Freunde und andere Feinde: Endzeit-Thriller (German Edition)
Problemen zu nerven, ihr müsst doch auch sehr viele Sorgen haben. Seid ihr denn auch manchmal traurig?“
Die Maschine schnaufte. „Ja, in letzter Zeit sehr häufig, da die Menschen uns nicht mögen, obwohl wir versuchen sie bestens zu unterhalten. Sie haben zu viel Angst vor uns, als dass sie uns mögen könnten. Sie denken, wir sind böse und wollen sie töten.“
„Ich finde euch nicht böse!“, tröstete Julia. „Ich mag euch!“
„Bist du da ganz sicher?“, fragte die Maschine überrascht.
„Ja, ihr seid zwar etwas gemein, aber unter eurer harten Schale verbirgt sich ein warmherziger Kern“, sagte sie und klopfte der Maschine auf ihre dicke Stahlschicht.
„Du bist eine sehr liebe Menscheneinheit“, säuselte die Maschine und kicherte glücklich. „Vielleicht werden sich die Menscheneinheiten ein Beispiel an dir nehmen. Vielleicht werden sie uns irgendwann lieben.“
Julia strich mit ihrer sanften Hand über die harte Schale der Maschinen. Ihre sanfte Hand spürte die raue Stahlschicht, von der eine angenehme Wärme ausging. Leise fing die Maschine an wie ein Kätzchen zu schnurren.
10
Spät am Abend leistete der Metzger seine Schicht im Königshause ab. Der König lag mit seinem Gute-Nacht-Snack bereits in seinem Schlafgemach, während der Metzger von seinem heiß erwarteten Feierabend nur noch durch den lästigen Abwasch getrennt wurde. Fleißig und motiviert wusch er jedes einzelne Messer, jedes Beil so gründlich, bis es aussah wie frisch in der alten Welt produziert. Er stellte sein Messerset aus sauberen Klingen zusammen, als ihm ein freier Platz zwischen den Klingen auffiel.
Sein geliebtes Tranchiermesser fehlte.
Er tastete den Boden des Wassereimers ab, überprüfte ob er es in einer der Schubladen abgelegt hatte, sah sogar unter den Tischdecken nach, wo er nirgends fündig wurde. Allmählich dämmerte es ihm, dass er nicht herausfinden musste, wo das Messer stecken könnte, sondern wer es haben könnte. Die wahrscheinlichste Antwort war Samira, die bereits ihre Vorliebe für das Tranchiermesser bekundet hatte.
Vergeblich suchte der Metzger das Landhaus nach Samira ab, die er den ganzen Tag noch nicht gesehen hatte. Geplagt von Sorgen ging er hinaus auf den königlichen Hof, der in abendliches Grau getaucht war. Aus der Ferne erkannte er am Bach Samiras Silhouette.
Einsam saß Samira vor dem Rinnsal, die Füße bereits eiskalt vom Bachwasser. Mit dem Tranchiermesser pikste sie sich vorsichtig an ihrem Handgelenk entlang. Winzige Blutstropfen rannen ihr den Unterarm hinunter.
Schleichend näherte sich der Metzger und setzte sich neben sie. Er sah in ihre glasigen Augen.
„Wie schon in der alten Welt, habe ich meine Kinder verloren“, seufzte Samira und pikste weiter an ihrem Hintergelenk. „Weißt du, warum wir Kinder auf die Welt bringen?“ Sie ließ den Metzger nicht reden, sondern nahm die Antwort vorweg: „Unsere Kinder sind dazu da, um unsere eigenen Fehler zu korrigieren. Den Schaden, den wir in unserem Leben anrichteten, zu berichtigen. Es ist der menschliche Drang nach Perfektionismus, weswegen wir unseren Kindern das Leben schenken und anschließend wieder entreißen.“
„Es tut mir Leid wegen deinen Kindern“, sagte der Metzger. „Lass dich nicht wieder in ein Loch fallen, Samira. Es klingt wie eine Phrase, doch es gibt immer noch dich. Und das zählt.“
„Ich fand es anfangs schrecklich, jemanden zu verlieren“, sagte Samira. „Nachdem meine ersten Kinder gestorben waren, hatte ich tagtäglich die Angst wieder jemanden verlieren zu können, doch nun...“ Sie machte eine Pause. „Jetzt weiß ich, dass es schlimmer ist, niemanden mehr zu haben, den ich verlieren könnte.“
„Du könntest immer noch dich verlieren“, sagte der Metzger und deutete auf das Tranchiermesser an Samiras Handgelenk.
„Und wenn ich mich bereits verloren habe?“, fragte Samira. Sie drehte sich zu ihm, sodass er nicht nur ihre lebende Gesichtshälfte, sondern auch die tote sehen konnte. Ihre braunen Rehaugen sahen ihn hilflos an.
„Irgendjemand, sei es nur ein Niemand wie ich, wird dich finden, sei es auch nur an einer Stelle wie dieser Bach, wo du wiedergefunden wirst.“ Zaghaft legte er eine Hand an ihre lebende Gesichtshälfte und streichelte ihre Wange. „Du darfst nicht gehen, Samira.“
Samira schnaufte und als ob sie keinerlei Hilfe benötigte, sagte sie: „Deine Worte sind sanft und lieb, doch ich bin unglücklich.“
„Vielleicht geht es dir
Weitere Kostenlose Bücher