Frevel: Roman (German Edition)
und Ihr habt Recht behalten. Ich hätte auf Euch hören sollen. Beinahe hätte es sich gelohnt!«
Er fährt sich seufzend mit der Hand durch das Haar.
»Gefahr liegt in der Natur unserer Arbeit. Wenigstens wart Ihr bereit, ein Risiko einzugehen.« Etwas, was an Bedauern grenzt, schwingt in seiner Stimme mit. »Es ist wirklich zu schade, dass Ihr dieser Ahnentafel aus Arundel House verlustig gegangen seid«, fügt er, den Kopf neigend, hinzu. »Sie hätte dazu geführt, dass Howard seinem Bruder geradewegs auf das Schafott gefolgt wäre.«
»Mir blieb keine andere Wahl. Wäre ich nicht zu dem Boot geschwommen, wäre ich auf der Stelle getötet worden. Ihr habt Walsingham eine Nachricht geschickt und ihn über den Verlauf des gestrigen Abends informiert, nehme ich an? Und ihm von dem Datum und der Liste sicherer Häfen berichtet?«
»Natürlich«, murmelt er. »Ich bin gleich heute Morgen als Erstes zu Phelippes gegangen. Doch leider fehlte mir ja ein schriftlicher Beweis. Großer Gott, Bruno – Henry Howard!« Er schüttelt den Kopf und stößt einen leisen Pfiff aus. »Ich kann kaum glauben, welches Ausmaß der Ehrgeiz dieses Mannes angenommen hat. Ihr glaubt, er hat es auch auf König James von Schottland abgesehen? Unvorstellbar.«
»Er ist absolut skrupellos. Dafür habe ich alle Beweise, die ich brauche.« Ich reibe mir den Hals. »Dabei habe ich Euch noch nicht einmal die Hälfte erzählt.«
Fowler hebt die Brauen und zieht sich ein Kissen heran, auf dem er im Schneidersitz Platz nimmt und auf den Rest der Geschichte wartet. Es stimmt, dass ich ihm nicht alles erzählt habe; bei meiner Wiedergabe der Nacht in Arundel House habe ich Henry Howards Beschäftigung mit dem Okkultismus ausgelassen und auch den geheimnisvollen Fremden nicht erwähnt, der vorhin meinen Angreifer in der St. Peter Street unschädlich gemacht hatte. Das geschah teils aus Stolz, teils aber auch, weil mir das Geschehene Unbehagen eingeflößt hat. Schon lange bevor Henry Howard mich tot sehen wollte, habe ich vermutet, dass mich jemand verfolgt. Möglicherweise hat derjenige, der mich heute gerettet hat, nicht aus Ritterlichkeit gehandelt, sondern um das Spiel zu verlängern.
Nachdem ich noch einen Schluck Wein getrunken habe, berichte ich Fowler von Lady Seatons Brief und meinem Abstecher zum Heroldsamt. Als ich zu den Informationen des alten schottischen Beamten komme, schlägt er eine Hand vor den Mund und starrt mich einfach nur an.
»Großer Gott!«, entfährt es ihm endlich.
»Ich kann es nicht glauben, dass ich nicht eher an Douglas gedacht habe. Vielleicht, weil er als Mörder eine zu offensichtliche Wahl war. Aus den Ränken der anderen schien er sich auch immer herauszuhalten.«
Fowler schüttelt mit zusammengebissenen Zähnen den Kopf.
»Den lakonischen Söldner spielt er ganz hervorragend. Doch wenn es um sein eigenes Vorwärtskommen geht, ist Douglas gerissener als jeder andere. Nur deshalb hat er so lange überlebt.«
»Hattet Ihr ihn je verdächtigt?«
»Nein«, erwidert er tonlos. »Er ist mir wegen seiner Vorgeschichte in den Sinn gekommen, aber ich habe ihn nicht ernsthaft als Täter in Erwägung gezogen, weil ich bei ihm kein Motiv erkennen konnte. Er muss die ganze Zeit über die verschiedenen Parteien unter den Verschwörern abgeschätzt haben und dann überlegt, welche von denen nach der Invasion die größten Chancen hat, an die Macht zu gelangen.«
»Warum hasst Ihr ihn denn so sehr?«, frage ich neugierig, nachdem ich mein Glas geleert habe.
Fowlers Züge verhärten sich.
»Er ist ein Mann ohne jegliche Prinzipien. Er schmeichelt sich bei den schottischen Lords ein, mit denen sich der junge König James umgibt, und spielt sie dann gegeneinander aus. Ein Mord belastet sein Gewissen nicht sonderlich. Doch was noch schwerer wiegt …«, ein Schatten huscht über sein Gesicht, und er dämpft seine Stimme zu einem Flüstern, »… ist, dass er mir meinen besten Freund genommen hat.«
»Douglas hat ihn ermordet?«
Er senkt den Blick.
»Nein, er hätte es aber ebenso gut tun können – er ist jetzt für mich tot. Patrick, Master of Gray. Wir waren von Kind an Freunde, Douglas hat ihn mir gleichwohl entfremdet und unter seinen Einfluss gebracht, um seine Absichten bezüglich König James voranzutreiben.«
In der Stimme dieses jungen Mannes, der so selten Gefühle zeigt, schwingt eine solche Bitterkeit mit, dass ich mich unwillkürlich frage, wie eng diese Freundschaft gewesen war. Fowler scheint der
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