Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
DVD anzusehen. Trotz aller Versuche war es der EDV-Abteilung nicht gelungen, das zweite File zu reparieren und Braun hatte es daher gleich in der Früh zu seinem alten Bekannten Richard Marx, einem Art-Director und Profi-Hacker, geschickt. Aber er machte sich keine großen Hoffnungen.
Er dachte an das entsetzte Gesicht von Kim Klinger, als er ihr von dem „Geschenk“ erzählte, das der Psychopath in seiner Wohnung hinterlassen hatte. Hätte er auch nicht verschweigen können, denn Minuten später hatte die Spurensicherung geklingelt und die Männer und Frauen waren in ihren weißen Schutzanzügen wie Außerirdische bei ihm eingefallen und hatten seine Wohnung auf den Kopf gestellt. Natürlich hatte er ihr auch von den verschiedenen Mails erzählt, die er bekommen hatte, die Fotos aber nur andeutungsweise erwähnt. Im Grunde war ja Kims Artikel der Auslöser gewesen, aber er brachte es nicht übers Herz, ihr das zu sagen.
„Sind das tote Mädchen, Braun?“ Oberstaatsanwalt Ritter strich sich nervös über das Revers seines grauen dreiteiligen Anzugs. Jetzt saßen sie am Besprechungstisch in Ritters komfortablem Büro mit Blick auf das Linzer Schloss und die träge dahinfließende Donau.
Immer wieder ließ Braun die Videosequenz auf seinem Laptop durchlaufen, wortlos betrachteten er und Ritter den grob aus dem Felsen geschlagenen Tresen, vor dem zwei nackte Mädchen leblos und seltsam verdreht auf dem Steinboden lagen. Ihre Gesichter waren mit Plastikfolien überzogen und deswegen nicht zu erkennen.
„Schwer zu sagen, ob sie noch leben oder schon tot sind“, seufzte Braun und hielt den Film an, gerade als der Rücken eines Mannes im Bild auftauchte.
„Leider können wir den Mann nicht identifizieren, das Video wurde wahrscheinlich geheim mit dem Handy aufgenommen.“
„Das ist schade“, sagte Ritter und strich sich mit dem Finger über den Nasenrücken. „Was haben Sie noch, Braun?“
„Wir glauben, die Örtlichkeit identifiziert zu haben“, räusperte sich Braun und setzte sich aufrecht. „Gruber hat gestern festgestellt, dass es oberhalb von Linz an der Donau eine alte Bootsanlegestelle gibt. Dort war früher eine beliebte Ausflugsterrasse mit einer Felsenbar, die mit diesem Tresen auf dem Video übereinstimmt. Jetzt ist diese Örtlichkeit in Privatbesitz und wird zum Einwintern von Booten verwendet.“
„Wissen wir, wer der Besitzer dieses Areals ist?“, unterbrach ihn Ritter und hob fragend die Augenbrauen.
„Natürlich, das gesamte Areal gehört einer Firma namens Seaside Invest mit Sitz auf Jersey.“ Braun machte eine kurze Pause und strich sich über seine Bartstoppeln. „Seaside Invest ist eine 100-%-Tochter von Krell Immobilien. Diese wiederum gehört ...“ Er stoppte kurz und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Aber das können Sie sich ja sowieso denken.“
Er öffnete einen neuen Ordner mit den Fotos, die er von seinem Team erhalten hatte.
„Genau über der ehemaligen Felsenbar steht diese Villa, auf dem Römerberg.“ Mit dem Cursor tippte er auf eines der Fotos, um das Bild zu vergrößern. Es war die Luftaufnahme einer futuristisch aussehenden riesigen Architektenvilla, die eher an ein überdimensioniertes Gewächshaus erinnerte als an ein Wohnhaus. Riesige Glasflächen dominierten die Optik, die nur von dünnen weißen Stahlträgern unterbrochen wurden, die wie Spinnenbeine vom kuppelförmigen Dach nach unten ragten und das beinahe quadratische Gebäude fest umklammerten. Auf einer Luftaufnahme konnte man auch sehen, dass sich die Villa auf einem großen Grundstück befand, das an drei Seiten von einer Mauer umgeben war. Die vierte Seite grenzte direkt an den Rand eines Felsens, der an dieser Stelle beinahe senkrecht zur Donau hin abfiel.
„Ich kenne die Villa, natürlich!“ Ritter klopfte nervös mit den Fingerspitzen auf die Platte seines Besprechungstischs. „Es ist die Event Location der Krell Holding. Das weiß doch jeder hier in Linz.“
„Ja, aber dort finden sicher keine gewöhnlichen Events statt.“
Braun machte eine Pause und tippte auf ein neues Bild, das die Einfahrt zur Villa von der Straße zeigte. „Ziemlich schwer bewacht, finden Sie nicht auch?“, meinte er und vergrößerte einen Securityposten in einer schwarzen Uniform, der eine kleine Maschinenpistole lässig unter den Arm geklemmt hatte. „Möchte wissen, ob das legal ist.“
„Alles schön und gut, Braun! Aber was Sie mir da erzählen, sind doch bloße Vermutungen. Das sind keine
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