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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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wichtigen Entscheidungen konsultieren muss.»
    «Keine schlechte Idee», befand Jupp. «Ich mache mich am besten gleich auf den Weg.»
    ***
    «Ihr hättet auch mich wegen der Bürgschaft ansprechen können», sagte Georg Reese bei seinem nächsten Besuch in der Apotheke am Nachmittag des gleichen Tages. «Ich hätte selbstverständlich mein Wort für Euren Gemahl gegeben.» Er lehnte den Gehstock, den er noch immer mit sich führte, gegen den Tresen.
    «Ich dachte, Ihr dürftet Euch mit dieser Angelegenheit nicht befassen.» Adelina schob mit dem Fuß einen Keil unter die Haustür, damit sie weit offen stehen blieb. Die Hitze war mittlerweile so unerträglich geworden, dass im ganzen Haus Türen und Fenster geöffnet worden waren, um auch den geringsten Luftzug auszunutzen.
    «Als Gewaltrichter bin ich nicht befugt, mich einzumischen, aber als Bürger der Stadt Köln steht es mir frei, für den städtischen Medicus zu bürgen», antwortete er. «Aber wie es aussieht, habt Ihr ja drei ehrenwerte Männer gefunden, das sollte ausreichen.» Mit dem Ärmel seines Hemdes wischte er sich den Schweiß aus dem Nacken. «Wenn es nicht bald ein Gewitter gibt, das die Luft abkühlt, werden wir die ersten Leichen von den Straßen auflesen müssen. Die Armen und die Bettler trifft es immer zuerst. In der nächsten Sitzung wird der Rat darüber sprechen, ob es angebracht ist, die Armenviertel nach Pest- und anderen Seuchenherden abzusuchen.»
    Adelina schauderte. «Glaubt Ihr, es könnte schlimm werden?»
    «Man kann jetzt noch nichts sagen.» Reese blickte nachdenklich hinaus auf den Alter Markt. «Aber dieser Sommer ist schon sehr lange trocken und heiß. Jetzt noch diese schwüle Luft, die den krankmachenden Odem noch begünstigt … Vergesst nicht, dass sogar die Geißler vor neuer Pestilenz gewarnt haben.»
    «Die Geißler? Hat der Rat sie nicht mit Waffengewalt aus der Stadt geworfen?», wunderte Adelina sich.
    «Dem ist wohl so», bestätigte Reese. «Aber wo immer diese Endzeitprediger auftauchen, ist meist auch die Strafe Gottes nicht fern.»
    «Vielleicht, weil diese verlausten Wegelagerer die Krankheiten einschleppen», mutmaßte Greverode mit grimmiger Miene. Er hatte sich neben der Tür postiert, ignorierteAdelina jedoch weitestgehend – und sie tat dasselbe mit ihm.
    Reese nickte. «Da mögt Ihr vielleicht sogar recht haben. Gleichwohl besteht auch ohne sie immer die Gefahr, dass in den engen Gassen der Armenviertel üble Dämpfe entstehen, die sich bei solcher Hitze zu schlimmen Krankheiten entwickeln können.» Achselzuckend wandte er sich wieder an Adelina. «Das soll Eure Sorge jedoch heute nicht sein. Ich gehe davon aus, dass Magister Burka möglicherweise schon heute Abend freigelassen wird. Sobald die Aussagen der Bürgen protokolliert wurden, steht dem jedenfalls nichts mehr entgegen.» Er lächelte wieder. «Bereitet ihm ein leckeres Mahl, Frau Adelina. Ich weiß, dass Ihr gut kocht, und er wird es sicher zu schätzen wissen nach diesem unerfreulichen Aufenthalt in der Kunibertstorburg. Und Ihr», er blickte zu Greverode, «Ihr könnt dieses Haus verlassen, sobald der Herr Magister hier eintrifft. So hat es der Vogt angeordnet.»
    Greverode nickte knapp und ohne die Miene zu verziehen. Lediglich in seinen Augen meinte Adelina ein kurzes erleichtertes Aufblitzen zu erkennen. Sie konnte es ihm nachfühlen. Auch sie war hocherfreut, den Hauptmann und auch den Soldaten Stache wieder loszuwerden.
    «Ich muss mich nun verabschieden», fuhr Reese fort. «Eigentlich war ich nämlich auf dem Weg zur Ulrepforte. In der Nähe des Stadttores hat man einen menschlichen Schädel entdeckt, und nun soll ich herausfinden, ob er zu den gestohlenen Knochen aus dem Beinhaus in der Rheingasse gehört.»
    «Ihr sollt das herausfinden?», wunderte Adelina sich. «Woran wollt Ihr das denn erkennen? Ein Schädel sieht doch aus wie der andere.»
    «In diesem Falle nicht», erklärte er. «Die Knochen aus dem Beinhaus sind gekennzeichnet, um eine Verwechslung auszuschließen.»
    «Gekennzeichnet?»
    «Die Hinterbliebenen der Verstorbenen haben die Gebeine mit ihren Haus- oder Namenszeichen bemalen lassen, bevor man sie vom Friedhof in das Beinhaus bringen ließ.»
    «Und der gefundene Schädel ist ebenfalls bemalt?»
    «So sagte man mir», bestätigte Reese und griff wieder nach seinem Stock. «Ihr entschuldigt mich also, damit ich der Sache auf den Grund gehen kann?»
    «Ich wünsche Euch Glück», antwortete Adelina. «Vielleicht

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