, und wenn Rocky sich mal zehn
Minuten Zeit genommen hätte, Ihre Akte zu lesen, wüsste er das auch.« Ich
deutete auf eine Bank unter einer Laterne, so dass ich sein Gesicht beobachten
konnte, ohne selbst von den Hauptausgängen gesehen zu werden. »Setzen wir
uns.«
Stephen
stellte Rucksack und Helm auf den Boden und nahm Platz. Trotz meiner
Schmeicheleien blickten seine Augen argwöhnisch, was gut war. »Wir sind beide
vielbeschäftigte Männer«, sagte ich und setzte mich zu ihm auf die Bank,
»daher komme ich gleich zur Sache. Es würde mich interessieren zu hören, wie
Sie so mit den aktuellen Ermittlungen vorankommen. Von Ihrer Warte aus, nicht
aus der von Detective Kennedy, schließlich wissen wir ja beide, was das bringen
würde. Es besteht kein Grund, diplomatisch zu sein: Wir unterhalten uns streng
vertraulich, unter vier Augen.«
Ich konnte
sehen, dass sein Verstand auf Hochtouren arbeitete, aber er hatte ein ganz
passables Pokerface, und ich konnte nicht
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