French, Tana
emotional
verstrickt sein. Mir ist klar, dass dich das ganz schön mitnimmt, aber wenn du
dich weiter einmischst, könntest du meine ganzen Ermittlungen gefährden, und
das lasse ich nicht zu.«
Ich sagte:
»Kevin hat niemanden umgebracht. Nicht sich, nicht Rosie, niemanden. Sammel
einfach weiter Beweise.«
Rockys
Augen flackerten, glitten von meinen weg. Nach einem Augenblick gab ich ihm
seinen kostbaren Ziploc-Beutel und ging. Als ich gerade durch die Tür war,
sagte Rocky: »Hey, Frank? Zumindest wissen wir jetzt sicher, dass sie nicht
vorhatte, dich zu verlassen.«
Ich drehte
mich nicht um. Ich konnte noch die Hitze ihrer Schrift spüren, wie sie glatt
durch Rockys pedantisches kleines Etikett drang, sich um meine Hand schlang und
mich bis auf die Knochen verbrannte. Heute ist der glücklichste Tag
meines Lebens.
Sie war
auf dem Weg zu mir gewesen, und sie hatte es fast geschafft. Nur zehn Schritte
hatten zwischen uns und unserer gemeinsamen schönen neuen Welt gelegen. Ich kam
mir vor wie im freien Fall, als wäre ich aus einem Flugzeug gestoßen worden und
sähe die harte Erde auf mich zugerast kommen, ohne Reißleine, die ich hätte
ziehen können.
11
ich Öffnete die haustür einen Spalt und schloss sie laut,
damit Rocky es mitbekam, dann ging ich nach hinten raus in den Garten und stieg
über die Mauer. Ich hatte keine Zeit, mich mit meiner Familie abzugeben. Bei
der Polizei sprach sich alles schnell herum, erst recht, wenn es sich um so
sensationellen Tratsch handelte wie in diesem Fall. Ich schaltete meine Handys
aus und fuhr schnell ins Büro, um meinem Boss zu sagen, ich würde eine Zeitlang
freinehmen, ehe er mir dasselbe empfehlen konnte.
George ist
ein massiger Typ, kurz vor der Rente, mit einem schlaffen, erschöpften Gesicht
wie bei einem Plüsch-Basset. Wir lieben ihn. Verdächtige begehen den Fehler zu
glauben, sie können ihn auch lieben. »Ah«, sagte er und wuchtete sich aus
seinem Sessel, als er mich an der Tür sah. »Frank.« Er streckte seine Hand über
den Schreibtisch. »Mein Beileid.«
»Wir
standen uns nicht nahe«, sagte ich und drückte ihm fest die Hand, »aber es ist
ein Schock, klar.«
»Wie ich
höre, könnte es Selbstmord gewesen sein.«
»Ja«,
stimmte ich zu und sah das scharfe, prüfende Aufblitzen in seinen Augen, als
er sich wieder in seinen Sessel sinken ließ. »Das wird vermutet. Ich kapier das
alles nicht. Boss, ich hab noch jede Menge aufgelaufenen Urlaub. Wenn Sie
nichts dagegen haben, würde ich den gern nehmen, möglichst sofort.«
George
fuhr sich mit einer Hand über die kahle Stelle auf seinem Kopf und begutachtete
sie bekümmert, tat so, als würde er darüber nachdenken. »Erlauben das Ihre
Ermittlungen?«
»Kein
Problem«, sagte ich. Was er bereits wusste: Etwas umgekehrt lesen zu können
zählt zu den nützlicheren Fähigkeiten im Leben, und die Akte vor ihm war eine
von meinen. »Nichts, was in einer entscheidenden Phase wäre. Muss alles nur
weiter überwacht werden. Meinen Papierkram hab ich in ein, zwei Stunden
erledigt, dann kann ich die Übergabe machen.«
»Verstehe«,
sagte George mit einem Seufzer. »Dann von mir aus. Yeates soll übernehmen. Er
muss sich in der Koks-Sache auf der Southside sowieso für eine Weile bedeckt
halten; er hat Zeit.«
Yeates ist
gut. Wir haben keine Luschen in der Undercoverabteilung. »Ich bring ihn auf den
neusten Stand«, sagte ich. »Danke, Boss.«
»Nehmen
Sie sich ein paar Wochen. Bis Sie wieder einen klaren Kopf haben. Was haben Sie
vor? Sich um die Familie kümmern?«
Mit
anderen Worten: Hast du vor, dich in Tatortnähe rumzutreiben und unangenehme
Fragen zu stellen? Ich sagte: »Ich denke, ich fahre weg. Vielleicht nach
Wexford. Die Küste soll um diese Jahreszeit schön sein.«
George
massierte sich die Stirnfalten, als ob sie weh täten. »Irgendein Schwätzer vom
Morddezernat hat mich heute Morgen in aller Herrgottsfrühe angerufen und sich
über Sie beschwert. Kennedy, Kenny, so ähnlich. Hat gesagt, Sie würden seine
Ermittlungen behindern.«
Dieser
miese kleine Schleimscheißer. »Der hat PMS«, sagte ich. »Ich bring ihm ein paar
hübsche Blumen, dann kriegt er sich schon wieder ein.«
»Bringen
Sie ihm, was Sie wollen. Hauptsache, Sie geben ihm nicht noch mal Anlass, mich
anzurufen. Ich lass mir nicht gern die Ohren vollquatschen, ehe ich meine erste
Tasse Tee getrunken hab; schlägt mir auf die Verdauung.«
»Ich werde
in Wexford sein, Boss, schon vergessen? Ich werde gar keine
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