Freu dich des Lebens
worden.
Sobald er wieder auf dem Flugplatz war, verlangte er den Mechaniker zu sehen, der seine Maschine gewartet hatte. Der junge Mann war krank vor Verzweiflung über seinen Irrtum, und Tränen liefen ihm über die Wangen, als Hoover auf ihn zukam. Er wusste, dass er den Verlust eines sehr teuren Flugzeugs und beinahe den Tod von drei Menschen verschuldet hatte.
Sie können sich Hoovers Ärger vorstellen. Und das Donnerwetter, mit dem ein so stolzer und hervorragender Pilot auf eine solche Fahrlässigkeit reagieren musste.
Aber nichts dergleichen geschah. Hoover kanzelte den Mechaniker nicht ab; er tadelte ihn nicht einmal. Statt dessen legte er ihm den Arm um die Schultern und sagte:
»Damit Sie sehen, dass ich weiß, dass Ihnen so etwas nie mehr passieren wird, möchte ich Sie bitten, morgen meine F-51 aufzutanken.«
Eltern sind oft versucht, ihre Kinder zu tadeln. Ich sage nicht, sie sollten es unterlassen. Ich möchte ihnen nur empfehlen, die folgende Geschichte zu lesen, ehe sie es tun. Vater vergisst ist ursprünglich als Leitartikel im People’s Home Journal erschienen. Mit Erlaubnis des Autors W. Livingston Larned drucken wir hier die gekürzte Fassung ab, wie sie vom Reader’s Digest publiziert worden ist.
Vater vergisst ist eine jener kleinen Geschichten, die - aus einem Augenblick echter Empfindung geboren - in so manchem Leser einen Widerhall auslösen, dass sie während Jahren immer wieder abgedruckt werden.
Vater vergisst: » Hör zu, mein Sohn, ich spreche zu dir, während du schläfst, die kleine Faust unter der Wange geballt, die blonden Löckchen auf der feuchten Stirn verklebt. Ich habe mich ganz allein in dein Zimmer geschlichen. Vor ein paar Minuten, während ich in der Bibliothek über meiner Zeitung saß, erfasste mich eine Woge von Gewissensbissen. Reumütig stehe ich nun an deinem Bett.
Ich musste daran denken, dass ich böse mit dir war, mein Sohn. Ich habe dich ausgescholten, während du dich anzogst, weil du mit dem Lappen nur eben über das Gesicht gefahren bist. Ich stellte dich zur Rede, weil deine Schuhe schmutzig waren. Ich machte meinem Ärger Luft, weil du deine Sachen auf den Boden fallen ließest.
Auch beim Frühstück fand ich manches auszusetzen.
Du verschüttetest den Inhalt deiner Tasse. Du schlangst das Essen hinunter. Du stütztest die Ellbogen auf den Tisch. Du strichst die Butter zu dick aufs Brot. Als du zu deinen Spielsachen gingst und ich mich auf den Weg zur Arbeit machte, da hast du dich umgedreht, gewinkt und mir zugerufen: ›Auf Wiedersehen, Daddy!‹, doch ich runzelte die Stirn und gab zur Antwort: ›Halte dich gerade und mach keinen solchen Buckel!‹
Am späten Nachmittag ging es von neuem los. Als ich die Straße heraufkam, sah ich, wie du auf dem Boden knietest und mit Murmeln spieltest. Die Strümpfe waren an den Knien durchgewetzt. Ich beschämte dich vor deinen Freunden und befahl dir, vor mir her ins Haus zu gehen. Strümpfe sind teuer - wenn du sie selber kaufen müsstest, würdest du mehr Sorge dazu tragen! Das, mein Sohn, warf dir dein Vater vor!
Weißt du noch, später, als ich meine Zeitung las, da kamst du in die Bibliothek, schüchtern, in deinen Augen eine Spur von Traurigkeit. Als ich über den Rand der Zeitung blickte, ungeduldig, weil ich nicht gestört sein wollte, da bliebst du in der Tür stehen. ›Was willst du?‹ schnauzte ich dich an.
Du sagtest nichts, stürmtest nur mit einem Satz durchs Zimmer, warfst mir die Arme um den Hals und küsstest mich, und deine kleinen Arme drückten mich mit einer Zuneigung, die Gott selber in dein Herz gepflanzt hat und die trotz aller Vernachlässigung immer weiterblühte.
Plötzlich warst du weg, ich hörte dich die Treppe hinauftrappeln.
Kurz nachdem du weggegangen warst, mein Sohn, glitt mir die Zeitung aus den Händen, und eine grauenhafte Angst erfasste mich. Was war aus mir geworden? Vorwürfe und Tadel ohne Ende - damit vergalt ich dir, dass du ein Kind warst. Nicht dass ich dich nicht liebe - ich habe nur zuviel von dir erwartet und dich nach dem Maßstab meiner eigenen Jahre beurteilt, als ob du schon erwachsen wärst.
Dabei ist doch so manches an dir gut und schön und echt gewesen. Dein kleines Herz war groß wie der erwachende Tag über den Hügeln. Das zeigte sich in deinem plötzlichen Entschluss, auf mich zuzustürmen und mir einen Gutenachtkuss zu geben. Das ist das Wichtigste, mein Sohn, alles andere zählt nicht. Ich bin in der Dunkelheit an dein Bett geschlichen
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