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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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entschieden hat, ich könne nicht auf mich selbst aufpassen und benötige einen Leibwächter. Andererseits muss ich einräumen, dass mir ohne den jungen Tanner jetzt Fowlers Schwert zwischen den Rippen stecken würde.
    »Er sagte auch, es wäre nicht mehr, als er selbst für Euch tun würde, wenn er nicht so viele andere Pflichten hätte. Euch den Rücken zu decken, meinte er, wie es ein Freund tun sollte.«
    »Ich werde mich bei ihm bedanken.« Ich blicke auf Fowler hinunter, dessen Gesicht sogar in dem schwachen Licht totenblass geworden zu sein scheint. Dort, wo sich der Bolzen in seine Schulter gebohrt hat, breitet sich ein dunkler Fleck auf seinem Wams aus. »Dieser Mann braucht einen Arzt, Joseph. Wir müssen ihn nach Whitehall bringen.«
    Fowler setzt sich kurz zur Wehr, aber ich merke, dass seine Kräfte nachlassen. Er darf hier nicht verbluten, sonst bleiben zu viele Fragen unbeantwortet – nicht zuletzt die, ob das Mordkomplott noch immer Bestand hat und wer jetzt mit der Ausführung betraut worden ist. Tanner nickt.
    »Wir müssen ihn zu einem Boot schaffen, Sir. Ich denke, wir können ihn zwischen uns zu der Wassertreppe Bank End tragen.«
    Ich bewundere seinen Optimismus – zurzeit fühle ich mich noch nicht einmal imstande, meinen eigenen Umhang bis zum Tor zu tragen, aber ich ziehe mich auf die Füße, als Tanner Fowler aufrichtet, was seinerseits weitere Proteste zur Folge hat – seine Stimme ist mittlerweile schwächer geworden, sein Körper hängt schlaff in unseren Armen, was es uns erschwert, ihn über das Tor zu hieven, durch das wir den Bärenhatzplatz betreten hatten. Als ich den Rücken krümme, um Fowlers Gewicht auf mich zu laden, während Tanner ihn von der Innenseite her hochwuchtet, suche ich unwillkürlich die Schatten zu beiden Seiten für den Fall ab, dass Douglas dort irgendwo lauert und auf seine Chance wartet.
    »Da war noch einer«, entschuldigt sich Tanner, als er sich Fowlers unversehrten Arm um den Nacken legt und ihn zum Fluss schleift. »Ich konnte ihn nicht aufhalten, Sir – er lief fort, und ich hielt es für wichtiger, Euch beizuspringen. Schließlich war er hier derjenige mit dem Schwert.«
    Besagtes Schwert trage ich nun bei mir, meine Hand ist mit seinem Gewicht noch nicht vertraut, doch es verleiht mir entschieden mehr Selbstvertrauen, als ich auf dem Weg hierher verspürt habe. Vielleicht kann ich ja lernen, damit umzugehen, überlege ich, sowie ich den Arm leicht nach unten beuge und spüre, wie die Klinge die Luft durchschneidet. Wenn ich in Walsinghams Diensten verbliebe, könnte es nützlich für mich sein, diese Kunst zu beherrschen. Als wir die Treppe erreichen und ich ein Boot herbeirufe, staune ich erneut über die unerwarteten Wendungen, die mein Leben genommen hat. Ich war immer davon ausgegangen, Schreibfedern und Tinte würden meine einzigen Waffen sein und bleiben. Und als das Boot schließlich anlegt, bin ich fest davon überzeugt, dass Douglas nicht die Absicht hat zurückzukommen und seinem Mitverschwörer beizustehen. Der Mann, der nur seine Schuhe bei dem Leichnam von Lord Darnley zurückgelassen hatte, ist wieder einmal auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
    Drei bewaffnete Wächter in Palastlivree patrouillieren die Privy Bridge auf und ab. Sobald sich ihnen unser Boot nähert, richten sie ihre Piken auf uns und fragen uns nach unserem Begehr. Tanner gibt sich als Sir Philip Sidneys Bediensteter zu erkennen und erklärt, dass wir dringend mit Lord Burghley sprechen müssten. Ihm wird gestattet auszusteigen, und einer der Wächter scheint ihn eingehend zu verhören, während die anderen uns voller Argwohn betrachten. Ich sitze mit dem Schwert quer über dem Schoß da und stütze Fowler, aus dessen Schulter noch immer der Armbrustbolzen ragt. Wir sehen aus, als wären wir in ein Straßengefecht geraten. Ich habe den Saum meines Umhangs um Fowlers Wunde gewickelt, um das Blut zu stillen; zwar bin ich kein Arzt, aber ich halte die Verletzung nicht für lebensbedrohlich. Auf dem Anlegesteg hebt der Wächter seine Laterne, als Tanner ein Medaillon vorzeigt, das er an einer Kette um den Hals trägt – es muss eine Art von Insignien zeigen, denn es scheint den Mann zufriedenzustellen, er tuschelt kurz mit seinen Kameraden und bedeutet Tanner dann, ihm durch das Tor zu folgen.
    Wir anderen warten schweigend ab. Das Boot tanzt auf den Wellen und prallt immer wieder gegen den Steg. Der Bootsmann misst mich mit einem fragenden Blick und murrt über die

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