Freunde und andere Feinde: Endzeit-Thriller (German Edition)
jedem dieser Umschläge eine Ansammlung von Geldscheinen. Geld war der Ursprung ihrer unnatürlichen Beziehung, doch je intimer die Treffen wurden, umso natürlicher schien ihre Beziehung und umso unnatürlicher der Geldbetrag in den Briefumschlägen.
Als wäre der Geldumschlag das natürlichste der Welt, igorierte ihn Gabriel gekonnt, nahm Élaines Brille und setzte sie seiner Liebsten auf. Auch mit ihrer Brille gefiel ihm Élaine, wenn nicht sogar etwas mehr als ohne. „Du kannst ruhig deine Brille auflassen. Sie steht dir.“
„Findest du?“, fragte Élaine, nutzte jedoch die Gelegenheit für einen kleinen Scherz: „Das denkst du nur, weil ich damit intelligent aussehe, oder?“
Gabriel grinste. „Darauf gibt es nur falsche Antworten.“
„Genau, Blödmann“, sagte sie und schlug ihm spielerisch gegen die Schulter. Die Harmonie wurde schnell von der bekannten Melancholie heimgesucht. „Es ist so falsch, was wir hier machen. Es ist so krank.“
„Fühlt es sich für dich so falsch an?“, fragte Gabriel, während er mit seiner Hand ihre umschlang.
„Ich kann dein Geld nicht mehr annehmen“, sagte Élaine wie einstudiert.
„Du kannst es wirklich gebrauchen. Diese Scheine tun mir nicht weh, Élaine, solange ich weiß, dass sie dir helfen.“
„Es geht um ihn“, erwiderte sie und deutete auf das umgedrehte Foto. „Ihm geht es wirklich schlecht. Seit seiner Lohnkürzung trinkt er wieder regelmäßig. Er ist dadurch nicht mehr so streitsüchtig, aber er wirkt so schwach, so zerbrechlich.“ Sie schluckte einen Moment. „Wenn er noch wüsste, was ich hier mit dir mache, in unserem Bett... Es würde ihn umbringen. Er fühlt sich ohnehin so wertlos, da würde es ihm nicht helfen, wenn er wüsste, wie ich die Monatsmiete beischaffe.“
Ihre Stimme wurde zittrig, wenn sie an ihren gepeinigten Mann dachte, dem sie unfreiwillig drohte sein Herz herauszureißen.
Gabriel sprach oft mit Élaine über das moralische Defizit, appellierte jedoch stets daran, dass Élaine an ihr eigenes Glück denken müsste. „Wenn er gut zu dir wäre, müsste ich nicht hier neben dir liegen.“
Élaine nickte wehmütig.
„Du solltest ehrlich zu ihm sein“, schlug Gabriel vor. „Beichte es ihm, erzähl ihm alles. Er hat die Wahrheit verdient.“
„Vielleicht sollte ich das wirklich tun“, dachte Élaine laut nach. „Doch was ist mit dir? Ich fühle mich so schuldig, für das, was ich mit dir mache.“
„Was tust du schon mit mir?“ Gabriel lächelte sie an. „Mit dir fühle ich mich seit Jahren endlich wieder glücklich. Ich kann dir gar nicht genug dafür danken, für das, was du mit mir machst.“
„Sei ehrlich zu mir, Gabriel.“ Élaine sah ihn ernst an. „Du hast ernsthafte Bedenken, dass ich dich nur ausnutze. Mittlerweile müsstest du daran zweifeln, ob ich überhaupt etwas für dich empfinde.“
Gabriel zog die Augenbrauen hoch und sah sie mitleidig an. „Deswegen willst du das Geld ablehnen. Du willst mir beweisen, dass du auch ohne mit mir zusammen sein willst.“
Sie sagte kein Wort.
„Ich will dir helfen, Élaine. Dieses Geld bedeutetet mir nicht ansatzweise so viel wie dein Wohlergehen.“
Auch Gabriels Liebesbekundungen brachten Élaine nicht zum Lächeln. Zu sehr kämpfte sie mit ihrem schlechten Gewissen. „Du verdienst etwas Besseres“, sagte sie. „Du verdienst eine Frau, die dich von Anfang an dafür liebt, was du bist und nicht, wie viel du ihr zu bieten hast. Du kümmerst dich ständig um mich, bietest mir deine Hilfe an, wo du nur kannst. Und ich kann nichts für dich tun, obwohl du innerlich genau so kaputt bist. Vielleicht solltest du mich loslassen. Ich könnte wieder guten Gewissens mit meinem Mann zusammen leben und du könntest dich neu verlieben, in eine Frau, die dich wirklich liebt.“
Élaine lag Gabriel näher am Herzen, als jede andere Person. Dennoch wäre er bereit Élaine aufzugeben, wenn es ihr dadurch besser ginge. Manchmal machte ihm seine Sucht nach Élaine Angst, denn noch nie war er so süchtig nach Liebe gewesen. Besser gesagt, nie war er so süchtig danach eine Person glücklich zu machen. Er war umso glücklicher, wenn er eine unglückliche Person wie Élaine zum Lachen bringen konnte. Nichts wäre ihm lieber, als Élaine aus ihrem Leben rauszureißen, das sie höchstens als „mittelmäßig“ beschrieb.
„Es ist unsicher wie viel Zeit unserem Planet noch bleibt, aber ich möchte jede verbleibende Minute mit dir verbringen“, sagte Gabriel
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