Freunde und andere Feinde: Endzeit-Thriller (German Edition)
Haken und streifte sein graues Sacko über.
Seine Freude über neue Kundschaft wurde sogleich gebremst, als er die zwei Maschinen hinter der Tür erblickte. Enttäuscht wollte er die Tür zuschlagen, aber die kugelrunden schwarzen Linsen glubschten ihn erwartungsvoll an. Genervt bat er sie hinein.
„Vielen Dank“, sagten sie gleichzeitig, schwebten in die Metzgerei und schlossen die Tür mit einem ihrer Standbeine.
„Kann ich euch etwas anbieten?“, fragte der Metzger routiniert. „Schinken, Filet, vielleicht ein Ölwechsel?“
Die Maschinen verneinten. „Wir haben zwar ein funktionierendes Verdauungssystem des Exemplars Mensch für unsere Agenten nachgebaut, zur Gewährleistung ihrer Tarnung, dennoch sehnen wir uns nicht nach Nahrung. Wir sehnen uns jedoch nach einem herrlichen Palaver unter Freunden.“
Die andere Maschine fing an zu kichern. „Außerdem müssen wir auf unsere Linie achten.“
„Verstehe...“, sagte der Metzger und ging in seine Küche. Er nahm eines seiner blutigen Schlachtermesser und ließ es in einen Eimer frischen Wassers gleiten.
„Wir sind dabei uns bei jedem persönlich vorzustellen. Wir haben so gut wie jeden bereits antreffen können - außer dich.“
„Im Gegensatz zu anderen konzentriere ich mich auf meine Arbeit. Andere wälzen sich bestimmt nicht mit einer riesigen Freude durch einen Haufen Fleisch und Blut, sondern reden lieber mit misanthropischen Kriegsrobotern.“ Der Metzger nahm die erstbeste Ausrede, die ihm einfiel. Von dem Messer in seinem Wascheimer stiegen rauchartige Blutschwaden an die Wasseroberfläche. Mit einem rauen Lappen fuhr der Metzger in das kalte Wasser und fing an die letzten Blutfetzen abzuwaschen.
„Du lebst mittlerweile sehr zurückgezogen, Metzger. Du machst selbst dem König Konkurrenz.“
Der Metzger gab keine Antwort, nahm das Messer aus dem Wassereimer und betrachtete verärgert die hauchdünne Blutschicht, die sich immer noch nicht lösen ließ.
Die Maschinen ließen nicht locker. „Vielleicht liegt es ja an Siamaks Tod; Siamaks Tod durch dich. Wir fanden die Stelle ganz unterhaltsam, als du ihn plötzlich abgestochen hattest. Damit hätten wir nie in unserem Leben, beziehungsweise Nutzungsdauer, gerechnet.“
Augenblicklich ließ der Metzger ertappt das Messer in den Wassereimer zurückfallen. Er drehte sich um und versuchte möglichst gefasst zu wirken.
Die zweite Maschine fing erneut an zu kichern. „Vor dem König sollte das aber authentischer aussehen. Vergiss nicht: Unsere Augen sind überall. Wir sehen und hören alles. Nur riechen können wir nichts. Riechfunktionen fanden unsere Schöpfer weniger aufschlussreich in Kriegssituationen. Aber wir können Rauch orten und...“
„Ich vergaß“, sagte der Metzger desinteressiert und widmete sich wieder dem Messer.
„Wir fragen uns nur...“ Die Maschinen warteten einen Augenblick, ehe sie ihre Bitte vortrugen. „Sag uns bitte, warum du ihn ermordet hast. Wir gehen stark davon aus, dass dich der drohende Verlust einer Taschenuhr nicht zu einem Mörder machte.“
Der Metzger schmunzelte. „Anscheinend wisst ihr doch nicht alles.“
„Harter Bursche“, flüsterten sich die Maschinen zu. Nach einem Moment der Stille verabschiedeten sich die Maschinen. „Vielleicht wirst du es uns ja verraten. Spätestens wenn der König dir an den Kragen will, könntest du ein paar gute Freunde gebrauchen.“
„Wenn der König mich töten möchte, soll er sich keinen Zwang antun. Wenn es mein Schicksal ist, so möge es sein“, sagte der Metzger entschlossen und legte das saubere Messer auf den Tisch. Als er sich umdrehte waren beide Maschinen bereits verschwunden, doch das Messer sah nach der Reinigung aus wie neu.
3
In dem fürstlich eingerichteten Landhaus des Königs stand der nächste Höflichkeitsbesuch der Maschinen an. Die Unterkunft des Königs von Sodom konnte die naheliegende Vorstellung eines prunkvollen Schlosses natürlich nicht erfüllen, allerdings wirkte das zweistöckige Landhaus in der neuen Welt wie ein Palast.
Alle Zimmer waren groß und geräumig, die Böden ausgelegt mit roten Teppichen mit goldenen Fransen. Bunte Gardinen verdeckten die mannshohen Fenster. Im Gegensatz zu Natalies Kneipe waren im Landhaus die Austrittsmöglichkeiten aus Porzellan strahlend weiß. Im Wohnzimmer standen goldene Kerzenleuchter, sogar ein Kamin, der noch mit Holz geheizt wurde. Da der König sein Anwesen seit Beginn seiner Amtszeit nicht mehr verließ, kam nur
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