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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Erzbischofs gerufen worden war.
    «Wo hattest du das Messer denn zuletzt?», fragte Adelina.
    Neklas zuckte mit den Schultern. «Auf der Hinrichtung neulich habe ich es bei mir getragen. Ich erinnere mich aber nicht, ob ich es danach noch hatte.»
    «Glaubst du, jemand könnte es dir gestohlen haben?»
    Neklas brummelte etwas. «Beutelschneider waren an dem Tag wahrscheinlich genug unterwegs. So ein Ärger!» Mit gerunzelter Stirn verließ er die Apotheke wieder, offenbar, um sich erneut auf die Suche zu begeben.
    Adelina wandte sich wieder den Mädchen zu und blickte sie auffordernd an. «Nun, ihr beiden? Wollt ihr noch längerMaulaffen feilhalten, oder geht ihr jetzt wieder an eure Arbeit?»
    ***
    Adelina lag in ihrem Bett und starrte hellwach in die Dunkelheit. Draußen ging ein heftiger Regenguss nieder. Normalerweise empfand sie das Rauschen als beruhigend, heute jedoch wollte sich diese Wirkung nicht einstellen. Es war Neklas’ zweite Nacht im Wachdienst – am Morgen würde er todmüde heimkehren und dann den halben Tag verschlafen. Sie schalt sich eine dumme Gans, fühlte sich aber trotzdem einsam. Es wollte ihr nicht gelingen, sich auf ihre Aufgaben am morgigen Tag zu konzentrieren, obwohl sogar das Kindlein in ihrem Bauch ausnahmsweise Ruhe gab und zu schlafen schien.
    Umständlich versuchte Adelina sich auf die Seite zu drehen, um bequemer zu liegen. Diese Schwangerschaft machte ihr mehr zu schaffen als die letzte. Nicht unbedingt körperlich – mit der zunehmenden Behäbigkeit kam sie ganz gut zurecht. Doch sie fühlte sich neuerdings ständig angegriffen und nervös, nahm sich jedes Wort zu Herzen. Auch ihre heftige Reaktion auf die beiden Büttel schrieb sie dieser neuen Empfindlichkeit zu. Sachte fuhr sie mit den Fingerspitzen über ihren Bauch und meinte, den Kopf des Kindes zu ertasten. Oder war es die Schulter? Und dann musste sie an die Flickschustersgattin Katharina denken. Bisher hatte man sie nicht gefunden, und es stand zu befürchten, dass ihr ein Unglück widerfahren war. Es kam schon hin und wieder vor, dass in Köln Menschen spurlos verschwanden. Nicht selten bedeutete das, dass sie aus Versehen oder Unachtsamkeit in den Rhein gefallen und ertrunken waren. Nur sehr wenige von ihnen fand man stromabwärts wieder, in den Reusen der Fischer oder bei denWassermühlen. Doch was hätte Frau Katharina wohl unten am Fluss gewollt, wenn sie eigentlich auf dem Weg zur Apotheke gewesen war, um die reparierten Schuhe zurückzubringen? Das ergab keinen Sinn, es sei denn, sie hatte am Hafen frischen Hering oder Lachs kaufen wollen. Weshalb aber hatte sie das nicht erst auf dem Rückweg erledigt?
    Ein leises Knarren riss Adelina aus ihren Gedanken. Im Dunkeln nahm sie eine Bewegung wahr, als Moses, der ebenfalls etwas gehört hatte, aufstand und zur Tür tappte. Sie lauschte und vernahm wieder dieses Knarren. Lief da jemand im Haus herum? Da Moses keinen Laut von sich gab, schien es sich nicht um einen Fremden zu handeln. Doch wer um alles in der Welt schlief um diese Zeit noch nicht?
    Leise stand sie auf, streifte ihr Unterkleid über und steckte mit wenigen Handgriffen ihr locker geflochtenes Haar auf. Sie tastete sich im Dunkeln zur Tür und blickte aufmerksam hinaus. Moses drückte sich an ihre Beine und stieß ein leises Schnauben aus. Sie schob ihn sanft beiseite und trat auf den Gang, da sie unter der Tür zu Miras Kammer einen schmalen Lichtschimmer erblickt hatte. Leise ging sie darauf zu und lauschte; aus der Kammer drang nicht ein Laut.
    Entschlossen öffnete sie die Tür und trat ein.
    Mira stand am Fenster und fuhr erschrocken herum, als sie Adelina hörte. «Meisterin! Was macht Ihr denn hier?»
    Adelina blickte sie aufmerksam an. «Das frage ich dich, Mädchen. Es ist fast Mitternacht. Warum schläfst du nicht längst?» Sie musterte ihr Lehrmädchen, das ebenfalls nur ein hellgelbes Unterkleid trug. Der passende hellbraune Surcot mit den hübsch bestickten Ärmeln lag wie achtlos fortgeworfen auf dem Bett.
    Als Mira Adelinas missbilligenden Blick auffing, nahm sie rasch das Kleid, schüttelte es aus und hängte es an einender Haken an der Wand. «Es tut mir leid, Meisterin, wenn ich Euch geweckt habe. Ich konnte nicht einschlafen und hatte gehofft, dass ein bisschen frische Luft mir guttun würde.»
    Adelina sah zu dem geöffneten Fensterladen hin, vor dem der Regen noch immer in Strömen zur Erde pladderte. «Gibt es einen Grund für deine Schlaflosigkeit?», wollte sie wissen und

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