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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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vielleicht sind es auch meine eigenen, die sich keuchend meiner Kehle entringen, während mein Herz in meinen Ohren hämmert. Die Straßen hier sind bessere Gassen, nicht befestigt und von Hufen und Karrenrädern aufgewühlt. Die kalte Luft lässt meine Augen tränen, doch aus den Geräuschen und dem Wabern des Nebels schließe ich, dass ich auf den Fluss zulaufe. Wie ich um eine Ecke biege, pralle ich mit zwei Männern zusammen, die ihrem Unmut lauthals brüllend Luft machen, aber zu betrunken sind, um mehr zu unternehmen. Ich mache mich los und bete, dass sie meine Verfolger eine Weile aufhalten mögen. Am Ende dieser schmalen Straße weichen die Häuser offenem Gelände, der Nebel wird dünner, und ich kann links von mir die Schatten von Bäumen ausmachen. Hinter mir ertönen jetzt stampfende Schritte, und ich jage weiter, fort von den Gebäuden, und wäre ein paar Yards weiter beinahe in einen Wasserarm gefallen, einen der Kanäle, die vom Flussufer landeinwärts führen. Er verströmt einen beißenden Gestank nach Unrat und Abwässern. Schlitternd komme ich zum Stehen und renne am Ufer entlang, den Blick auf den Boden gerichtet, bis ich auf eine schmale Holzbrücke stoße, die über den Wasserlauf hinwegführt.
    Ich laufe weiter, obwohl meine Brust fast zu platzen droht, fest entschlossen, mich nicht umzublicken. Rechts von mir ragt ein großes Gebäude aus dem Nebel auf, das einem hohen runden Turm mit Wänden aus Feuerstein gleicht. Ein schwerer, scharfer Geruch nach Tierexkrementen und Blut steigt von dem Boden auf, der mit in den Schlamm getretenem Stroh bedeckt ist. Natürlich – ich muss am Paris Garden sein, dem Bärenhatzplatz von Southwark. Hier könnte ich ein Versteck finden. Mich nah an der Wand haltend husche ich weiter, bis ich ein niedriges Tor entdecke, durch das die Tiere von ihren Pferchen auf den Kampfplatz gebracht werden. Ich kann mühelos darüber hinwegklettern und gelange in einen weitläufigen Ring voller Nebelschwaden. In der Mitte ist ein massiver Pfahl in den Boden gerammt, an dem ein paar Ketten hängen, und ringsum ziehen sich drei Bankreihen entlang, die von einem Baldachin überdacht werden. Erschöpft verfrachte ich mich über die Ziegelmauer, die die Arena von den Ställen trennt, und lasse mich unter der ersten Sitzreihe auf den Boden sinken. Mit dem Gesicht nach unten bleibe ich liegen, ringe nach Atem und lausche angespannt auf jedes verräterische Geräusch.
    Mir kommt es vor, dass nur wenige Sekunden verstrichen sind, bis ich irgendwo auf der gegenüberliegenden Seite des Rings Holz knarren höre, gefolgt von leisem Stimmengemurmel, das wohl vom Eingang hinter mir kommt, wenngleich der Nebel meine Wahrnehmung verzerrt.
    »Diese Seite.« Das ist Douglas’ Stimme, leise und drängend. »Ich nehme die andere.« Ich höre Schritte auf den Holzstufen hinter mir und entscheide, dass es in dieser Phase hilfreicher ist, still liegen zu bleiben, statt auf dem Bauch davonzukriechen. Stahl trifft auf Holz, die Bretter knarren erneut, als der Mann näher kommt und mit der Schwertspitze unter den Bänken herumstochert. Das muss demnach Fowler sein. In einem fairen Kampf Mann gegen Mann könnte ich ihn vermutlich überwältigen, aber er hat ein Schwert und ich nur meinen Dolch mit dem kurzen Griff. Wo ich aufgewachsen bin, werden nur die Söhne der Angehörigen der Oberschicht im Umgang mit dem Schwert unterwiesen, und es gehörte selbstverständlich auch nicht zu meiner Ausbildung als Dominikanernovize; mit den Fäusten oder einem Messer zu kämpfen habe ich später zwangsweise während meines Lebens als Flüchtling in Italien erlernen müssen, gegen einen erfahrenen Schwertkämpfer mit einer scharfen Klinge komme ich freilich damit nicht an.
    Ein orangefarbener Lichtpunkt tanzt durch die milchige Luft. Als das tastende Schwert weiter an den Brettern entlangtappt, komme ich meiner Entdeckung zuvor, indem ich mich unter der Bank hervorrolle und blitzschnell nach der Laterne trete. Ich treffe Fowlers Arm, er flucht, hält das Licht aber fest. Ich raffe mich auf, hechte mit einem Sprung über die Bank hinweg und klettere zur nächsten Reihe empor.
    »Hier herüber!«, donnert Fowler. Ich sehe einen zweiten Lichtpunkt in den gegenüberliegenden Sitzreihen pausieren und sich dann abwärts bewegen. Das Schlurfen allerdings, das ich vorher gehört hatte, kam von oben, und zwar von dieser Seite. Mir bleibt keine Zeit, darüber nachzudenken. Fowler springt behände über die Bänke, und mehr

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