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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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versetze ich sarkastisch.
    »Oh, Gerüchte verbreiten sich schnell, sie gehen auf Reisen wie Merkur mit seinen Flügelsandalen, oder etwa nicht?« Er lächelt wie eine Katze, die ein Mauseloch beobachtet. »Wenn Ihr zu eng mit John Dee in Verbindung gebracht werdet, könnte es sein, dass er Euch mit in den Untergang reißt. Am Hof wird Sternguckern und Magiern schon genug Furcht und Misstrauen entgegengebracht. Die Leute verlangen danach zu erfahren, was die Zukunft für sie bereithält, stürzen sich dann aber wie eine Meute wilder Hunde auf diejenigen, die es ihnen sagen. Das gilt auch für Herrscher.«
    »Ist das eine Warnung, Mylord?«
    »Nennen wir es einen guten Rat.«
    »Sollten mir irgendwelche Sterngucker oder Hexenmeister über den Weg laufen, werde ich das an sie weiterleiten.«
    Howard setzt zu einer Antwort an, doch in diesem Moment ersterben die Stimmen des Chors und begeisterter Beifall brandet auf. Die Königin bedeutet William Byrd, zu ihr auf das Podest zu steigen, wo er niederkniet und sie ihm gestattet, ihre ausgestreckte Hand zu küssen, bevor er sich erhebt, sich umdreht und sich tief verneigt. Unter weiteren Beifallsbezeugungen führt er seinen Chor durch das Getümmel zurück zu der Haupttür der Halle, die die Wachposten diensteifrig für ihn öffnen.
    Nachdem der Chor die Halle verlassen hat, erhebt sich Königin Elisabeth, woraufhin alle Anwesenden ehrerbietig auf die Knie sinken, bis sie eine Hand hebt. Die Musiker nehmen ihre Plätze wieder ein und stimmen eine leise Hintergrundmelodie an, als die Königin so huldvoll lächelnd, wie es ihre starre Schminkschicht zulässt, ihre Schleppe zurechtzupft und ihre Hofdamen mit einem Nicken anweist, diese aufzunehmen, bevor sie würdevoll von dem Podest heruntersteigt. Wie es scheint, ist es ihre Gewohnheit, sich bei solchen Gelegenheiten die Zeit zu nehmen, sich unter ihre Untertanen zu mischen, die sich verneigen, ihr blumige Komplimente machen und sogar, wenn sie es wagen, eine Bitte an sie richten. Schon drängen sich einige Höflinge vor und stoßen sich in der Hoffnung, ein paar Worte mit ihrer Herrscherin wechseln zu können, gegenseitig unsanft zur Seite. Bei derartigen kurzen Wortwechseln sind zweifelsohne Vermögen gewonnen oder verloren worden; wenn die Königin in der Stimmung ist, sich schmeicheln zu lassen, oder wenn ein anziehendes Gesicht Gnade vor ihren Augen findet, ist das eine Gelegenheit, die es unbedingt zu nutzen gilt, und diese Engländer wissen das nur zu gut. Ich beobachte mit wachsender Bewunderung die Manier, wie sich Elisabeth in der Menge bewegt – wenn Leicester sie darüber informiert hat, dass heute Abend ein weiterer Mord innerhalb der Palastmauern verübt worden ist, lässt sie es sich nicht anmerken und sorgt mit ihrer Haltung dafür, dass auch die Gäste vorerst nichts davon erfahren. Ich bemerke freilich, dass sich Leicester dicht hinter ihr hält und seine Hand leicht auf dem Griff seines Schwertes ruht.
    Mendoza taucht an Howards Seite auf, legt ihm eine Hand auf die Schulter und wirft mir einen abweisenden Blick zu.
    »Ah, el hereje «, bemerkt er mit einem Nicken, als freue er sich, einen Spitznamen für mich gefunden zu haben. Er spricht spanisch, mit leiser Stimme, die durch seinen buschigen Bart zusätzlich gedämpft wird. »Seht nur – dort drüben kämpft Euer Botschafter verzweifelt um eine kurze Audienz bei der englischen Königin.«
    Ich blicke in die angegebene Richtung und sichte Castelnau, der sich so höflich, wie es ihm möglich ist, zu Elisabeth durchdrängt. Ein fast pathetisch hoffnungsvoller Ausdruck liegt auf seinem Gesicht, als er versucht, ihren Blick auf sich zu lenken.
    »Er würde auf den Kopf seines eigenen Kindes trampeln, nur um ein Lächeln von ihr zu erringen«, schnaubt Mendoza. »Vermutlich bildet er sich immer noch ein, einen Vertrag zwischen Frankreich und England zustande zu bringen, eh?« Er heftet seine kleinen schwarzen Augen auf mich.
    »Da fragt Ihr den falschen Mann, Señor.«
    »Kommt mir nicht so, Bruno! Ihr wart ein Vertrauter des Königs von Frankreich, und der Botschafter bezieht Euch in Staatsangelegenheiten mit ein, obwohl nur Gott weiß, warum. Sagt mir – hat Castelnau dem französischen König mitgeteilt, dass Guise Truppen gegen England zusammenzieht?«
    »Das weiß ich nicht.« Ich habe mich mittlerweile in solchem Grade an Täuschungen und Ausflüchte gewöhnt, dass ich sogar dann unglaubwürdig klinge, wenn ich die Wahrheit sage. »Aber ich halte es

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