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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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bringt Euch dieser Schädel ja auf die Spur der Räuber.»
    «Das wäre wünschenswert.» Reese nickte ihr zu und verließ dann das Haus.
    Nachdem er gegangen war, beschloss sie, die Apothekentür wieder abzuschließen und sich zu Franziska und den Mädchen zu gesellen, denen sie erlaubt hatte, mit Colin im Hinterhof zu spielen. Trotz der Hitze hatten die Kinder und die Magd offenbar einen großen Spaß dabei, denn seit einiger Zeit schon drang unbeschwertes Lachen zu ihr herein. Dann jedoch ertönte plötzlich ein Protestschrei und gleich darauf Colins heftiges Weinen.
    Adelina ging rasch durch das Haus zur Hintertür und blickte hinaus in den Hof. Franziska hielt den brüllenden Colin auf dem Arm, während Mira und Griet wie wild unter dem alten Apfelbaum neben dem Brunnen herumsprangen und offenbar versuchten, nach etwas zu haschen. Auch Vitus saß im Garten, war jedoch ganz in ein Spiel mit seiner Katze vertieft und beachtete das Geschrei und Gejohle gar nicht.
    «Was ist denn hier los?», wollte Adelina wissen.
    Franziska kam auf sie zu und versuchte dabei, Colin von dem Baum abzulenken. Doch der Junge zappelte und wollte immer wieder dorthin. «Nichts Schlimmes, Herrin. Wir haben bloß mit dem Holzring gespielt, Ihr wisstschon, den Meister Jupp Colin geschenkt hat und den man so schön über den Boden rollen kann. Wir haben ihn auch geworfen, das hat dem Jungen Spaß gemacht, aber jetzt hängt das Ding oben im Baum, und wir kommen einfach nicht heran.» Franziska wies auf die Mädchen, die noch immer unablässig auf und ab hüpften. Keine der beiden war jedoch groß genug, um den Ring zu erreichen. Mittlerweile hatte Mira einen Stock herbeigeholt und versuchte damit, den Ring herunterzuholen, aber vor lauter Kichern und Lachen schlugen ihre Versuche immer wieder fehl.
    Kopfschüttelnd trat Adelina näher an den Baum heran. Die Mädchen wichen ein Stückchen zurück; weniger, um ihr Platz zu machen, als vielmehr, weil sie sich vor Lachen mittlerweile die Bäuche hielten und nach Atem rangen. Als dann jedoch auch Hauptmann Greverode dazukam, der Adelina wie ein Schatten gefolgt war, verstummten Mira und Griet und zogen sich noch ein Stückchen weiter zurück.
    Adelina blickte prüfend in die Baumkrone und entdeckte den Holzreif schließlich. Er klemmte unglücklich zwischen zwei Ästen. Sie drehte sich um. «Gebt mir mal den Stock.»
    «Mama, hol den Ring», jammerte Colin und zappelte erneut auf Franziskas Arm. Die junge Magd trat etwas näher heran.
    Adelina lächelte ihrem Sohn beruhigend zu. «Ich versuche, den Ring herunterzuholen, Colin. Aber du musst ein braver Junge sein und aufhören zu weinen.»
    Colin gab ein wimmerndes Geräusch von sich und bemühte sich tapfer, die Tränen zurückzudrängen. Daraufhin wandte sich Adelina wieder dem Baum zu, kam jedoch nicht dazu, den Stock anzuheben, da Greverode ihn ihr aus der Hand nahm und achtlos zur Seite warf. Erstaunt und leichtverärgert blickte sie zu ihm auf, brachte jedoch vor Verblüffung kein Wort heraus, als er Franziska ihren Sohn aus den Armen nahm und zum Baum trug.
    «Das kann der junge Herr doch schon selbst», sagte er mit einem gutmütigen Lächeln, das Adelina noch niemals an ihm gesehen hatte.
    Greverode hob Colin so weit hinauf in die Baumkrone, dass dieser nach dem Ring greifen konnte. «Feste ziehen», befahl der Hauptmann freundlich und mit einem Lachen in der Stimme. Colin gehorchte und schrie begeistert auf, als er den Holzreif in seinen Händen hielt. Greverode schwang ihn kurz durch die Luft, woraufhin Colin jauchzte, und setzte ihn dann auf dem Boden ab. Er gab dem Jungen einen leichten Klaps auf den Hosenboden und sah zu, wie Colin begeistert zu Franziska rannte und ihr den Ring in die Hand drückte. Anschließend kehrte er wieder um und lief zu seiner Mutter. «Mama hoch!», forderte er von ihr.
    Adelina nahm ihn auf den Arm und blickte dabei zu Greverode auf. «Vielen Dank», sagte sie. «Das war sehr nett von Euch.»
    Seine Miene verschloss sich sogleich wieder. «Keine Ursache, Meisterin Burka.» Er wandte sich ab und ging zur Hintertür, wo er sich mit verschränkten Armen postierte und in eine andere Richtung blickte.
    «Was war das denn?», raunte Franziska Adelina zu. In den Augen der Magd spiegelte sich Verblüffung. «Dieser Mensch wird doch nicht etwa ein Herz besitzen?»
    Adelina hob ratlos die Schultern. «Kaum vorstellbar», antwortete sie ebenso leise. «Womöglich hat ihn die Aussicht, dieses Haus in Kürze verlassen

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