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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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Vogt hätte sofort davon Wind bekommen und Neklas verurteilt, noch bevor wir herausgefunden hätten, dass sich hier unten lediglich ein Beinhaus befindet.»
    Dieser Umstand schien Greverode bislang entgangen zu sein, denn erst jetzt blickte er sich mit sichtlichem Unbehagen um. Anschließend wandte er sich wieder Adelina zu. «Ihr haltet mich tatsächlich für dumm», stellte er spöttisch fest. «Aber ich bin nicht Hauptmann geworden, indem ich nur gehandelt habe, ohne vorher nachzudenken. Eine Vorgehensweise, die ich auch Euch sehr ans Herz legen möchte.» Er hielt kurz inne, und sein bohrender Blick ruhte derart unangenehm auf ihr, dass Adelina die Augen senkte. «Glaubt Ihr wirklich, ich würde derart leichtfertig ein Urteil fällen?», fragte er schließlich, und in seiner Stimme klang ein Anflug von Resignation mit.
    Adelina zog die Schultern hoch. «Ich weiß nur, dass Ihr nie eine Gelegenheit ausgelassen habt, mir Eure Geringschätzung und Verachtung zu zeigen», antwortete sie dumpf. «Da wundert Ihr Euch, wenn ich Euch nicht vertraue?»
    «Ich verachte Euch nicht, Meisterin Burka», antwortete er unerwartet.
    Ihr Kopf ruckte wieder, und sie funkelte ihn an. «Achnein?» Sie schnaubte. «Stimmt, Ihr hasst mich. Das waren, glaube ich, Eure Worte, nicht wahr?» Sie nahm der neugierig lauschenden Ludmilla den Kienspan aus der Hand und drängte sich an Greverode vorbei in den Gang. Mit großen Schritten ging sie zurück zur Treppe, die in ihren Keller führte. Greverode und Ludmilla folgten ihr eilig.
    Als sie die Stufen erklommen hatte, blickte sie überrascht in die Gesichter ihres Gesindes und der beiden Mädchen. Sämtliche Hausbewohner – einschließlich Moses – hatten sich schweigend und sichtlich verblüfft um die Falltür geschart.
    Adelina klopfte sich etwas Staub von ihrem Rock und blickte Greverode spöttisch an, als dieser ebenfalls heraufstieg. «Wunderbar», sagte sie. «Nun weiß wenigstens jede Seele in diesem Haus von dem Geheimgang.»
    ***
    Unter den gegebenen Umständen blieb Adelina nichts anderes übrig, als die Bewohner ihres Haushalts in die Vorkommnisse des vergangenen wie auch des heutigen Tages einzuweihen. Dazu hatten sie sich wieder einmal um den großen Küchentisch versammelt, und diesmal hatte sich Greverode gleich zu ihnen gesetzt. Nachdem Adelina ihren Bericht beendet hatte, blieb es still im Raum. Offenbar traute sich niemand, etwas dazu zu sagen. Lediglich Vitus plapperte leise vor sich hin; er war der Einzige, der nicht am Tisch saß, sondern auf der Ofenbank. In den Armen hielt er wie immer seine Katze, die sich mit genüsslich geschlossenen Augen von ihm kosen ließ.
    Schließlich stellte Greverode den leeren Becher, den er zwischen den Fingern gedreht hatte, mit einem lauten Knall auf den Tisch und erklärte: «Die Falltür bleibt von nun an geschlossen, es sei denn, ich selbst öffne sie.» Er warf Adelinaeinen warnenden Blick zu. «Es gibt keinen Grund, Euch in Gefahr zu begeben, Meisterin Burka. Ihr wisst wohl nichts von der Unterwelt, die sich in den Ruinen und Gängen unter den Gassen und Plätzen Kölns befindet.»
    «Unterwelt?», fragte Griet erschrocken. «Was bedeutet das?»
    Greverode warf ihr einen kurzen Blick zu. «Es bedeutet, dass sich dort Gesindel der übelsten Art herumtreibt. Diebe, Hehler, Halsabschneider, Bettler. Selbst für einen bewaffneten Mann ist es nicht ungefährlich, dort hinabzusteigen. Eine Frau hat da unten nichts zu suchen.» Er hielt kurz inne. «Habt Ihr mich verstanden, Meisterin Burka? Ihr geht nicht mehr hinunter. Falls doch, werde ich mein Versprechen wahr machen und Euch in Eurer Kammer einsperren.»
    Adelina blickte ihn quer über den Tisch finster an. «Ihr glaubt noch immer, ich würde mich davonmachen.»
    «Ich traue Euch mittlerweile so einiges zu», erwiderte er in ebenso unfreundlichem Ton. «Aber ich halte Euch für klug genug, Euch meine Warnung zu Herzen zu nehmen.»
    «Neulich habt Ihr mich als dumm bezeichnet.»
    «Verflucht noch eins.» Zornig fuhr Greverode auf und starrte sie an. «Könnt Ihr nicht ein einziges Mal Euren Mund halten, Ihr elendes Weib? Haltet Euch gefälligst an meine Anordnungen; noch einmal werde ich sie nicht wiederholen.»
    Adelina lag eine beißende Antwort auf den Lippen, doch wie am Vortag begann das Kind in ihrem Bauch heftig um sich zu treten, sodass sie schmerzlich das Gesicht verzog und ihre Hände ineinander verkrampfte.
    Mira, die gleich neben ihr saß, bemerkte es als Erste und fasste

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