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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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einzige Chance und kaum den Bruchteil einer Sekunde Zeit, darüber nachzudenken, als er seinen Arm enger um meinen Hals legt. Ich biege den Rücken durch, beuge den rechten Arm und stoße mit dem Messer nach ihm. Er scheint die Bewegung zu spüren, und noch bevor ich den Stoß ausführen kann, versucht er auszuweichen – doch er ist nicht schnell genug; er stößt einen Schmerzensschrei aus und lockert seinen Griff so weit, dass ich nach Atem ringen kann, die Knie anwinkeln und blitzartig hochschnellen, sodass mein Kopf gegen sein Kinn kracht. Dadurch gibt er meinen linken Arm frei, und es gelingt mir, mit vorgestrecktem Dolch zu ihm herumzuwirbeln; er hinkt, bleibt jedoch unbeirrt, wenngleich ich leichter und schneller bin und ihn mit einer Reihe von Finten aus der Sicherheit der Schatten in die leere Straße hinaustreibe. Er holt aus, um mir einen Faustschlag zu versetzen, ich ducke mich und ramme ihm gleichzeitig das Messer in das weiche Fleisch des Oberschenkels. Als er brüllend erneut die Faust schwingt, trete ich ihm mit aller Kraft in den Unterleib, woraufhin er zurücktaumelt. Aber er ist kräftig gebaut und nicht gewillt, den Kampf aufzugeben; er holt zu einem neuerlichen Schlag aus, ich springe zurück, gerate mit dem Fuß in eine Furche in der Straße und lande hart rücklings auf dem Boden. Mein Gegner baut sich in seiner ganzen Größe über mir auf, greift nach seinem Gürtel, Stahl blitzt auf, und ich versuche, auf Händen und Füßen davonzukriechen, doch er ist schon wieder über mir. Nackte Angst durchzuckt mich, ich wappne mich für den tödlichen Stoß, und da torkelt mein Gegner plötzlich, als habe ihn ein Schlag getroffen, seine Hand sinkt, und er scheint in sich zusammenzusacken. Ich rolle mich zur Seite, wie er erst auf die Knie und dann wie eine zerbrochene Marionette auf das Gesicht fällt und ich einen Armbrustbolzen aus seinem Rücken ragen sehe. Erschüttert bleibe ich still liegen und versuche zu begreifen, was sich soeben ereignet hat, als eine in einen Umhang gehüllte Gestalt so schnell, dass ich ihre Gegenwart kaum registrieren kann, aus dem Schatten schießt und leichtfüßig den Addle Hill hinaufläuft, wo sie vom Nebel verschluckt wird.
    Ein leises Stöhnen entringt sich dem Mann neben mir – er ist noch nicht tot, wird es aber bald sein, wenn er keine Hilfe bekommt. Eine anders geartete Furcht ergreift von mir Besitz: Wenn ich hier angetroffen werde, wird man mich für den Mörder halten. Ich schiebe das Messer in die Scheide zurück, erhebe mich unsicher und werfe einen letzten Blick auf den Fremden, der mich sicherlich getötet hätte, sofern mein ebenso rätselhafter Schutzengel nicht zur Stelle gewesen wäre. Die feuchte Luft benetzt mein Gesicht. Wer war der Armbrustschütze, und wie lange ist er mir gefolgt? Ich blicke mich um, spähe erneut in den Nebel auf dem Addle Hill, in dem der Mann verschwunden ist. Die Straße bleibt ruhig. In der Ferne erkenne ich den tanzenden Lichtfleck einer Laterne – jemand nähert sich mir von Osten her. Ich klopfe mir den Staub ab und eile in die entgegengesetzte Richtung davon, bevor mich ein Passant hier entdeckt.
    Fowler schenkt einen Becher heißen Wein ein und reicht ihn mir, dabei runzelt er besorgt die Stirn. Ich kauere auf einem niedrigen Stuhl vor dem Feuer in seinem kleinen, ordentlichen Salon, während er, eine Hand auf den Kaminsims gestützt, stehen geblieben ist.
    »Aber Henry Howard ist ein Verbündeter der Verschwörer, Bruno«, gibt er zu bedenken, nachdem ich ihm von dem Hinterhalt erzählt habe, in den ich geraten war. »Wenn er Euch Mordgesindel auf den Hals hetzt, müsst Ihr es Castelnau sagen.«
    »Castelnau hat keinen Einfluss auf Howard. Er ist für die Verschwörer nur so lange von Nutzen, wie sie die Botschaft als Umschlagplatz für ihre Korrespondenz mit Maria benutzen können.« Ich trinke einen Schluck Wein und wärme mir die Hände an dem Becher. »Keiner von ihnen respektiert Castelnau oder den französischen König. Henry Howard hat ganz offensichtlich beschlossen, dass ich eine Gefahr für ihn bin und zum Schweigen gebracht werden muss. Ich bin erst dann sicher, wenn er verhaftet ist.«
    Fowler schnalzt ungeduldig mit der Zunge. Zum ersten Mal sehe ich, wie seine ruhige Gelassenheit Risse bekommt.
    »Ich weiß, was Ihr sagen wollt«, komme ich ihm zuvor und hebe eine Hand, um seine Kritik im Keim zu ersticken. »Ihr habt mich gewarnt, dass meine Eskapade in Arundel House ein böses Ende nehmen könnte,

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