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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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stand tief und verblasste langsam, auch die Sterne funkelten nicht mehr so hell wie noch kurz zuvor. Im Osten meinte sie sogar schon einen dunkelblauen Schimmer am Horizont wahrzunehmen. Der Morgen war nicht mehr fern.
    Da sie leicht gebückt stand, begann ihr Rücken zu schmerzen. Sie reckte sich ein wenig und merkte dabei, dass ihre Blase heftig drückte. Also suchte sie sich ein von Büschen umgebenes Plätzchen, um sich zu erleichtern, was ihr wegen ihres Leibesumfangs gar nicht so leichtfiel. Zu Hause auf dem Abtritt hatte sie wenigstens links und rechts einen Balken, auf dem sich sich abstützen konnte. Während sie noch ihre Röcke richtete, beobachtete sie einen Trupp Männer, der sich lachend und scherzend in Richtung Stadt bewegte. Nachdem die Wächter außer Sichtweite waren, ging Adelina zum linken der Tortürme und versuchte, die Tür zu öffnen. Sie war nicht verschlossen. Weshalb auch, wo ja schließlich ausreichend Wachleute hier ihren Dienst verrichteten. Sie hörte eine Stimme, wohl die des Befehlshabenden, der seinen Männern sehr laute Anweisungen gab.
    Leise schob sich Adelina ins Innere des Turmes. Hier brannte eine Fackel und spendete Licht. Ohne recht zu wissen, was sie tat, eilte Adelina zu dem schmalen Regal neben der Treppe, die nach oben und auch nach unten zu den Kellerräumen führte, nahm sich eine neue Fackel, entzündete sie an derjenigen, die an der Wand brannte, und stieg die Stufen hinab. Unten war es kühl und sehr still. Es gab eineKammer, in der mehrere Kisten und sogar Weinfässer gelagert wurden, und einen größeren Raum mit niedrigen Gewölbedecken, in dem ein Tisch mit zwei Bänken stand. Erst auf den zweiten Blick sah Adelina die winzige Tür, die rechts hinten in die Wand eingelassen war. Ob es dort noch weiterging? Die Tür war mit einem breiten Balken verschlossen, der sich jedoch leicht aus der Verankerung heben ließ. Da sich frische Kratzspuren an der Tür befanden, schloss Adelina, dass die kleine Pforte wohl lange verschlossen gewesen und erst kürzlich geöffnet worden war.
    Sie leuchtete in die Finsternis hinter dem Türchen und erkannte mit Erleichterung, dass eine Treppe weiter nach unten führte. So einfach hatte sie sich ihre Suche nicht vorgestellt. Vielleicht hatte die Muttergottes doch ein Einsehen mit ihr und lenkte sie auf sicherem Pfad.
    Adelina zog die Tür wieder hinter sich zu. Obgleich die Scharniere etwas quietschten, glaubte sie nicht, dass jemand das Geräusch hören würde. Und nur wenn einer der Wachleute in den Keller hinabstieg, würde er sehen, dass jemand den Balken fortgenommen hatte. Mit neuem Mut stieg Adelina die Treppe hinab und folgte einem engen Gang, der nach nur wenigen Schritten vor der Tür zu einer weiteren Kammer endete. Die Tür war nur angelehnt, der Raum dahinter offenbar Teil einer alten Ruine. Er war beinahe quadratisch und mehr als fünfzehn Schritt lang. Zu beiden Seiten ragten die Überreste von behauenen Steinquadern und Säulen aus dem Mauerwerk. Hatte man hier den toten Säugling gefunden? Es gab keinerlei Spuren, die darauf hinwiesen, doch der Beschreibung nach musste es der Raum sein, von dem Reese gesprochen hatte.
    Verborgen hinter einer der Halbsäulen auf der rechten Seite entdeckte Adelina einen weiteren schmalen Durchgang. Sie versuchte sich hindurchzuzwängen, da sie im Schein ihrer Fackel auf der anderen Seite einen weiterenRaum entdeckte. Allerdings schaffte sie es nur mit Mühe und wäre beinahe stecken geblieben. Sie befand sich doch nicht in einem Raum, sondern in einem weiteren Gang, der leicht nach rechts abknickte und fast unmerklich bergab führte. Sollte sie dem Weg weiter folgen? Er schien zurück in Richtung Stadt zu führen, und wer wusste schon, wo er mündete und ob es noch einen anderen Ausgang gab. War es nicht sehr unvernünftig, hier so alleine entlangzuwandern? Was hatte sie sich nur davon versprochen? Hier gab es nichts als alte Ruinen und ein Labyrinth von Gängen, von dem sie bisher nie wirklich eine Ahnung gehabt hatte. Fast schien es ihr, als sei ganz Köln unterkellert.
    Umkehren war aber auch gefährlich, da die Wachmänner inzwischen ihre Posten bezogen haben mussten und ein ungesehenes Verlassen der Ulrepforte vermutlich unmöglich sein würde. Unschlüssig wanderte sie ein Stück weiter bis zu einer Gabelung. Sie hielt sich rechts und atmete auf, als sie bemerkte, dass der Gang wieder anstieg und schließlich in eine Falltür mündete. Doch wo befand sie sich? Gab es hier

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