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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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ganz ruhig. Also hol mir jetzt das Mädchen herein.»
    Ludmilla schüttelte schmunzelnd den Kopf. «Ich sag’s ja, einer so stur wie der andere. Muss wohl in der Luft liegen.» Sie ging zur Tür. «Ich schau mal, wo die Kleine steckt.»

19
    Mira hielt die Arme fest vor ihrem Leib verschränkt, als sie wenig später Adelinas Kammer betrat. Das hellblonde Haar fiel ihr in einem kunstvoll geflochtenen Zopf über die linke Schulter, und ihre hellblauen Augen blitzten trotzig. Adelina betrachtete das Mädchen eingehend, und ihr wurde dabei bewusst, dass ihr gar nicht aufgefallen war, wie sehr Mira sich in den letzten Monaten verändert hatte. Sie war eine junge Frau geworden – eine höchst ansehnliche junge Frau mit ihrer schlanken, grazilen Gestalt. Ihre Aufsässigkeit und ihr vorlautes Mundwerk jedoch ließen diesen äußeren Liebreiz rasch wieder vergessen.
    Innerlich seufzend winkte sie ihr Lehrmädchen zu sich heran. «Was soll ich mit dir machen?», fragte sie ruhig. «Du benimmst dich wie ein verzogenes Kind, bist ungehorsam und machst damit mir und meiner Familie Schande.» Sie hielt kurz inne. «Dem Hauptmann gegenüber verhältst du dich in einer unmöglichen Weise, die ich so nicht dulden kann. Dabei müsstest du es eigentlich besser wissen.»
    Bei ihren Worten hatte Mira ihren Blick immer weiter gesenkt. Umständlich setzte Adelina sich etwas weiter auf. «Sag mir, was los ist, Mira. Ich kann dir deine Aufsässigkeit nicht durchgehen lassen, das weißt du. Solange du in meinem Hause eine Lehre machst, bin ich für dich verantwortlich. Auch wenn du von adeliger Geburt bist, ändert das nichts an deiner Stellung hier. Oder willst du vielleicht, dass ich dich hinauswerfe?»
    Miras Kopf ruckte hoch, und sie blickte Adelina erschrocken an. «Nein, Meisterin, bitte nicht! Ich will nicht … Ich möchte doch meine Lehre bei Euch machen.»
    «Nun gut, dann erkläre mir, weshalb du dich plötzlich derart untragbar benimmst.»
    Mira löste ihre Arme von ihrem Körper und verschränkte stattdessen ihre Hände ineinander. «Ich will Euch keine Schande machen. Ich …» Sie schien nach Worten zu suchen. Adelina blickte sie abwartend an. «Wenn Ihr wollt, entschuldige ich mich bei dem Hauptmann. Er … also …» Mira biss sich auf die Lippen. «Ich habe nicht nachgedacht, Meisterin. Ich dachte nur, wenn ich ein bisschen ungezogen bin und …»
    «… vorlaut», half Adelina weiter.
    Mira nickte. «Ich dachte, dass ich dann eher bei Euch bleiben darf.»
    «Wie bitte?» Verblüfft hob Adelina den Kopf.
    Mira verzog kläglich die Lippen. «Ich weiß, das klingt verrückt. Aber Ihr müsst wissen, dass mein Vater – Stiefvater», verbesserte sie sich rasch und mit Nachdruck, «mich verheiraten will.»
    «Ach.» Adelina legte erstaunt den Kopf auf die Seite. «Mit wem?»
    Mira zuckte mit den Schultern. «Das …» Sie zögerte. «Das tut doch nichts zur Sache, oder? Ich will nicht heiraten, nur weil mein Stiefvater ein gutes Geschäft wittert. Er wollte mich ins Kloster schicken, nur, weil er sich einen Vorteil davon versprochen hat. Und jetzt will er mich irgendeinem Kerl verkaufen.»
    «Mira …»
    «Ist doch so!», begehrte Mira auf. «Mutter kommt diesmal nicht gegen ihn an. Sie hat gebettelt und gefleht, dass er mich wenigstens die Lehre hier beenden lässt. Aber er hat gesagt, dass er den Hochzeitstermin aushandelt, wann es ihm passt – und je eher, desto besser.» Miras Kinn begann zu zittern, doch sie drängte die Tränen tapfer zurück. «Ich dachte doch nur, dass ich vielleicht hierbleiben kann, wennich mich so schlecht benehme, dass … na ja, dass kein Mann mich haben will. So etwas spricht sich doch herum, nicht wahr? Ihr habt ja selbst einmal gesagt, dass ich mit meiner Art und meinem frechen Mundwerk schwerlich einen Mann für mich begeistern würde.»
    «Das habe ich gesagt?» Adelina konnte ein amüsiertes Lächeln nur schwer unterdrücken. «Wann soll das gewesen sein?»
    Mira zuckte mit den Schultern. «Ist schon eine Weile her.» Sie schluckte. «Verzeiht mir, Meisterin. Ich habe nicht bedacht, dass mein Verhalten auf Euch zurückfallen würde. Aber was soll ich denn machen? Ich will so gerne bei Euch bleiben und Apothekerin werden.»
    «Komm her.» Adelina klopfte einladend auf die Bettkante, und Mira ließ sich zögernd darauf nieder. «Du hättest mir gleich davon erzählen sollen», sagte sie. «Wenn du möchtest, gehe ich zu deinem Vater und rede mit ihm. Vielleicht lässt er sich ja doch

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