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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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sich rasch wieder. «Ich bleibe in seiner Nähe – vorsorglich», sagte er leise und verschwand ebenfalls.
    Adelina stieß zitternd die Luft aus, rieb sich den schmerzenden Rücken und ging langsam zurück in die Küche.

6
    «Nimm nicht zu viel davon», mahnte Adelina, die mit Argusaugen jeden Handgriff überwachte, den Mira ausführte. Heute, zwei Tage nach der denkwürdigen Hausdurchsuchung, bei der auch Hauptmann Greverode nichts Belastendes im Hause Burka hatte finden können, hatte sie beschlossen, mit ihren Lehrmädchen eine neue Rezeptur für Konfekt auszuprobieren. Mira war es gewesen, die vorgeschlagen hatte, der klebrig-süßen Zuckermasse etwas von dem Aqua Ardens beizumischen. Adelina war zwar skeptisch, ließ das Mädchen jedoch gewähren. «Wenn du zu viel nimmst, wird das Ganze viel zu scharf – und meine Kunden betrunken, wenn sie davon kosten.»
    «Es sind doch bloß ein paar Tropfen», widersprach Mira und stellte die Phiole mit dem Weingeist bedächtig zur Seite. Dann blickte sie sich um. «Griet, hol doch mal das große Brett», bat sie. «Wenn wir kleine Kügelchen drehen, könnten wir sie mit einem Guss überziehen …» Nachdenklich legte sie die Stirn in Falten. «Meisterin, habt Ihr eigentlich schon einmal Marzipan hergestellt?»
    «Nein, bisher noch nicht», antwortete Adelina. «In Köln gibt es meines Wissens derzeit keine Apotheker, die Marzipan selbst herstellen. Aber ich habe welches da. Doctore Bertini verschreibt es seinen Patienten oft gegen Verstopfung und Blähungen.»
    Griet kam kichernd mit einem großen Brett aus dem Hinterzimmer. «Das ist aber bestimmt eine teure Arznei, oder?»
    «O ja, allerdings.» Adelina nickte. «Mandeln sind teuer, von den seltenen Bittermandeln ganz zu schweigen. Und Rosenwasser …»
    «Rosenwasser stellen wir doch selbst her», rief Mira dazwischen. «Das ist gar nicht schwer. Wenn wir auch selbst Marzipan machen würden, könnten wir versuchen, unser Konfekt damit zu überziehen.»
    «Aber Mira.» Schmunzelnd schüttelte Adelina den Kopf. «Unser Konfekt können sich so schon nur sehr reiche Leute leisten. Wenn wir es mit Marzipan überziehen, wer soll es denn dann noch kaufen?»
    «Der König», schlug Mira vor, ohne eine Miene zu verziehen. «Oder der Erzbischof. Die reichen Patrizier und Adelsgeschlechter würden es sich schon leisten können.»
    «Also, ich weiß nicht.»
    «Bitte, Meisterin. Ich würde zu gerne lernen, wie man Marzipan macht!»
    «Ich auch, Mutter.»
    Adelina blickte überrascht von ihrem Lehrmädchen zu ihrer Stieftochter.
    «Ich will doch mal eine gute Apothekerin werden», bekräftigte Mira mit ernster Miene. «Wer weiß, vielleicht werde ich dann einmal für mein Marzipan berühmt. So wie Ihr für Euer Konfekt, Meisterin.»
    Schmunzelnd deutete Adelina auf die Masse, die die Mädchen eben angerührt hatten. «Werd erst einmal berühmt darin, diese einfachen Zuckerkugeln hübsch gleichmäßig hinzubekommen. Dann sehen wir weiter.»
    «Adelina?» Neklas betrat die Apotheke und blickte sich suchend um. «Hast du mein kleines Messer gesehen? Du weißt schon, das mit der schwarzen Lederscheide und den kleinen Edelsteinen am Griff?»
    Adelina schüttelte den Kopf. «Nein, nicht dass ich wüsste. Wozu brauchst du es denn?»
    «Ich will es heute Abend mitnehmen.» Auf Adelinas verwunderten Blick hin erklärte er: «Ab morgen bin ichdoch für zehn Tage zum Wachdienst an der Ulrepforte eingeteilt.»
    «Auch das noch.» Missbilligend verzog Adelina die Lippen. «Geben sie euch dazu nicht Waffen aus dem Blidenhaus?»
    «Sicher, aber das Messer ist sehr scharf und angenehm klein. Es lässt sich besser am Gürtel tragen.»
    Adelina nickte und überlegte, wo sie das Messer zuletzt gesehen hatte. Erfreut war sie nicht über die Nachricht, dass Neklas zum städtischen Wachdienst gerufen wurde, doch zu ändern war es nicht. Jeder Bürger der Stadt, der über die vollen Bürgerrechte verfügte, musste in regelmäßigen Abständen den Waffendienst leisten oder, wenn er es sich leisten konnte, einen oder mehrere Männer dafür abstellen. Es gab einige reiche Patrizier, die sich von dieser Aufgabe gegen Zahlung hoher Summen freikauften, für Neklas kam dies jedoch nicht in Frage. Er sah sich verpflichtet, den Wachdienst zu übernehmen, wenn er an der Reihe war, und er schickte auch nicht Ludowig an seiner Stelle. Nur einmal hatte der Knecht seinen Posten übernehmen müssen, als Neklas zu einem erkrankten Geistlichen aus dem Gefolge des

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