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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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zufällig ein Bauer vorbei. Zur Straße hin trennten dicke Steinmauern sie von den Menschen, die sie vielleicht hätten hören können. Außerdem, so musste Adelina sich eingestehen, fürchtete sie, viel zu schwach zum Rufen zu sein. Der lange Marsch durch die Nacht, die Aufregung und nicht zuletzt ein stetig wachsendes Hungergefühl hatten ihre Kräfte inzwischen fast vollständig aufgezehrt. Wenn sie sich jetzt noch einmal anstrengte, würde das vielleicht auch die Wehen wieder auslösen.
    Es war zum Verrücktwerden. Ohnmächtig hieb Adelina mit der Faust gegen die Tür. Sie hatte sich mit ihrer hirnrissigen Idee viel zu viel zugemutet. Ludmilla hatte sie ja schon vor Tagen gewarnt, dass verstärkte Aufregung dem Kindchen unter ihrem Herzen schaden könne. Aber was hätte sie denn tun sollen? Sie musste Neklas irgendwie zu helfen versuchen.
    «Neklas.» Tränen traten in Adelinas Augen. Wie sehr wünschte sie sich, jetzt bei ihm zu sein! Wie es ihm wohl erging? Übermorgen war sein erster Prozesstag. Wenn er wüsste, in welch schrecklicher Lage sie sich befand, würde er vermutlich vor Sorge außer sich geraten.
    Als draußen erneut Geräusche laut wurden, hob sie lauschend den Kopf. Kam Greverode mit seinen Männern, um sie zu befreien? Sollte sie schreien, um auf sich aufmerksam zu machen?
    Bevor sie sich dazu entschließen konnte, hörte sie jedoch, dass sich jemand an dem Schloss zu schaffen machte, und im nächsten Moment sprang die Tür auf. «Ihr kleines Miststück!» Sie hatte kaum Zeit zu reagieren, denn schon packte Emilianus sie an den Armen und zerrte sie auf die Füße. Im nächsten Moment hielt er ihr den kleinen Dolch an den Hals. «Ihr kommt Euch wohl besonders klug vor, wie? Lasst Ihr Euch immer von kleinen Mädchen begleiten, wenn Ihr Eure Nase in fremde Angelegenheiten steckt?»
    Vor Entsetzen gefror Adelina das Blut in den Adern.
    «Aber lasst Euch eines gesagt sein», fuhr er mit vor Zorn bebender Stimme fort. «Mich hintergeht niemand ungestraft. Welch ein Glück, dass mein Gaul lahmt und ich deshalb nicht so schnell vorankam. So konnte ich Eure hübsche kleine Tochter rechtzeitig entdecken.»
    «Was habt Ihr mit ihr gemacht?», brachte Adelina mühsam hervor und bemühte sich gleichzeitig, sich nicht zu bewegen, um der scharfen Klinge zu entgehen.
    «Oh, meine Liebe, bis jetzt noch gar nichts», säuselte Emilianus in ihr Ohr und stieß sie durch die Tür nach draußen. Das helle Licht der Morgensonne blendete Adelina, sodass sie zunächst gar nichts sehen konnte. Erst nachdem sie mehrmals heftig geblinzelt hatte, erblickte sie Griet am Boden neben dem Rappen. Sie war an Händen und Füßen gefesselt, und zwischen ihren Lippen steckte ein Knebel. Angstvoll verdrehte sie die Augen, als sie Adelina sah.
    «Ihr dürft ihr nichts tun», stammelte Adelina. Dabei spürte sie die Schneide des Messers an ihrem Hals. «Sie ist doch noch ein Kind.»
    «Aber sicher ist sie das. Wie überaus passend.» In der Stimme des Geistlichen schwang bösartige Erheiterung mit. «Schade nur, dass sie das Erwachsenenalter niemals erreichen wird, Meisterin Burka. Das hättet Ihr Euch früher überlegen sollen, bevor Ihr sie mit in die Verderbnis geführt habt.»
    Adelina rang nach Atem. «Ich habe nicht …» Sie brach ab. Es war sinnlos, Emilianus zu erklären, dass Griet und Mira ihr heimlich gefolgt waren. Vielmehr musste sie versuchen zu verhindern, dass er ihrer Stieftochter etwas antat. «Was habt Ihr jetzt vor?», fragte sie deshalb in der Hoffnung, ihn abzulenken.
    Emilianus stieß sie noch ein Stückchen vorwärts. «Ihr habt meine Pläne durchkreuzt, elendes Weib.» Seine Heiterkeit wich erneutem Zorn. «Also musste ich sie gezwungenermaßen ändern. Ich binde Euch jetzt Arme und Füße wie der Kleinen, damit Ihr mir nicht weglauft. Und dann werde ich alles für meine Opfergabe vorbereiten.» Während er sprach, hatte er plötzlich einen Strick zur Hand. Er bog ihr schmerzhaft die Arme hinter den Rücken und fesselte sie. Dann stieß er sie zu Boden, knebelte sie mit einem nach Kräutern riechenden Leinentuch und band ihr zum Schluss die Füße. Sie versuchte sich zu wehren, doch er trat ihr soheftig in die Seite, dass sie vor Schmerz aufschrie. Anschließend riss er sie wieder halb hoch und zerrte sie zurück in die Grabkammer, wo er sie achtlos wie einen Sack alter Kleider zu Boden fallen ließ.
    Adelina krümmte sich. Nicht nur die Stelle, an der sein Stiefel sie getroffen hatte, schmerzte. Eine erneute

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