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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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»ich möchte mit Ihnen, wenn Sie's nicht übelnehmen wollen, einmal so recht aus tiefster Seele sprechen. Ich weiß, ich bin ein etwas hölzerner Patron, aber, bei Gott, ich meine es ehrenwert!«
    Ulrike lächelte matt: »Reden Sie immer, lieber Herr Doles!«
    »Gut denn! Ulrike, ich kann nicht viele Worte machen, und heute erst recht nicht. Ich hab's mit ansehen müssen, wie schlecht sich Friedemann damals gegen Sie benommen hat, wie er selbst jetzt -- ich muß es sagen, obwohl der Friede mein Freund ist und immer bleiben wird --, wie er selbst jetzt nicht die Tiefe Ihres Gemüts und die ganze Größe Ihrer Aufopferung begriffen hat. Sie sind mit Ihrem Herzen voller Lieb und Wehe nicht verstanden, sind nicht wiedergeliebt worden, und das schmerzt mich unsäglich! Aber Sie sollen wissen, daß es wenigstens einen im Leben gibt, der Sie versteht und --; der Sie liebt, maßlos liebt, auch wenn er nie auf Gewährung hoffen darf. Ewig werden Sie in seinem Herzen sein, ... in dem des mürrischen, trockenen Doles nämlich, Ulrike! Und wenn Ihnen das eine schwache Genugtuung geben kann, so ist's alles, was ich vom Schicksal verlange!«
    Ulrike, über das unerwartete Geständnis erschrocken und doch auch wieder freudig bewegt, reichte dem Manne zitternd die Hand: »Ich danke Ihnen, lieber, mürrischer Doles! Sie haben mir unendlich wohlgetan!«
    Doles reiste ab. Zwei Jahre später durfte er Ulrike als seine Frau in die neue Heimat führen.
     

Kapitel XV
     
    Während Heinrich von Brühl seinen immer umfangreicheren und dornenvolleren Amtsgeschäften nachging, weiterhin seine Intrigen spann, weiterhin Geld für den König und sich selbst scheffelte, weiterhin von seinen Freunden nicht geliebt und von seinen Feinden und Widersachern gehaßt wurde, lag die Ministerin schwerkrank darnieder. Sie mochte nicht leben und konnte nicht sterben. Aber in ihren fieberfreien Stunden, wenn die wirren Träume, die wieder und wieder um Friedemann Bach kreisten, sie verlassen hatten, rollte sie ihr ganzes Leben schonungslos vor sich auf. Das wehleidige Selbstbedauern, das sie anfangs empfand, hielt nicht lange vor; Ekel und Reue stellten sich ein, und in einer tiefen Erschütterung ihres Inneren wurden alle guten Kräfte geweckt, die in ihr schliefen.
    Ihr vertrautester Freund wurde Doktor Skrop, Arzt für ihren Körper und ihre Seele zugleich. Er reichte ihr ein Heilmittel, das sie nie besessen, ja nie gekannt hatte: die Religion. Langsam genas sie. Von nun an trug sie sich in dunklen Farben. Blaß und ernst trat sie wieder in die Welt, die ihr fremd geworden war, in der man sie fortan nur die »verheiratete Nonne« nannte. Unberührt ertrug sie das Gespött der Leute; in ihr lebte eine wahre, inbrünstige Frömmigkeit, ein liebendes Erbarmen für die Leiden ihrer Mitmenschen, eine gefestigte Entsagung. Sogar ihrem Gatten hatte sie verziehen und duldete es, daß er als Beweis seines glücklichen Ehelebens sie öffentlich mit seiner Galanterie umheuchelte. Ihre schon ziemlich zahlreiche Familie vermehrte sich fast jedes Jahr; Brühl hatte ihr mit dem Skandal einer Scheidung und einer Konkubine gedroht.
    Namenlos litt die Frau und wurde in ihrem Schmerz edler und schöner. Was aber am meisten an ihrem Herzen nagte, war Friedemanns Schicksal, den sie immer noch auf der Festung wähnte. Da sie jedoch bei Hof nicht wagen durfte, um seine Freilassung zu bitten, wandte sie sich mit dem Ersuchen an die Königin, ihr jeden Karfreitag einen Sträfling des Königsteins freizugeben. Der Monarch lächelte still und gewährte es. -- Ihr anderer großer Schmerz war die Sehnsucht nach der ihr entrissenen Tochter. Auf den Knien hatte sie Brühl angefleht: »Sagen Sie mir, wo mein Kind ist!«, aber nur die abweisende Antwort erhalten: »Sie werden es wiedersehen, wenn ich es verheiratet habe.« Auch eine Bitte an den König wurde mit dem Hinweis auf die Billigung der Maßnahmen Brühls abgelehnt, -- und hinzugefügt, man möge ihn damit nicht weiter belästigen. Fortan suchte und fand sie ihr Glück in einsamen Studien, im Umgang mit ihren anderen Kindern, in ihrem Wirken im Dienste der Wohlfahrt. Der Politik hatte sie endgültig entsagt.
    Um so stärker war der Minister dem Zeitgeschehen verhaftet. Er hatte seit jenem denkwürdigen Tag, an dem Friedrich II. in Dresden erschienen war und Fräulein von Klings energische kleine Hand ihm die Pistole auf die Brust gesetzt hatte, sich mit äußerster Vorsicht an allen Verwicklungen, die gefährlich werden

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